Kapitel 6

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Lexi by LuanaWhite

Als ich etwas später wieder wach wurde, sah ich mich erschrocken um. Es war, als würde ich aus einem Traum aufwachen und erst jetzt realisieren was vorhin passiert war.

Ich sah neben mich. Sam lag da, seine Augen geschlossen und sein Atem ruhig und regelmäßig. Er schlief tief und fest und hatte seinen Arm um mich gelegt.

Ich war zuvor noch nie mit einem Mann zusammen gewesen. Ich hatte mich von ihm beissen lassen und ihm meine Jungfräulichkeit geschenkt. Ich war nicht mehr ich selbst gewesen. Als hätte mich irgend etwas gesteuert. Ich musste hier weg!

Fakt war, dass dieser Vampir neben mir, ein Mörder war. Er hatte die Werwölfe kalt abgeschlachtet. Zumindest vier davon und ich erinnerte mich wie seine Augen dabei gestrahlt haben. Für ihn war das nur Spaß gewesen. Für mich aber ein Kampf ums Überleben. Mit so jemandem konnte ich nicht zusammen sein. Mit niemanden. Allein war ich nun mal besser dran. So war es schon immer und so würde es auch immer sein.

Ich schlug vorsichtig die Decke von mir nachdem ich Sam's Hand von mir runter hob. Ganz leise schlich ich mich aus dem Zimmer und dann aus der Wohnung. Leise zu sein, hatten Katzen nun mal drauf.

Doch jetzt stand ich vor einem großen Problem. Ich war nach wie vor völlig nackt und so konnte ich nicht durch die Straßen von Winchester Falls laufen. Es war draußen zwar dunkel, dennoch waren auch Nachts immer ein paar Menschen unterwegs deren Aufmerksamkeit ich so auf mich ziehen würde. Aber dann kam mir eine andere Idee.

Ich nahm die Treppe und lief ganz nach oben bis ich auf dem Dach dieses Gebäudes ankam. Hier oben würde mich wohl niemand bemerken. Zu meinen Glück reihte sich hier ein Gebäude an das andere und somit nahm ich Anlauf und sprang ab. Als Werkatze konnte ich auch in meiner menschlichen Gestalt erstaunlich hoch und weit springen und landete immer wieder auf meinen Füßen, und zwar geräuschlos.

Somit sprang ich von Dach zu Dach und brachte immer mehr Abstand zwischen mich und den Vampir Sam. Wie er wohl reagieren wird wenn er am Morgen aufwachte und den Platz leer vor findet, wo ich gelegen hatte? Ob er traurig wäre? Oder war es ihm egal? Vielleicht hatte er ja genau das bekommen was er wollte? Eine heiße Nacht und Blut. Konnte ein Vampir überhaupt Gefühle haben?

Aber wieso machte ich mir bloß Gedanken darüber? Weil ich ihm etwas unglaublich wertvolles geschenkt hatte. Niemals hätte ich gedacht dass ich sowas jemals machen würde. Sam war doch ein völlig Fremder und dennoch hatte ich mich ihm hingegeben. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein? Wie nur konnte ich mich so gehen lassen?

War es, weil er mich vor den Wölfen gerettet hatte? Habe ich ihn dadurch irgend einen Heldenstatus auferlegt? Aber Helden töteten nicht, oder? Und wieso wirkte er so anziehend auf mich? Wieso hatte ich mich nicht gewehrt als er mein Blut getrunken hatte?

Ich war in meinen Leben schon öfters hübschen Männern begegnet, aber noch nie war ich ihnen so verfallen gewesen. Ich hatte es immer geschafft Abstand zu halten. Naja... Immerhin war ich ja auch gar kein richtiger Mensch. Die Meiste Zeit meines Lebens verbrachte ich als Schneeleopard im Wald. Und in genau das verwandelte ich mich wieder, je näher ich meinen zu Hause kam.

Ich fühlte mich befreit, als ich endlich wieder auf allen Vieren laufen konnte. Das weiße Fell mit den schwarzen Punkten wärmte meinen Körper, der zuvor schon halb am Erfrieren war. Ich brüllte ein paar Mal um meine Emotionen raus zu lassen. Auch das fühlte sich befreiend an. Endlich war ich wieder ich selbst.

Ein tiefes, erfreuliches Schnurren kam aus meiner Kehle als ich endlich den Wald betrat und weiche Erde unter meinen Tatzen spüren konnte. Es war ein nach Hause kommen.

Ich drosselte mein Tempo bis ich nur noch gemütlichen Schrittes lief und dann konnte ich auch schon den Sonnenaufgang beobachten. Es war wunderschön wie dieses sanfte, warme Licht die Welt berührte und alles in einer atemberaubenden Helligkeit erstrahlen ließ. Ein zufriedenes Mautzen entkam mir und dann machte ich mich auf den Weg zu meiner Höhle um mich endlich von all dem Erlebten richtig auszuruhen.

Doch ich konnte Sam's Gesicht nicht vergessen. Es hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Sein schiefes Grinsen. Seine schönen, braunen Augen. Seine zarten, geschmeidigen Lippen. Seine Küsse. Seine Hände wie sie mich bestimmend, und gleichzeitig mit so viel Zartheit berührten. Sein durchtainierter Körper.

Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte diesen Mann somit irgendwie aus meinen Gedanken zu bekommen. Ich durfte nicht mehr an ihn denken. Und ich würde ihn vermutlich niemals wieder sehen. Das durfte ich gar nicht.

Ich kam meiner Höhle immer näher, doch etwas beunruhigte mich. Hier roch es nach Werwolf. Wieso roch es hier nach ihnen? In dieser Gegend waren sie doch so gut wie nie! Eine weitere Auseinandersetzung mit ihnen konnte ich bei weitem nicht gebrauchen.

Entgegen meines Wunsches keinem vom Rudel über den Weg zu laufen, saß einer genau vor meiner Höhle. Als würde er auf mich warten. Und es war nicht irgendeiner. Es war der Alpha. Der stärkste und brutalste von ihnen.

"Dachte ich es mir doch dass du früher oder später zurück kehren würdest. Und das, nach allem was gestern passiert ist. Du hast meine Wölfe auf dem Gewissen, du Schlampe!" brüllte er mich in Gedanken an und fletschte seine Zähne bedrohlich. Ich wich erschrocken vor ihm zurück.

"Ich habe sie nicht getötet, sowas brächte ich gar nicht fertig. Das weißt du! Ihr wolltet mich aber töten. Oder sterben lassen. Oder was auch immer." meinte ich mit unsicherer Stimme und wich immer weiter zurück als der Alpha auf mich zukam.

"Der Vampir hat sie deinetwegen umgebracht. Du dringst in unser Territorium ein, nistest dich hier ein, lockst Jäger in den Wald und jetzt sogar noch Vampire! Gib mir einen Grund warum ich dich nicht sofort in Stücke reißen sollte!" fuhr er mich aggressiv an und ich ging automatisch in eine unterwürfige Haltung.

Mir war bewusst, dass ich in einem Zweikampf niemals eine Chance gegen ihn hätte.
"Das wollte ich doch alles nicht. Ich wollte doch nur in Frieden leben. Der Wald ist mein zu Hause. Ich tue niemanden weh. Ich bin keine Gefahr." argumentierte ich. Doch diese Argumente schienen den Wolf nicht zu überzeugen. Stattdessen knurrte er und fletschte immer weiter seine Zähne während er mir näher kam und ich immer kleiner wurde.

Und dann griff er mich an. Der Alpha der Werwölfe biss so kräftig in meine Schulter, dass ich seine Zähne bis an meine Knochen spüren konnte. Ich jaulte vor Schmerzen auf. Doch damit war der Wolf noch nicht zufrieden. Er drehte mich um und biss kräftig in meinen Bauch. Ich versuchte mich zu wehren, aber es gelang mir nicht. Jeden Schlag mit meinen Pfoten wich er geschickt aus.

Wegen der Schmerzen spürte ich wie meine Verwandlung wieder einsetzte. Ich war dabei wieder meine menschliche Gestalt gegen meinen Willen anzunehmen. Nun hatte ich noch weniger Chancen gegen ihn. Er biss erneut zu. Immer und immer wieder und es schien als würde er nicht aufhören wollen mich zu attackieren.

Cursed Beings - Demons&AnimalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt