Kapitel 34

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Nervös rutschte ich auf dem Beifahrersitz herum und blickte mit klopfendem Herzen aus dem Fenster. Wir waren auf dem Weg zu meiner Schwester und ich war ungefähr so aufgeregt wie ein Kleinkind an Weihnachten. Endlich würde ich sie wieder sehen, endlich! In der Absicht mich zu beruhigen, legte sich die Hand des Fahrers auf mein Bein, was mich erröten ließ. "Chill' mal wieder, Hyun!", sagte Seonghwa kichernd. Er hatte mich mit Wooyoung und San üben lassen und hatte sie nur über Nacht abgelöst. Diese waren dann nach Hause oder wohin auch immer gegangen und hatten mit mir das Training am nächsten Tag fortgeführt. Heute war Mr. Quiet mich abholen gekommen und als ich ihn gefragt hatte, wo er gewesen war, hatte er nur ausweichend geantwortet: "Ich hatte was zu tun!" Jetzt war er richtig zurück und war wieder ganz der Alte, wie es schien. Ich hatte das Gefühl unter seinen warmen Fingern Feuer zu fangen und bewegte mich keinen Zentimeter mehr. Was mich nur noch unruhiger machte, war, dass ich heute ein kurzes Sommerkleid trug, da ich keinen Sport machen musste und für diese Hitze etwas luftiges anhatte. Seine Hand ruhte auf dem dünnen blauen Stoff, der bis zur Mitte meiner Oberschenkel reichte und die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten aufgeregt. Ich sah zu ihm rüber und er warf mir einen kurzen Seitenblick zu, bevor er sich wieder der Straße zuwandte. Konzentriert kaute er auf seiner Unterlippe herum, während er einhändig das Fahrzeug lenkte und sah dabei unglaublich heiß aus. Ich konnte nicht mehr abstreiten, dass ich auf ihn stand, so wie mein Körper auf ihn reagierte. Die goldenen Zeichen auf meiner Haut erleuchteten den Innenraum des Autos, doch ihn schien es überraschenderweise nicht mehr zu stören. 'Ein neues Rätsel; hatten wir schon lange nicht mehr', dachte ich halb belustigt, halb genervt 'undurchschaubar, wie eine Betonwand, dieser Mann.' Ich versuchte mein rasendes Herz zu beruhigen, indem ich den wie immer wolkenlosen Himmel anstarrte, wo Unschuldig, als wäre nie etwas passiert, die Sonne funkelte. Ich weiß es klingt seltsam, aber irgendwie vermisste ich die Nacht, die Dunkelheit und die Sterne. Es wurde zwar Nacht, jedoch strahlte der Vollmond so hell, sodass es nie richtig dunkel wurde; eher tauchte er den Himmel in ein trauriges Grau. Auch das Wetter war seit dem Mondaufgang immer schön gewesen und kein einziges mal waren Wolken aufgezogen. Als wir über Schotter zu einer alten Fabrikhalle fuhren, hatte das bevorstehende Geschehen wieder meine ganze Aufmerksamkeit. Hibbelig lief ich neben meinem Begleiter in das große Gebäude, wo alles verlassen wirkte, als wäre lange niemand hier gewesen. Der graue Betonklotz sah aus wie einer der Orte, von denen Gerüchte kursierten, dass es dort spukte. Nebeneinander gingen wir durch lange, leere Gänge, bis ich aus der Ferne Stimmen vernahm, die lauter zu werden schienen. Als wir um eine Ecke in eine geräumige Halle mit eckigen Betonsäulen einbogen, erblickte ich am anderen Ende zwei Personen, die nebeneinander standen und sich unterhielten. Mir stockte der Atem, denn Miso hatte sich stark verändert. Sie hatte abgenommen und wirkte nun nicht mehr niedlich kurvig, sondern sah sportlich und erwachsen aus. Auf ihrer Haut erwachten Zeichen, die den meinen ähnelten, jedoch leuchteten sie in dem selben intensiven Blau, das ihre Augen angenommen hatten. Ich hatte mich ebenfalls verändert und sah nicht mehr knochig dünn aus, sondern gesund und durchtrainiert, und meine goldenen Hyroglyphen leuchteten ihr entgegen. Sie sah so wunderschön aus und ich konnte nicht länger warten und rannte auf sie zu. Auch sie setzte sich jetzt mit großen Schritten in Bewegung und kam schnell auf mich zu. Wir fielen uns in die Arme und sie weinte: "Ich hab' dich so vermisst, Hyunwoo!" Dabei wirkte sie so jung und zerbrechlich und ich umarmte sie enger. "Ich dich auch, Miso!", schluchzte ich, während mir ebenfalls Tränen über die Wangen liefen.

Angel or devil (Ateez Park Seonghwa)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt