2. Audition

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Mit zitternden Händen und Beinen fuhr ich mir noch einmal durch meine Haare, als ich mir meine Gitarre nahm und ins Wohnzimmer ging. Ich war nervös. Okay, ich würde lieber ein Kind auf die Welt bringen als zu dieser Audition zu gehen.

Aria wartete schon auf mich im Wohnzimmer und hatte mir einen beruhigenden Tee gemacht. Das sie fürsorglich war, ist eine Untertreibung. Sie war überfürsorglich, aber das war auch eine Eigenschaft, die ich an ihr mochte. Sie war etwas ganz Besonderes.

„Hier“ sie gab mir den Tee, ich setzte mich aufs Sofa und atmete noch einmal tief durch. Ich setzte die Tasse an meine Lippen und trank den Tee langsam, denn er war noch ziemlich warm und ich wollte mich nicht verbrennen. Ich war nervös – und das nicht gerade wenig. Ich war froh, dass ich Aria an meiner Seite hatte, denn ich wäre wahrscheinlich ohne sie schon umgefallen.

„Louis kommt heute auch mit“ ich verschluckte mich augenblicklich an dem Tee und sah sie verwirrt. Jetzt musste ich also nicht nur Panik vor der Juri haben, sondern auch noch vor ihm. Was ist, wenn ich vollkommen versage? Was ist, wenn er mich dann auslacht?

Ich wollte nicht, dass er mich auslacht. Er war der erste Mensch, zu dem ich eine Bindung aufbauen konnte. Er war der Erste, den ich an mich heran lasse. Und mit dem ich lachen konnte.

Plötzlich klingelte es und ich wusste schon ganz genau, wer vor der Tür stand. Louis. Meine Nervosität stieg ins Unermessliche. Mein Herz pochte dreimal so schnell, als normal, und ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis ich umkippen würde.

Ich hörte seine Stimme schon und ich wurde noch nervöser. Meine Hände schwitzten, meine Beine zitterten und in meinem Kopf war das reinste Chaos.

„Hallo Bella“ er lachte und zog mich in eine Umarmung. Auch wenn ich es nicht verstand, aber ich beruhigte mich ein wenig. Es war, als würde er mich beruhigen. Es war, als ob er wie Aria war, nur halt männlich.

„Na, bereit die Juri umzuhauen?“ fragte er und legte einen Arm um mich. Ich war sowas von nicht bereit. Ich würde mich am liebsten unter meinem Bett verkriechen und erst wieder heraus kommen, wenn alles vorbei war.

„Wir schaffen das schon“ Aria war sehr von mir überzeugt. Ich war es nicht. Ich hatte Angst. Gewaltige Angst. Ich wollte nichts lieber, als mich in meinem Bett zu verstecken. Vielleicht auch wirklich darunter.

„Wollen wir los?“ fragte Louis. Wir mussten mit der U- Bahn dort hinfahren und da ich blind war, wird schon alleine der Hinweg ein Abenteuer. Zumindest für Louis und Aria.

„Ja, wir brauchen sowieso eine Weile“ Aria schnappte sich meine Gitarre und ich zog meine Schuhe an. Es waren wieder Chucks und ich nahm mir noch einen Cardigan mit, falls mir doch kalt werden würde.

„Ich werde auf dich auspassen“ hörte ich Louis Stimme hinter mir. Er stand noch im Türrahmen, der zum Wohnzimmer führte. Ich hatte Angst. Und das wusste hier jeder. Nachdem ich fertig war und Aria sich auch endlich ihre Schuhe angezogen hatte, schloss sie die Tür hinter uns und schloss zu. Ich klammerte mich sofort an Louis’ Arm und er führte mich das Treppenhaus herunter. Nachdem auch die große Tür auf war, und der Wind durch meine Haare wehte, krallte ich mich schon beinahe in Louis´ Arm und wollte ihn nicht loslassen.

„Wir müssen da lang“ schrie Aria und Louis und Ich gingen ihr nach. Mein Herz pochte. In meinen Adern strömte das Adrenalin. Ich hörte beinahe meinen Herzschlag. Ich war aufgeregt und ich hatte Angst.

Menschen rumpelten mich immer wieder an, doch Louis zog mich durch die große Menschenmasse und einmal hatte er schon einen Mann angeschrien, weil er mich fast zu Boden gerissen hatte. Nach einer Ewigkeit sind wir an der U-Bahnstation angekommen und ich hörte schon einen Zug ankommen. Ich hörte das Zischen, ich hörte viele Menschen sprechen, schreien und wütend brüllen. Viele Menschen waren in Hektik, dafür musste ich sie nicht sehen. Die Station war mit Licht von oben beleuchtet, was ermöglicht, dass ich die Silhouetten einzelner Menschen sehen konnte. Es wichen viele Menschen uns aus, das sah man, und ich wollte nicht wissen, ob es an mir lag, oder weil Louis irgendwas machte, sodass die meisten Menschen Angst vor uns hatten.

Blind MusicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt