Teil 38

416 33 5
                                    

Zurück in Durres genießen wie die Ruhe und Zeit in unserer kleinen Familienblase. Flo hat zwischenzeitlich die Sicherheit bei seiner Mutter verstärkt, so dass nie wieder jemand das Grundstück unerkannt betreten kann.

Die Sonne verschwindet langsam im Meer, während ich mit einem Glas Weißwein auf der Terrasse stehe und den Sonnenuntergang bewundere. Leise nähert sich das Geräusch von nackten Füßen und mein Mann schlingt seine Arme um mich, legt sein Kinn auf meiner Schulter ab und gibt mir einen Kuss in die Halsbeuge.

"Lucia singt Sara ein italienisches Schlaflied, angeblich lernen Kinder verschiedene Sprachen besser, wenn man früh genug damit anfängt."

"Na wenn sie das sagt", mit ihr haben wir die perfekte Nanny gefunden, sie ist direkt mit uns von Bord gegangen, nachdem alle vertraglichen Details geklärt waren. Edita war am Angang überhaupt nicht begeistert, weil sie erst Anfang zwanzig ist und noch keine Erfahrung hat. Aber ich habe ihr sofort vertraut, denn meine Schwiegermutter hat uns ihren Vorschlag vorbei geschickt. Die Gute war über sechzig, den Klamotten nach zu urteilen, erzieht sie Kinder mit Zucht und Ordnung und als ich ihr Sara in den Arm gelegt habe, hat sie prompt angefangen zu weinen, damit war das Thema für mich erledigt.

"Bist du fertig?", Flo dreht mich um und lässt lüstern seine Augen über mein Outfit schweifen. Ich habe einen blutroten Einteiler an, der an den Beinen einen Schlitz bis zum Oberschenkel hat. Außerdem ist der Ausschnitt so tief, dass ich keinen BH trage, er hat eingenähte Cups, wodurch die Brust perfekt gepusht ist. Meine Haare wehen offen im Wind vom Meer und das Make-up ist verrucht, wie in Frankfurt, wenn ich abends im Rose bin.

"Ich muss noch die High Heels holen und Sara gute Nacht sagen", ich mache Anstalten zu gehen, doch Flo hält mich zurück.

"Du siehst zum Niederknien aus, lass uns doch lieber hierbleiben", raunt er verführerisch.

"Keine Chance, ich will endlich den Club sehen. Los zieh deine Schuhe an", mit schwingenden Hüften setze ich mich in Bewegung und trete gerade über die Schwelle in den Wohnbereich, als er mich von innen an die kalten Fensterscheiben drückt. Erschrocken schnappe ich nach Luft.

"Der ist morgen auch noch da", brummt er und eine Hand wandert in meinen Schritt.

"Später Liebling", säusele ich und schubse ihn mit dem Po nach hinten weg. Im Ankleidezimmer steige ich in die Louboutins und verabschiede mich von Sara. Lucia sitzt mit ihr im Schaukelstuhl und summt leise vor sich hin, sie wehrt sich dagegen, dass ihr Augen zu fallen, aber der Schlaf gewinnt. Vorsichtig legt unsere Nanny sie in ihr Bett und ich streiche meiner Tochter über die Haare und gebe ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. Ich drehe mich zur Tür, wo Flo lässig im Türrahmen lehnt, er trägt einen schwarzen Anzug, ein blütenweißes Hemd und seine auf Hochglanz polierten Schuhe. Er nickt Lucia kurz zu, legt mir eine Hand in den unteren Rücken und führt mich in die Tiefgarage. Mit dem Porsche verlassen wir das Grundstück und ein Wagen heftet sich an unsere Stoßstange.

"Wer begleitet uns?"

"Edi und sein neuer Kollege", antwortet Flo und öffnet drei Knöpfe oben am Hemd. "Diese engen Kragen bringen mich noch um", stöhnt er und ich kann mir ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen.

"Da braucht es aber etwas mehr als ein Hemdkragen, oder?!" Flo nickt und wir fahren in die Nacht hinein, ehe ich mich versehe, bin ich auf dem Beifahrersitz fest eingeschlafen.

"Hey meine Schöne, aufwachen, wir sind da", weckt mein Mann mich und ich strecke mich im Sitz. Der Club ist in Rot und Blau angeleuchtet und von außen wirkt das Gebäude, wie ein überdimensionaler viereckiger Klotz, ich entdecke nur eine kleine Tür, die von zwei Türstehern bewacht ist.

"Das ist der Hintereingang", er steigt aus und öffnet mir die Beifahrertür, ich richte mein Outfit, Flo hält mir seine Hand hin, verschränkt unsere Finger und ich gebe ihm noch mein Handy, was in seiner Anzugjacke verschwindet. Edi gesellt sich an meine rechte Seite und begrüßt mich mit bester Laune. Die Security hält uns die Hintertür auf und wummernde Bässe begrüßen uns. Mein Mann führt mich zielsicher durch die feiernde Menge, die eine winzige Gasse bildet, sämtliche Blicke verfolgen uns. Der VIP-Bereich ist mit einer goldenen Kordel abgesperrt und auch dort stehen zwei Sicherheitsmitarbeiter. Wir gehen eine schmale, mit blauen LED-Lichtern beleuchteten Treppe nach oben, die Musik hier, ist durch die halbhohen Glasfronten gedämpft. Acht Separees sind auf der linken Seite angeordnet, die mit schwarzen und weißen Ledersitzgruppen ausgestattet sind, in der Mitte ist jeweils ein großer runder Tisch.

Überall vergnügen sich Männer mit jungen Frauen, koksen, trinken und lassen ihrer Lust aufeinander freien Lauf. Ich ziehe skeptisch die Augenbrauen hoch und Flo führt mich in das letzte Separee, wir setzen uns und eine Bedienung in schwarzen Lackhotpants, transparenter ärmelloser Bluse, stellt ein Tablett mit zwei Gläsern Wasser, einem Glas Champagner und drei akkurat gezogenen Lines, ab. Ich sehe meinen Mann abwartend an, die Kellnerin beugt sich dicht an sein Ohr, flüstert ihm etwas zu und fährt mit ihren pinken, langen Fingernägeln an seinem Anzug entlang. Brutal hält er ihre Hand fest, deutet mit einem Kopfnicken auf mich und sie sieht mir, mit Augen so groß wie Untertassen ins Gesicht. Mit gesenkten Kopf verschwindet sie und Flo reicht mir den Champagner. Edi und er stoßen mit Wasser an, ich trinke einen großen Schluck, stehe auf und stelle mich an das Glasgeländer, mein Blick schweift über die feiernden Menschen, die sich prächtig amüsieren. Die Bar erstreckt sich über die gesamte rechte Wand. Zehn Mitarbeiter rotieren mit sämtlichen Getränkebestellungen, außerdem schlängeln sich Mädchen, in knappen Outfits durch die tanzende Meute. Ein DJ heizt an einem überdimensionalen Pult der Menge ordentlich ein, ein breitschultriger Mann steht auf einmal dicht neben mir und spricht mich auf Englisch an, was eine so hübsche Frau hier so allein macht. Doch bevor ich ihm antworte, hat Flo ihm am Kragen gepackt und gibt ihm sehr deutlich zu verstehen, dass ich tabu bin.

"Er weiß nicht zu wem du gehörst", haucht er mir ins Ohr, "und, was sagst Du zum Club?"

"Es gefällt mir, aber die Tänzerinnen gehen auf den kleinen Podesten völlig unter, warum lässt du sie nicht in Käfigen tanzen?! Da grabscht sie niemand an, die Show erlangt so mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit. Ich schaue mir die Zahlen nochmal in Ruhe an. Wie ist das mit dem Koks, ist das nur den VIPs vorbehalten, oder vertickt es auch jemand in der Menge?"

"Das ist nur für die Gäste hier oben, die nur mit einer Zutrittskarte Einlass bekommen, der Bordellbetrieb findet hinter dieser Tür statt", Flo deutet mit dem Kopf auf sie, die direkt neben der Nische von uns ist. "Willst du ihn dir ansehen?" Ich nicke und er gewährt mir den Vortritt, die Tür ist durch eine Zahlenkombination verschlossen, die Flo an einem Panel eintippt. Mit einem leisen Surren öffnet sie sich, der Boden ist mit einem roten, dicken Teppich ausgelegt, die Wände mit einer schwarzen Ornamenttapete verziert, goldene, kleine Kerzenhalter mit künstlichem Licht flackern leicht vor sich und tauchen den Gang in eine schummrige, gemütliche Atmosphäre.

Deckenspots weisen dem Besucher den Weg, zusätzliche schalten sich LED-Lämpchen im Boden, bei jedem Schritt ein. Die Türen sind hier ebenfalls alle links, einige sind verschlossen, bei denen die offen sind, sitzen die Frauen in schwarzer Unterwäsche in einem goldenen Sessel und warten auf Kundschaft. Ich werfe einen Blick in eines der Zimmer, das runde Bett dominiert, den sonst sehr karg eingerichteten Raum. Die Huren begutachten mich skeptisch und Flo spricht auf Englisch mit ihnen, bei fast jeder, ist ein russischer Akzent heraus zu hören. "Du hast also hauptsächlich Russinnen?"

"Ja, ich habe dir doch erzählt, dass ich gerne mit Pawlow-Senior Geschäfte tätige. Sein Junior taugt nichts, Nikolaj ist nach der Aktion in Frankfurt untergetaucht und Milo, ist nach letzten Informationen in einer Klinik zur Therapie. Zurzeit sind wir aber bestens versorgt." Ich verschränke die Arme unter der Brust, höre ihm gespannt zu, während wir langsam weiter gehen. Wenn man hier ein bisschen umbaut, lockt man sicherlich auch andere Nationalitäten in den Bordellbetrieb, es wirkt alles ziemlich düster, kalt, nicht einladend, eben typisch männlich, ich grinse über die Gedanken.

"Was hast du gerade gedacht? Ich habe dein verschmitztes Lächeln gesehen", Flo legt seine Hand in meinen Rücken und führt mich zurück zu Edi. Das Tablett mit dem Koks ist verschwunden und eine langbeinige Blondine sitzt bequem bei ihm auf dem Schoss. Er nickt seinem Bodyguard zu, der schiebt die Frau weg, flüstert ihr etwas ins Ohr und sie verschwindet.

"Hier steckt noch Potential drin, allerdings nur mit ein paar Umbaumaßnahmen und ich muss die Zahlen genauer sehen", ich halte mir gähnend eine Hand vor den Mund.

"Bist du schon müde? Die Party geht doch jetzt erst richtig los", sagt Flo und zieht mich auf seinen Schoss. Edi verabschiedet sich diskret zu einem Rundgang. Mein Mann vergräbt seine Nase an meinem Hals und streicht mit der Zunge bis zum Ohr.

"Sehe ich die Umsätze vor unserer Abfahrt noch?"

"Nein, wir fliegen morgen nach Rom und danach sind wir zuhause. Wenn wir wieder in Durres sind, zeige ich sie dir gerne. Wie müde bist du wirklich?", fragt er mit rauer Stimme und ich sehe in seine vor Lust lodernden Augen.

"Na ja, kommt ganz darauf an, was mein Mann noch so vor hat", zwinkere ich ihm zu und kurze Zeit später, treten wir den Heimweg an. Flo verschwendet keine Zeit und ist der Meinung, dass die Küche auf jeden Fall eingeweiht werden muss.

Dark Rose Band 3 ~ Für immer ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt