Kapitel 62

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In den nächsten Tagen verbrachte ich viel Zeit im Fitnessraum und tanzte um mich abzulenken, wohingegen sich Miso in der Bibliothek aufhielt und las. Wie durch Zufall kam Seonghwa jedes mal am Raum vorbei und beobachtete mich an den Türrahmen gelehnt. Heute gab es jedoch eine Neuerung, wie ich beim Betreten des Raums feststellte. Gegenüber der Tür stand ein Sofa, von dem aus er eine viel bessere Sicht auf mich haben würde. Ich runzelte die Stirn und begann mich aufzuwärmen. Kurz darauf kam er auch schon herein und nahm wortlos auf der Couch Platz. Er hatte seinen Blick starr auf mich gerichtet und seine Augen hatten einen rötlichen Farbton angenommen. "Willst du mir heute schon wieder zusehen?", fragte ich etwas verunsichert. "Darf ich nicht?", stellte er die Gegenfrage. Verlegen gab ich zurück: "Schon... Ich dachte nur, du hast was Anderes zu tun." "Hab' ich nicht", erwiderte er knapp, lehnte sich zurück und legte seine Arme auf der Rückenlehne ab. Ich atmete tief durch und begann zu tanzen, wobei ich versuchte seine Anwesenheit zu ignorieren, was nicht sehr einfach war, da er genau in meinem Blickfeld saß. Mit jeder meiner Bewegungen schienen seine Augen stärker zu leuchten und mir wurde unter seinem Blick immer heißer. Ich fühlte mich ihm vollkommen ausgeliefert, als könnte er bis in meine Gedanken sehen, die sich im Moment überschlugen. Warum sah er mir so intensiv zu? Hatte er wirklich nichts Besseres zu tun? Woran dachte er, wenn er mich tanzen sah? Er neigte den Kopf leicht zur Seite und sein linker Mundwinkel wanderte kaum merklich nach oben. 'Er weiß was ich denk'!', schoss es mir in den Kopf und meine Wangen erhitzten sich augenblicklich. Schnell versuchte ich mich wieder zu konzentrieren und tanzte weiter. Während ich tanzte, musterte ich ihn ebenfalls. Seine Schulter sah wieder völlig in Ordnung aus und auch sein Gesicht und seine Unterarme waren bereits wieder komplett verheilt. Als mein Blick auf seine Hände fiel, bemerkte ich, dass er sie zu Fäusten geballt hatte. Warum? War er schon wieder wütend? Sein restlicher, schwarz gekleideter Körper hingegen wirkte entspannt, als hätte er alle Zeit der Welt. Meine Grübeleien wurden durch ein starkes prickeln auf meiner Haut unterbrochen. Ich wusste ohne hinzusehen, dass sein Blick der Auslöser war. Wie eine sanfte Berührung strich er über jeden Milimeter meines Körpers und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich spürte wie ich errötete, als ich mir ausmalte, wie seine Finger meine Haut berührten, anstatt seinem Blick. Mr. Quiet lehnte sich nach vorne und stützte sich mit den Unterarmen auf seinen Knien ab. "Wie gerne könnte ich jetzt wirklich Gedanken lesen, Hyun", meinte er und zog belustigt eine Augenbraue hoch. Bei meinem Gesichtsausdruck lachte er leicht und stand auf. "War doch bloß ein Witz", erklärte er amüsiert, tätschelte mir den Kopf und verließ den Raum. Verwirrt sah ich ihm hinterher und strich mir über's Haar. Seit wann war er zu solchen Scherzen aufgelegt? Gerade hatte er doch noch seine Fäuste geballt? Frustriert seufzte ich und beendete meine Sporteinheit mit etwas Stretching. So langsam musste ich mir wirklich etwas einfallen lassen um ihm endlich näherzukommen und ihn zu mindest ein bisschen zu verstehen.

Angel or devil (Ateez Park Seonghwa)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt