Am nächsten Morgen wachte ich auf, jedoch wusste ich, dass etwas anders war. Es war, als ob ich gut geschlafen hätte. Normalerweise bekomme ich immer Alpträume, denn ich hatte das, was vor Jahren passierte, noch immer nicht verarbeitet. Es war, als ob ein Schatten über meinem Leben liegen würde.
„Bella Schlafmütze!“ schrie meine beste Freundin als sie plötzlich meine Tür aufriss und auf mich zugetrampelt kam.
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen Aria“ lachte ich und zog sie mit.
„Okay, hast du LSD genommen? Du wirkst so fröhlich“ lachte sie und ich sah sie komisch an. War ich wirklich so ein Morgenmuffel?
„Ist jetzt auch egal. Louis kommt heute vorbei“ quietschte sie. Bei dem Namen Louis und an die Erinnerungen von gestern denkend schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht.
„Du lächelst wegen ihm“ kreischte sie auch noch. Sie sprang förmlich von meinem Bett und rannte in die Küche und ich ging, immer noch lachend und den Kopf schüttelnd ihr nach. Als ich in der Küche angekommen war setzte ich mich an den Tisch und fasste plötzlich an ein Papier. Es knisterte als ich es in die Hand nahm. Ich wusste sofort, was es war. Die Einladung zu der Audition.
„Aria, ich kann da nicht hin“ murmelte ich. Ich wollte so gerne Musik studieren, doch ich konnte mich nicht schon wieder vor der gesamten Juri blamieren. Es war, als ob die alten Erinnerungen mein Herz zerfetzten. Es war ein Stich ins Herz und immer wenn ich dran denke erlebe ich die Erinnerung immer wieder.
„Aaa! Du musst Bella sein!“ rief jemand erfreut und ich zuckte zusammen. Von wo kommt die Stimme? Wurde ich hereingelegt? Ist das der falsche Raum? Was ist, wenn mir jemand etwas antun will?
„Wieso kommst du nicht zu uns?“ fragte die Stimme wieder.
„Ich kann nichts sehen. Ich bin blind“ murmelte ich und viele Menschen zogen scharf die Luft ein. Das wars. Se würden mich niemals nehmen. Kurz danach spürte ich jemanden hinter mir.
„Louis! Helf dem netten Mädchen bitte“ sofort griff derjenige nach meinem Handgelenk und zog mich langsam auf die Bühne.
„Setz dich. Da ist ein Stuhl“ flüsterte Louis mir zu und ich nahm Platz.
„Ich wollte dir vorher schon helfen“ murmelte er und verschwand. Ich sah mich um. Vor mir war Dunkelheit. Wahrscheinlich war es eine Art Theater und die Leute, die mich beurteilten saßen dort.
„Stell dich bitte vor“
„Ich bin Bella Edwards, ich bin 18 Jahre alt und lebe mit meiner besten Freundin in einer WG zusammen. Mein Hobby ist Gitarre spielen und dazu singen“ erzählte ich.
„Ich habe eine Frage. Wie kannst du spielen obwohl du nichts sehen kannst?“ fragte er mich. Es war ein Mann, vielleicht 35 Jahre alt.
„Ich bin nicht vollkommen blind, aber ich spiele ja nicht mit meinen Augen sondern mit meinen Händen“ waren meine letzten Worte als ich meine Gitarre auspackte und noch einmal tief durchatmete. Es ginge um alles. Und ich war bereit. Mehr als das. Ich wollte spielen.
Und schon fing ich an die ersten Akkorde von „Lego House“ zu spielen.
Das Lied riss mich so mit, sodass ich anfing zu singen.
Langsam öffnete ich meine Augen, denn diese schloss ich automatisch wenn ich anfing zu spielen. Ich konnte nichts sehen. Ich konnte nichts hören. Es war vollkommen still und ich wollte endlich eine Reaktion hören. Ich wollte wissen, ob sie mich schlecht fanden.
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Blind Music
Teen Fiction„Du bist nicht meine Tochter" waren die letzten Worte meines Vaters, als er mich im Krankenhaus liegen sah. „Du bist hässlich und wirst nie etwas zustande bringen" waren die letzten Worte meines großen Bruders, die er mir an den Kopf knallte, als i...