K A P I T E L 37

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Linea verbrachte eine gefühlte Ewigkeit im Wartezimmer, zu ihrem Glück wartete Joachim im Auto vor der Praxis. Und natürlich schlichen ihre Gedanken zum gestrigen Abend. Maxi hatte ihr sofort angeboten nach Hause zu fahren, doch Linea verneinte direkt. Auch wenn die gute Laune dahin war, wollte sie ihn nicht allein lassen. Der Brünette war froh sich gegen seinen Vater durchgesetzt zu haben, trotzdem beschäftigten ihn seine Worte enorm. Vor allem gegenüber Linea. Für Maxi war es nichts neues, dass sein Vater ihm gegenüber kritisch und auch unfair sein konnte. Doch Linea war die Person an dem diese Akzeptanz endete. Sie hatten weder Pizza bestellt noch sonst irgendetwas erwähnenswertes getan. Maxi und Linea hatten sich in sein Zimmer verzogen, lagen zusammen im Bett und taten nichts anderes als einander zu halten. Maxi brauchte das Gefühl Linea in seinen Arme zu haben, zu wissen, dass sie da war und nicht verschwinden würde. Sie schnitten das Thema nicht erneut an, sondern unterhielten sich über alles was ihnen in den Sinn kam. Es dauerte nicht lang bis Maxi wieder lächelte und schlussendlich auch durch die Worte der Brünetten lachte. Ein glücklicher Maxi war ihr am liebsten. Irgendwann wurden erst Lineas und dann Maxis Augen schwer, die Müdigkeit und Anstrengung des Tages holten sie ein. Die Brünette lag halb auf Maxi, dieser hatte keinerlei Probleme damit Linea so nah wie möglich an sich zu haben. Zusätzlich zu ihrem Bein über seine Hüfte und ihrer Hand auf seiner Brust schlang er seinen Arm um ihre Taille. Sie spürte seine Lippen auf ihrer Stirn bevor sie weg döste. 
Bis Nerv begeistert ins Zimmer stürmte und von den Plänen der anderen Kerle erzählte. "Filmeabend! Morgen! Und ich und Klette dürfen die Filme aussuchen!", mit seinem rumspringen auf dem Bett wirkte er wieder viel jünger und verschlafen lachte Linea auf, Maxi zog sie murrend an sich. Er hört nur halb zu als Nerv von allem berichtete, bis er natürlich liebevoll seinen kleinen Bruder aus dem Zimmer schmiss. Linea grummelnd auf sich zog, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge verschwinden ließ und zufrieden ausatmete.

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"Und wie siehts aus?", fragte Joachim direkt, noch bevor Linea sich anschnallen konnte. "Alles in Ordnung. Ich kann Montag wieder in die Schule. Ich soll nur aufpassen vielleicht nicht wieder irgendetwas ins Gesicht zu bekommen.", erzählte sie und griff nach dem Gurt. "Ich denke, dass sollte man vermeiden können. Außerdem hast du ja genug Bodyguards die auf dich aufpassen.", schmunzelte Joachim und startete den Wagen. "Ich muss dann gleich auch wieder in den Laden, brauchst du noch irgendwas?", fragte er und fuhr vom Parkplatz auf die Hauptstraße. "Haben wir irgendwo einen Supermarkt in der Nähe von zuhause?", ein kurzes Lächeln huschte jedes Mal über sein Gesicht wenn Linea von ihrem zuhause sprach. "Ein paar Straßen von uns entfernt, ist kein riesiger wie im Industriegebiet wo wir sonst einkaufen. Aber je nachdem was man braucht ist er in Ordnung.", erwiderte er. "Wieso?", kurz wich sein Blick von der Straße zu Linea. "Wir wollten heute Abend alle zusammen ein paar Filme schauen und bräuchten dafür noch ein paar Snacks. Ich dachte ich könnte etwas besorgen.", erklärte die Brünette. "Wir können zu dem anderen fahren, da hast du mehr Auswahl.", bot er ihr an, doch sie schüttelte den Kopf. "Nein, schon gut. Der Laden reicht schon, dann kannst du mich dort absetzten und ich lauf nach Hause. Und nein, du musst nicht auf mich warten. Ein paar Straßen zurück laufen kann ich schon allein, du musst wieder zur Arbeit.", nahm sie ihn direkt den Wind aus den Segeln. "Ist ja schon gut, junge Lady.", lachte der Eisdielen Besitzer und setzte den Blinker nach links. "Brauchst du noch Geld?", doch Linea schüttelte ihren Kopf. "Nein. Passt schon, aber danke.", lächelte sie. "Brauchst du noch irgendetwas wenn ich schon mal da bin?", fragte sie diesmal als Joachim auf dem Parkplatz parkte. "Nein, unsere Vorräte reichen noch etwas. Dann bis heute Abend oder seit ihr woanders?", lachend schnallte Linea sich ab. "Keine Ahnung, weiß ich selbst noch nicht. Aber ich sag dir noch bescheid sollten wir woanders sein.", beschwichtigte sie ihn. "Na wenigstens mal einer der mir sagt wo ihr alle abbleibt.", grinste Joachim.
Lachend verabschiedete sich die Brünette und befand sich Momente später im Laden. Joachim hatte Recht, der Laden war klein und hatte keine riesige Auswahl. Doch für ein paar Chips würde es reichen. Juli hatte ihr einige der Extrawünsche der Kerle geschickt und Linea verzog das Gesicht, als sie las was ihre Freunde teilweise aßen. So mussten sie sich wenigstens keine Sorgen machen, dass die Brünette ihre Snacks essen würden. Sie nahm sich am Eingang einen Korb der hoffentlich ausreichen würde. Sofort lenkte sie das erst beste Regal mit DVD ab und sie stand einige Minuten davor. Zuckte dann mit den Schultern und warf eine DVD in ihren Korb. Sie schlenderte die vielen Gänge entlang, aufmerksam damit sie den Gang voller Süßigkeiten nicht verpasste. 
Alles lief nach Plan bis sie unerwartet gegen jemanden lief. "Oh sorry, ich hab nicht aufgepasst.", da war Linea wenigstens nicht di einzige. Vor ich stand ein Mädchen oder eher junge Frau, wahrscheinlich etwas älter als sie. Könnte so alt sein wie Maxi, schoss es ihr durch den Kopf. Kurze dunkle Haare die nicht mal ihre Schultern berührten. Sie wirkte einfach wie eine Persönlichkeit die nicht aus so einem Ort kommen würde. Ziemlich auffällig und willensstark, recht eindeutig wenn Linea dies bereits nach dem ersten Blick sagen konnte. Eher könnte sie aus Hamburg oder vielleicht Berlin kommen. Zwei Nasenpiercings leuchteten im grellen Licht des Supermarktes, genauso wie ein Schmuckstück an ihrer Augenbraue. Ihre Augen wirkten durch den Eyeliner noch dunkler und von ihrem Outfit fing Linea gar nicht erst an, genau diese Klamotten könnten in ihrem Kleiderschrank hängen.
"Du bist neu hier, oder?", irritiert zogen sich Lineas Augenbrauen nach oben, unterbrach ihre Starren und das Mädchen ruderte zurück. "Das sollte nicht so creepy wirken, sorry. Ich meine damit nur, dass ich dich hier noch nie gesehen habe und eigentlich kennt man sich in Grünwald.", beruhigt nickte Linea. "Ich bin in den Ferien hergezogen.", bestätigte die Brünette. "Solltest du nicht in der Schule sein?", sie konnte die Frage nicht unterdrücken, die unbekannte schmunzelte. "Könnte ich dich auch fragen.", beide grinsten sich an, ihr Humor schien schon mal auf ähnlicher Ebene zu sein. "Ich bin schon fertig mit der Schule, auch wenn man es mir vielleicht nicht ansieht.", peinlich berührt sah Linea zur Seite, voll ins Fettnäpfchen. "Nicht schlimm! Du bist nicht die erste die mich jünger schätz.", wunk sie ab. "Aber du müsstest eigentlich in der Schule sein, richtig?" - "Eigentlich ja, aber-", Linea gestikulierte zu ihrer Nase. "Ich hab direkt am ersten Tag einen Ball ins Gesicht bekommen.", beendete sie den Satz und die dunkelhaarige verzog ihr Gesicht. "Shit, was ein Start." - "Kannst du laut sagen.", beide lachten. "Gute Wahl.", sie deutet auf den Film in Lineas Hand. "Ich steh auf Horrorfilme.", zuckte die Brünette mit den Schulter. "Mega, ich auch. Der neue Conjuring Teil läuft bald an, ich kanns kaum erwarten.", begeistert schlug Linea in die Hände. "Den Trailer hab ich auch schon gesehen. Ich schau immer schon beim Kino ob er hier bald anläuft." - "Kannst du vergessen, hier laufen nur diese schlechten Teeniekomödien an, nicht mehr und nicht weniger.", enttäuscht verzog Linea ihr Gesicht. "Für sowas muss ich immer nach München fahren, jedes Mal.", genervt schüttelte ihr Gegenüber den Kopf. "Und dann auch noch-" - "Alleine? Kenn ich zu gut, nie will jemand mit wenn sowas endlich mal läuft.", unterbrach Linea sie. Kurz zog sie überrascht ihre Stirn in Falten und Linea fürchtete zu forsch gewesen zu sein. "Endlich jemand der mich versteht! Ich muss meine Mitbewohner immer anbetteln damit sie sich erbarmen die Filme mit mir zu schauen. Und dann verstecken sie sich 90 % des Film hinter ihrem Popcorn.", beide begannen zu lachen. "Und im Nachhinein, wenn sie bei allem fast aus ihrem Sitz springen, bereit man es nicht doch allein gegangen zu sein.", fügte Linea hinzu und wieder stimmte die Fremde ihr zu. "Sag mir bitte, dass du nicht auf so merkwürdige Kombis stehst.", nach kurzer Stille deutete sie auf die verschiedenen und außergewöhnlichen Chips Sorten in Linea Korb. "Nein.", sofort schüttelte sie ihren Kopf. "Ich bevorzuge die einfachen Salzteile, ich musste erstmal suchen um die zu finden. Meine Freunde essen sowas gerne.", erklärte sie. 
"Ich hoffe es kommt nicht komisch rüber, aber ich liebe deine Schuhe.", überrascht sah Linea nach unten auf ihre Schuhe, es waren eigentlich ziemlich einfache schwarze Doc Martens auf die sie irgendwann mal mit einem grauen Stift gemalt hatte. Die meistens Motive und Wörter waren abgerieben und schimmerten nur noch etwas durch. "Danke, die sind schon echt alt. Aber ich liebe sie, kann sie nicht wegschmeißen."- "Kann ich vollkommen verstehe, ich hab ähnliche und sie sind meine Liebling, egal wie abgetragen sie sind.", lachte die dunkelhaarige.
Und so verfielen sie in eine weitere Unterhaltung. Auch wenn Linea eigentlich ziemlich skeptisch gegenüber Fremden war, war die Brünette eine Ausnahme. Sie hatten allen Anschein nach den gleichen Geschmack in Klamotten und sogar Musik. Sie erzählte von einem Club in München und ihrer Beschreibung nach, klang diese Laden wie ein Traum für einen guten Abend. Sie redete bis ihr Handy plötzlich klingelte und nach einem Blick auf die Uhr bemerkten beiden, dass sie sich fast eine Stunde unterhalten hatten. Kein Wunder also, dass einige Kunden sie merkwürdig gemustert hatten. Beide begaben sich mit ihren Einkäufen zur Kasse, liefen dann nebeneinander aus der Tür. "Wohnst du weit weg? Ich könnte dich rumfahren wenn du möchtest.", bot sie Linea an, doch diese wunk lächelnd ab. "Ich wohn um die Ecke, aber danke.", zufrieden, dass sie nicht eine Ewigkeit  durch Gründwald wandern würde packte die Unbekannte ihren Einkauf ins Auto. Gerade wollten sie sich verabschieden, bis Linea etwas auffiel, sie kannte ihren Namen nicht.
"Ich bin übrigens  Linea.", stellte sich die jünger dann endlich vor, hielt ihr spontan ihre Hand entgegen und ihr Gegenüber nahm diese grinsend.

 "Jamie."

Linea. | die wilden Kerle ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt