K A P I T E L 36

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Linea ließ fast ihre Schüssel inklusive Müsli fallen als Marlon plötzlich vor ihr stand. "Was machst du denn hier?", fragte sie sehr appetitlich mit vollem Mund. "Ich wohn hier.", genervt verdrehte sie ihre Augen. "Ich hab meine Aufträge für heute durch, deshalb bin ich schon hier.", antwortete er diesmal richtig. Linea nickte, nahm noch einmal den letzten Löffel zu sich und deponierte dann das Besteck in der Spülmaschine. "Was hast du heute noch vor?", Linea schmunzelte. Seit Tagen versuchte es Marlon immer wieder mit Smalltalk. Linea merke deutlich wie sehr er sich bemühte wieder ein vernünftiges Verhältnis zu ihr aufbauen. "Maxi holt mich nachher ab.", antworte sie. Das Thema Maxi war bis jetzt immer noch etwas merkwürdig. Auch wenn Marlon kein negatives Wort mehr über die beiden verlor, war Linea immer noch vorsichtig.
"Ich könnte dich fahren.", bot er an und überrascht zog Linea ihre Augenbrauen hoch. "Wir könnten zur Schule fahren, dann muss er nicht nochmal hier her und kann dich direkt mitnehmen." - "Ok?", nicht ganz geheuer nicht Linea. "Schau mich nicht so an, ist nur ein nettes Angebot.", beide begannen zu lachen und Linea hob ihre Hände in die Luft. "Es klang aber ziemlich merkwürdig, musst du schon zugeben.", neckte sie ihn. "Ist ja gut. Geh dich anziehen, die anderen haben gegen 13 Uhr Schluss." - "Geht klar.", schon verschwand Linea eine Etage höher.
Linea ließ sich Zeit, sowohl im Badezimmer als auch bei ihrer Klamotten Auswahl. Die letzten Tage hatte sie in großen T- Shirts und Jogginghose gelebt, auch wenn sie nicht dagegen hatte, wollte sie doch auch mal wieder etwas anderes anziehen. All zu dramatisch wurde es dann doch nicht, eine schwarze Hose, schwarzes Top und Maxis Jacke reichten der Brünetten. Mehr als Eyeliner und etwas Mascara waren auch nicht drin. Durch viel kühlen waren die leichten Schwellungen zurück gegangen, die Verfärbungen unter ihren Augen klang zum Glück auch immer mehr ab, zwar in unschönen Farben aber immer hin.
"Bist du fertig?", Marlon steckte seinen Kopf ins Zimmer und musterte seine Cousine. "Jap.", sie schmiss ihre Bürste aufs Bett und folgte ihm aus dem Zimmer. Nach kurzem hin und her nahmen sie seinen Wagen. Linea verstand nicht und verdrehte ihre Augen als Marlon Bedenken äußerte das Motorrad zu nehmen. Da sich die Brünette vielleicht nicht die ganze Zeit richtig festhalten könne. Die Autofahrt war nicht so unangenehm wie sie dachte, sie unterhielten sich. Linea fragte nach wie es auf seiner Arbeit lief, hörte ihm zu, auch wenn sie nicht viel von seinen Worten verstand. Gleichzeitig fragte Marlon wie es ihr ging, viel mehr konnte er nicht. Sie hatten sich, obwohl Linea zuhause war nicht viel gesehen. Wenn er zur Arbeit aufbrach schlief sie noch, kam er nach Hause war sie mit Maxi beschäftigt. "Ich muss morgen nochmal zum Arzt, Joachim macht es in seiner Mittagspause.", antworte die Brünette. Sie hätte es bevorzugt allein zur Praxis zu gehen, doch natürlich war Marlons Dad da andere Meinung. Sie hoffte einfach das ok zu bekommen endlich wieder in die Schule zu können. Die jetzige Woche hatte ihr voll und ganz gereicht, außerdem stand noch das Wochenende bevor. Nach einer gewissen Zeit fuhren sie auf das Schulgelände und mit einigen Handgriffen parkte Marlon ein.

Ihre Stimmung änderte sich schlagartig als sie einige Schüler bereits vor dem Schulgebäude sah und natürlich gehörten zu ihnen Sabrina. Keiner von ihren Freunden war zu sehen. Genervt schnallte sie sich ab und Marlon grinste als Linea einigen unschöne Worte murmelte, zeitglich entdecke Sabrina sie und lief auf beide zu.
"Marlon, hey.", sein uninteressierte Gesichtsausdruck wechselte zu einem Schmunzelnd als er aus dem Augenwinkel sah wie Linea angewidert das Gesicht verzog. "Sabrina.", er nickte ihr, lehnte sich mit verschränkten Armen gegen sein Auto. Sie kam Marlon ziemlich nach und entdeckte Linea erst als sie abwertend schnaufte. Miststück, zwar war sie froh, dass Sabrina anscheinend nicht mehr auf Maxi fixiert war, aber ihr Cousine musste es nun wirklich auch nicht sein. "Oh Lina, hey. Siehts ganz schön mitgenommen aus, unschön.", Sabrina verzog ihr Lippen und in Linea brodelte es. "Hallo Sarah, ebenso.", die Brünette lächelte falsch und perplex blinzelte die Blondine mehrmals. "Was verschlägt dich wieder hier her Marlon? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.", wieder versuchte sie es bei ihrem Cousine und ein leichtes Kotzgefühl kam bei Linea hoch. "Es gibt Menschen bei denen es wichtigeres im Leben gibt als das Schulleben, vor allem wenn es in der Vergangenheit liegt.", murmelte Marlon. "Es gibt auch Leute die ihren Abschluss machen, nur mal so nebenbei.", brummelte Linea, Marlon musste sich bemühen nicht zu lachen. Sabrina schien jedoch plötzlich andere Pläne zu haben. "Stimmt, ich sollte Maxi noch mal wegen der Nachhilfe ansprechen. Wir wollen doch nicht, dass er durchfällt, richtig?", soviel zu ihren vorherigen Gedanken.
"Linny!", Klette hatte Marlon und Linea als erste entdeckt und hinter ihr folgte Nerv sowie der Rest der Kerle. "Klette.", schmunzelnd legte sie ihren Arm um die jüngere, als diese freudig neben ihr zum stehen kam. Nerv erreichte sie als zweites, warf Sabrina einen irritierten Blick zu und klatschte mit Linea ab. "Was willst du denn schon wieder? Reicht es nicht, dass du in den Pause an meinem Bruder klebst?", Marlon lachte über die ehrlichen Worte, Lineas Züge verhärteten sich. "Ach, ich verbring doch oft Zeit mit euch.", wunk Sabrina ab, wirkte sogar etwas peinlich berührt. "Wenn du meinst.", Klette rollte genervt mit ihren Augen, wand sich dann an Linea. "Kommst du bald wieder in die Schule? Die Jungs sind echt nervig ohne dich." - "Hoffentlich wieder nächste Woche.", nickte die Brünette. "Zum Glück, die Idioten muss jemand im Zaun halten."
"Kleines, was verschlägt die Prinzessin zur Schule?", die anderen hatten schmunzelnd die Unterhaltung zwischen Linea, Nerv und Klette beobachtet. "Ich hab gehört ihr benehmt euch nicht.", schmunzelte Linea Juli zu. "Dann kann ich ihn ja direkt wegen der Nachhilfe fragen.", nur halb hörte sie Sabrinas Worte und reagierte ohne groß darüber nachzudenken. Bevor Sabrina überhaupt auch nur einen Schritt in Richtung des Brünetten, welcher seine Augen die ganze Zeit auf Linea fixiert machen konnte, ging Linea auf ihn zu und küsste ihn zur Begrüßung. Lächelnd schlang sie ihre Arme um seinen Nacken, spürte wie er ebenfalls gegen ihre Lippen lächelte und seine Hände ihre Taille fanden. "Hey." - "Hey.", wie klischeehafte, verliebte Teenager sahen sie sich nach dem Kuss an. Linea warf einen kurzen Blick nach hinten und stellte zufrieden fest, dass Sabrina sie und Maxi angepisst musterte. Ohne alle weiter zu beachten stapfte die Blondine davon. Raban und Joschka lachten als erstes. "Das war wirklich nötig. Alter geht die mir auf die Nerven.", motze Juli. Die anderen stimmten ihm zu, lachten aber gleichzeitig über Lineas besitzergreifendes Verhalten. 
"Hast du mich so sehr vermisst?", grinste Maxi als die Kerle ein anderes Thema gefunden hatten. "Marlon hat mir angeboten mich hier her zu fahren.", antworte Linea und lachte als der Brünette seine Lippen hervorschob. "Nein, natürlich hab ich dich so sehr vermisst, dass ich dich unbedingt schon ein paar Minuten früher sehen wollte.", verbesserte sie sich und immer noch grinsend küsste Maxi sie erneut. "Also ich hab noch ne Tonne Hausaufgaben auf, ich bin weg.", verabschiedete sich Joschka als erstes. Fragend sah Linea zu Markus, welcher sie früher oder später über die Hausaufgaben informieren würde. Zwar war sie nicht mit Joschka und Raban in einer Klasse, doch ein paar Kurse teilten sie und Markus mit dem Erfinderduo. "Er hat in Chemie Wirtschaft nicht aufgepasst, deshalb hat er mehr zutun.", wunk der Torwart ab. Nach und nach schlossen sich die anderen wilde Kerle Joschka an. "Ich nehm mal an du kommst erst später nach Hause.", wand sich Leon an Linea, sah von ihr zu Maxi. "Jap.", bestätigte sie nickend seine Aussage. "Macht keinen scheiß und schreib mir oder Marlon wenn was sein sollte.", er ging auf Vanessa zu welche bereits an ihren Bikes stand. "Ich glaube die machen andere Sachen.", murmelte Raban, zog den Kopf ein als Linea ihm einen scharfen Blick zuwarf. "Pass auf oder sie roasted dich wieder.", grinste Juli. Grummelnd zog der Erfinder seinen Helm auf und fuhr mit dem Rest seiner Freunde vom Parkplatz. "Dann mal los, wir haben einiges vor.", Maxi reichte Linea ihren Helm. "Ach haben?", fragte sie grinsend nach und stellte sich auf ihre Zehenspitzen. "Haben wir.", bestätigte der Brünette und das funkeln in seinen Augen ließ Linea ganz warm werden. "Und über deine kleine Eifersuchtsaktion reden wir später noch."

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In dem Moment als Maxi Linea durch die Haustür zog ließen seine Hände nicht mehr von ihr ab. Sie genossen den Nachmittag zusammen, genossen es nicht auf Leon oder Marlon achten zu müssen. Und Maxi liebte es nicht darauf achten zu müssen wie laut er und Linea waren. Es war alles so unbeschwert und sorgenlos zusammen. 
Stunden später stand Maxi zwischen Lineas Beinen welche er kurz zuvor auf den Küchentresen gesetzt hatte. "Maxi.", kichernd jammerte sie seinen Namen. Seine Lippen ließen nicht von ihrem Hals ab und seine Hände wanderten zum wiederholten Mal unter ihr Shirt. "Linea.", murmelte er seinen Namen und wieder stieg die Hitze in ihr auf, allein durch die Art und Weise wie er ihren Namen sagte.
"Jetzt verstehe ich wieso du dich drückst herzukommen.", Maxi schloss seine Augen und verfluchte alles. Unschlüssig sah Linea dabei zu wie seine Schultern fielen und seine Augen den Boden fanden. Herr Maximilian stand mit verschränkten Armen im Türrahmen, sein Gesicht entwich ihm kurz als er in Lineas Gesicht sah. "Und ich dachte deine anderen kleinen Freunde wären ein schlechter Einfluss. Wenn ich könnte würde ich dir verbieten sie herzubringen, aber da du volljährig bist kann ich es mir nur wünschen." Maxi biss sich auf die Wange, genau deswegen hatte erst versucht den Kontakt mit seinem Vater zu vermeiden. Er urteilte immer bevor er die ganze Geschichte wusste. Und er sollte Linea nicht als Person sehen die sie nicht war. "Du veränderst dich immer mehr ins negative Maximilian." Etwas in Lineas Brust zerbrach als sie Maxis Gesichtsausdruck veränderte. "Du hast meine Freunde nie gemocht, egal was wir gemacht haben. Selbst als wir Kinder waren.", während Maxi sich komplett zu seinem Vater drehte, rutschte Linea von der Theke. "Und dies aus gutem Grund, selbst in euren jungen Jahren hattet ihr nichts als Unsinn im Kopf. Fürchterlich war es zu sehen wie sie dich verdorben haben.", sein Vater sprach mit so viel Hass in seiner Stimme, dass selbst Linea zurück zuckte. "Wir waren Kinder, dass-" - "War unakzeptabel. Ich hätte dich wirklich auf ein Internat schicken sollen, dann wärst du jetzt nicht so abgerutscht." Die Furcht welche Linea verspürte wandelte sich komplett. Maxi war alles andere als abgerutscht oder schlecht beeinflusst. Ohne etwas böses zu wollen, war sich Linea sicher gehörte Maxi zu den vernünftigsten der wilden Kerle.  Doch was sie am meisten störte, war die Tatsache, dass Maxis Vater ihn immer noch wie ein Kind behandelte. Gleichzeitig aber die Ansprüche eines Erwachsenen an seinen Sohn hatte.
"Sie sind unfair.", irritiert sah nicht nur sein Vater sondern auch Maxi zu Linea. "Wie bitte?", er dachte sich verhört zu haben. "Maxi hat sich wie das letzte Mal nur geschlagen, weil sich jemand unfair benommen hat. Ihr Sohn kann sehr gut zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. Sie sollten ihn vielleicht erst Mal nach der Situation fragen bevor sie ihn verurteilen." Blickkontakt mit Herr Maximilian zu halten war alles andere als einfach, doch wenn es um Maxi ging hielt sie sich nicht zurück. Sie wusste ihn nicht anders zu verteidigen. Wusste keine Details zu der Kindheit der Gruppe, doch die jetzige Situation schien seinem Vater sowieso mehr auszumachen.
"Und wenn ich mich nicht irre hattest du dieses Mal bestimmt auch wieder damit zu tun oder? Jemand hat sich dir gegenüber unfair benommen, nicht wahr?", Lineas Gesichtsausdruck verhärtete sich genauso wie die von Herr Maximilian, wollte nicht zeigen, dass seine Worte einschlugen. "Dad, es reicht.", Maxis Stimme war überraschenderweise fest und genauso fest war sein Griff als er seine Finger mit Lineas verschränkte. "Maximilian-" - "Nein, so redest du vielleicht mit mir, aber nicht mit ihr.", unschlüssig sah Linea zwischen Sohn und Vater hin und her. "Ich bin volljährige und könnte schon längst über alle Berge sein und von hier wegziehen. Meine Freunde und sie sind der einzige Grund wieso ich noch hier bin.", mit dieser Aussage hatte Herr Maximilian nicht gerechnet. Wie ein Schlag ins Gesicht nahm er einen Schritt zurück. "Und es ist schon überfällig, dass du mich wie einen Erwachsenen behandelst. Du bist zwar mein Vater, aber auch du hast deine Grenzen so mit und über mich zu reden.", Maxi starrte seinen Vater schon fast an, ermutigend drückte Linea seine Hand.
Keiner sagte ein Wort, Herr Maximilian schien mit sich zu ringen. Auch wenn er sonst sehr gut mit seiner Mimik umgehen konnte, war ihm der Konflikt ins Gesicht geschrieben. Gleichzeitig wirkten Maxis Worte auf ihn ein. Er räusperte sich und... nickte?
"Du hast recht, meine Worte waren harsch und vorschnell. Ich bin wieder in der Bank, ich wollte nur kurz einige Papiere holen...", Herr Maximilian stockte kurz, sah erst seinen Sohn und dann Linea an. "Bestellt euch ruhig Pizza oder ähnliches, viel Spaß noch.", seine Worte waren angespannt, als wüsste er nicht wie er locker mit seinem Sohn umgehen könnte. Er hatte sich nicht entschuldigt, aber selbst Linea konnte sich denken, dass es ein Schritt für den Chef der Bank war.

Doch es war ein Anfang, hoffentlich.




Linea. | die wilden Kerle ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt