Teil 1 -Flo-

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Drei Tage vorher

Erschrocken stelle ich fest, dass ich die Zeit völlig vergessen habe, eine Nachricht von Aureliano erscheint auf dem Bildschirm und ich öffne sie. Er teilt mir mit, das Rovena bei den De Santis untergetaucht ist und ich meinen Arsch so schnell wie möglich nach Rom bewegen soll. Wut kriecht meine Wirbelsäule nach oben, Scheiße, Linda hat den Termin zum Ultraschall am Nachmittag und ich verpasse ihn wieder. Ein Blick in die Flugdaten verrät mir, dass ich jetzt fliegen muss. Mit Vollgas rase ich nach Hause, packe schnell ein paar Wechselklamotten ein und informiere Arian. Die Antwort kommt prompt, er erwartet mich pünktlich in Rom.

Im Laufschritt mache ich mich auf den Weg in die Garage, werfe die Sporttasche auf den Beifahrersitz und starte den BMW X6. Kurz bevor ich den Flughafen erreiche, rufe ich meine Frau an. Es klingelt über die Freisprecheinrichtung und sie nimmt das Gespräch nach dem zweiten Klingeln an. Ich erkläre ihr alles in der Kurzversion und sie ist stinksauer, was ich absolut verstehen kann, frustriert fahre ich mir durch die Haare.

Wie hat sich meine Mutter wohl damals gefühlt, als mein Vater sie ständig allein gelassen hat? Manchmal sogar Monate! Wütend parke ich, schnappe die Tasche und haste zum Check in, der direkt nach mir schließt. Mit einem tiefen Seufzen lasse ich mich in den Sitz der ersten Klasse sinken und bestelle bei der Stewardess ein Whiskey auf Eis. In Gedanken versunken, schwenke ich die bernsteinfarbene Flüssigkeit im Glas hin und her. Die Eiswürfel klappern vertraut am Rand und ich trinke einen großen Schluck, spüre das vertraute Brennen in der Kehle, schließe den Gurt im Schoss und leere den Rest. Die Sonne steht hoch am Himmel und Mainhatten verschwindet unter mir.

Ich versuche, etwas zu schlafen, aber in meinem Kopf überschlagen sich die dunklen Rachegedanken, was mache ich mit Rovena, wenn ich sie endlich in die Finger bekomme?! Dieses Miststück, was habe ich mir eigentlich damals gedacht, mich auf sie einzulassen?! Okay, der Sex war gut, mehr aber auch nicht, ich hätte meinem Vater ausreden müssen, dass eine Ehe mit dieser Frau gut fürs Geschäft ist. Jetzt ist ihre Familie so gut wie erledigt, und sie wird dafür bezahlen, was sie Marin und mir angetan hat. Mist, meinen Bruder habe ich in der ganzen Hektik auch total vergessen. Ich ziehe mein Handy raus und schreibe ihm, dass ich auf dem Weg nach Rom bin und das er Familie Avdijaj in Durres weiter im Auge behält. Vor ein paar Tagen hat ein Cousin Kontakt zu Marin aufgenommen und ihn angefleht, ihm einen Job bei uns zu geben. Ich habe sofort abgelehnt, nach der ganzen Scheiße, brauch ich nicht noch mehr Drama. Meine Augen werden schwer und ich schließe sie erschöpft.

Eine Hand berührt mich vorsichtig an der Schulter und ich zucke leicht zusammen, ich bin wohl doch fest eingeschlafen. Die Stewardess weist mich freundlich darauf hin, dass wir in zehn Minuten landen. In Rom herrschen gefühlte fünfunddreißig Grad und ich hole die Schlüssel bei der Autovermietung ab. Für mich wurde ein schwarzer Jeep mit getönten Scheiben reserviert, Aureliano erwartet mich in der Strandbar und so schlage ich sofort den Weg dorthin ein.

Die Bar ist gut besucht, ich stelle den Jeep neben den von Aureliano, setze die gespiegelte Pilotensonnenbrille auf und nehme den Eingang am Strand. Eine kurvige junge Frau mit schwingenden Hüften begrüßt mich, die langen braunen Haaren wehen im Wind und sie lächelt mich aufreizend an.

"Ciao, ich heiße Giulia, kann ich dich zu einem Tisch begleiten?", fragt sie mit ihren rehbraunen Augen.

"Ich bin mit dem Chef verabredet." Sie verzieht die vollen Lippen zu einem erstaunten Oh und führt mich in den hinteren Teil der Bar. Wo Aureliano wild gestikulierend telefoniert. Ich stelle mich mit verschränkten Armen an die große Fensterfront, blicke auf das ruhige, blaue Meer und warte bis er fertig ist. Es wird ruhig und er legt mir brüderlich einen Arm auf die Schulter.

"Ciao, mein Freund, der Tag, der Rache, endlich bekommt die Schlampe was sie verdient. Ich habe mit meinen Leuten gesprochen, die De Santis bewegen sich auf meinem Terrain, großer Fehler! Sie haben einen unserer Drogenkuriere krankenhausreif geschlagen, das wird Konsequenzen haben."

Mein Handy vibriert in meiner Hosentasche, Arian teilt mir mit das ich ihn und meine Schwester am Flughafen abholen soll. Was zur Hölle?! Wieso ist Luana dabei? Lindas Termin ist schon lange vorbei und ich rufe sie kurz an. Sie sagt mir nur, dass alles in Ordnung ist. Logisch das sie angefressen ist, was sie aber noch mehr aufregt, dass meine sture Schwester mit in Rom ist. Innerlich auf hundertachtzig fahre ich zum Flughafen und sammele die zwei wartend am Ausgang ein. Arian steigt zu mir nach vorne und ich drehe mich wütend nach hinten.

"Was zum Teufel, was machst du hier?! Verdammt nochmal, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass es Geschäfte gibt, bei denen du besser deinen Arsch auf der Couch lässt!", sie sieht mich mit gesenkten Blick an, wenigstens hat sie jetzt ein schlechtes Gewissen.

"Mach mal halb lang Flo, was soll denn passieren?!", kontert Arian.

"Halb lang?! Musst du dich immer von ihr einwickeln lassen?! Es gibt eben Aktionen, bei denen Frauen nichts zu suchen haben! So wie heute", wütend haue ich mit der flachen Hand auf das Lenkrad und fahre zurück zur Strandbar.

Wir besprechen den Ablauf, Aureliano erklärt uns, dass die De Santis am Abend eine Lieferung in ihrer Lagerhalle im Industriegebiet erwarten. Rovena wurde mit einem der Familienmitglieder gesehen, die auch den ganzen Ablauf überwachen. Die Lieferung ist für zweiundzwanzig Uhr angesetzt, es bleibt uns also genügend Zeit, noch selbstgemachte Pasta mit Meeresfrüchten zu genießen. Nach dem Essen zieht mich Aureliano zur Seite.

"Ich weiß nicht was deine Schwester hier will, aber versuch, sie bitte, davon zu überzeugen, dass sie bei Aurora bleibt. Die ist auf dem Weg hierher und bringt die Waffen mit. Wir haben noch eine Stunde", ich setze mich neben Luana und ziehe sie am Arm dichter zu mir, was mir einen bösen Blick beschert.

"Luana, ich will nicht, dass du mitkommst. Aurora leistet dir Gesellschaft, solange wir unterwegs sind, sei doch nicht so unvernünftig."

"Ich begleite euch, ich erinnere dich gerne, an deinen Alleingang, bei dem Marin und du fast draufgegangen seid!" Ich fahre mir angespannt durch die Haare und ziehe kurz an den Spitzen, warum ist sie so stur?! Resigniert schüttele ich den Kopf, hier ist gerade jede Diskussion zwecklos. Aurora tritt freudestrahlend an den Tisch und zieht mich zur Begrüßung vom Stuhl.

"Na Großer, schön dich zu sehen. Ich habe die Knarren im Kofferraum", sie fasst in meinen Nacken und drückt mich weiter runter um an mein Ohr zu kommen, "was macht deine Schwester hier?!"

"Sie will unbedingt mit", stöhne ich leise und verdrehe die Augen.

"Das halte ich für eine ganz beschissene Idee, das ist eine Nummer zu groß für eine Frau. Wenn ich freiwillig hierbleibe, hat das was zu bedeuten. Der Pate der De Santis ist heute auch vor Ort, sein Sohn wurde in Begleitung von Rovena gesehen, die zwei wirken sehr vertraut, wenn du weißt, was ich meine. Ich begebe mich nicht freiwillig in Feindesgebiet." Arian stellt sich zu uns und deutet an, dass er mit mir reden will.

"Sie lässt sich nicht davon abbringen, wir fahren mit Aurelianos Wagen vor, er nimmt das Auto seiner Schwester, so ist es am unauffälligsten und du hast ja den Mietwagen."

Ich balle die Hände zu Fäusten und brauche dringend frische Luft. Um mich etwas ab zu reagieren, gehe ich am Strand spazieren und atme tief die frische Meeresluft ein. Traurig das Linda nicht bei mir ist, lasse ich mich in den Sand fallen, schließe die Augen und lausche dem Meeresrauschen, als ich die Augen wieder öffne, verschwindet die Sonne langsam am Horizont.

"Ey Milicaj, genug geträumt, it's Showtime", ruft Aureliano von der Terrasse der Bar. Ich drehe mich um, stehe auf und gehe langsam zurück. Luana sieht mich mit strengen Blick an und ich erwidere ihn.

"Du brauchst mich gar nicht so angucken, ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht dabei haben möchte. Dein Mann übernimmt ab jetzt, die volle Verantwortung", sage ich eisig und gehe an ihr vorbei.

"Mir passiert schon nichts, ich bleibe im Auto, also mach dir mal nichts im Hemd", ruft sie mir hinterher.

"Los holen wir die Sachen aus Auri's Kofferraum und dann sollten wir aufbrechen", treibt Aureliano uns an und wir folgen ihm zum Ausgang.

Dark Rose Band 3 ~ Für immer ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt