19. Verfolger, Helfer und Entführer

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**Triggerwarnung: Sexualisierte Gewalt** Am Ende steht eine Zusammenfassung der Geschehnisse.

Sofort wandte sich Annabella von den Makha ab und wechselte die Straßenseite. Ihre Füße trabten von allein nach Süden in Richtung Innenstadtmauer, wobei sich Annabellas Nackenhärchen aufstellten und sie ihre Arme um sich schlang.

In den Palmblättern und Sträuchern fing sich der Wind und rauschte unruhig. Die Vorboten eines Sturms. Das Meer lag in Schwärze verborgen und gab seine Anwesenheit nur durch das immer währende Grollen der Wellen bekannt.

Ob der dunkle Tibitik oder die Männer unbehaglicher waren, wusste sie nicht. Annabella wollte sich von beidem fernhalten. 

"Wo willtest Ihr hen?", rief einer der Makha hinterher.

Natürlich reagierte Annabella nicht auf ihn, schließlich war sie nicht lebensmüde. Sie wollte nur so schnell wie möglich weg hier und passierte dabei eine Palme nach der anderen. Der Takt ihrer Absätze auf kahlem Boden wurde immer schneller und glich sich ihrem Herzschlag an.

"Hoi!", rief der Makha wieder. "Wo willtest Ihr hen?"  

Es klang, als wäre er ihr näher als zuvor. Ein eiskalter Schauer schüttelte Annabella. Sie traute sich kaum, sich umzusehen, aber sie musste wissen, ob diese Kerle es auf sie abgesehen hatten. Ihr Kopf bibberte, als sie einen Blick über die Schulter wagte. 

Sieben Köpfe, beleuchtet von den Straßenfackeln, waren in weniger als hundert Metern Entfernung hinter ihr her - auf ihrer Straßenseite. 
Annabella zuckte zusammen, fuhr herum und rannte los. Panik rauschte in ihren Ohren und ihr Herz raste. Ihr Atem ging schnell und flach. 

Zum Glück war ihr Kleid eine leichte Klamotte, nicht ausladend oder mit einem Unterrock gefüttert, in dem sich ihre Beine hätten verfangen können. Trotzdem näherten sich die Schritte in ihrem Rücken, ebenso das spottende Gegröle der besoffenen Makha. 

"Lasst mich in Ruhe", keuchte Annabella. Den Atem hätte sie sich besser gespart, denn dass sich die Männer hiervon nicht beeindrucken ließen, war ihr klar gewesen. 

Die Innenstadtmauer und somit jemand, der ihr helfen würde, war immer noch lächerlich weit weg. Ihr Zwerchfell stach und Annabella japste nach Luft. Tränen schossen ihr in die Augen aus Angst, was diese Makha mit ihr vorhatten.

Dabei waren die Makha selbst der lebende Beweis dafür, dass es Männer gab, die ihre Macht über Frauen auf abartige Weise auslebten. Mit Beginn der Kolonialisierung von Aina Hanau - der ulakische Name für Tarragoss - war es durch die Kolonisten zu unzähligen Vergewaltigungen der Ulaka-Frauen gekommen, die schließlich die Mischlingskinder, die Makha, geboren hatten.

Vieles war in der Vergangenheit falsch gelaufen, und dass es Annabella hier und heute genauso ergehen würde… Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen, ohne aus tiefster Kehle zu brüllen.
Einer der Männer packte sie mit seiner glitschigen Hand an der Schulter und riss sie herum. In derselben Bewegung schlug Annabella ihm mit der Faust ins Gesicht und befreite sich aus seinem Griff. Zwei andere stellten sich ihr jedoch in den Weg. 

"Hilfe!", brüllte sie.

Warum nur war Annabella hierher gekommen? Gerüchte kamen nicht von irgendwoher, schon gar nicht in Bezug auf das Makha-Viertel. Sie war so dumm und naiv gewesen, zu glauben, dass ihr an Vitus´ Seite nichts geschehen würde. Dieser Sautonto interessierte sich nur für seine Drogen und hatte sie im Stich gelassen. Tränen flossen ihr über die Wangen und Annabella wimmerte: "Ich hasse dich."

Ihr ganzer Körper zitterte. Schwer und kraftlos waren ihre Glieder. Trotzdem schlug Annabella auf die Feinde ein. Ein paar Treffer landete sie, einige der Männer stöhnten. Zwei von ihnen packten sie an den Oberarmen und drückten sie gegen einen Palmenstamm am Wegesrand. Ein Dritter entriss ihr die winzige Handtasche.

Der Mythos von Tarragoss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt