Kurze Kurzszene - der Rest folgt.
Vitus war es nicht entgangen, dass sich Ricardo aus dem Saal geschlichen hatte. Als Annabella über die Tanzfläche zu ihrem Platz stolzierte, wandte sich auch Vitus ab. Doch statt zu seinen Kameraden zu gehen, verließ er den Saal, dessen Säulen mit goldenen Efeuornamenten verziert waren. Irgendetwas wurde hier gespielt und Vitus musste herausfinden was. Vielleicht würde er irgendwas aus Ricardo raus- und einen Hinweis auf den Drogenbaron bekommen.
Vitus folgte dem mit glänzenden Tapeten versehenen Flur in den Nordflügel, an dessen Wänden in regelmäßigen Abständen Gaslampen flackerten und die Gold gerahmten Gemälde der verblichenen Gouverneure erhellten.
Aus einer angelehnten Tür fiel Licht auf den Flur. So leise wie möglich tappte Vitus den Korridor entlang, der rote Teppich dämpfte seine Schritte. Durch den Spalt spähte Vitus in eine Schreibstube hinein. Ein braunhaariger, junger Mann öffnete eine Schublade, wühlte darin und schloss sie wieder. Es folgte die nächste. Was suchte Ricardo?
Vitus schob langsam die Tür auf. Das Porträts einer weißhaarigen Frau empfing ihn beim Eintreten. Vermutlich zeigte es Annabellas Großmutter Inga, die als Sangarin schon als junge Dame weiße Haare gehabt haben musste.
Im Zimmer hing der Geruch von altem, süßem Papier und trockenem Staub, so als wäre schon lange nicht mehr gelüftet worden. Links und rechts des Gemäldes waren Regale bis unter die Decke mit Akten gefüllt.
An der Wand hinter der Tür reflektierten zwei gekreuzte Degen das Gaslicht. Vielleicht könnte sich Vitus damit bewaffnen, sofern es denn nötig war. Der Tonto machte aber nicht den wehrhaftesten Eindruck.
"Was sucht Ihr da?", fragte Vitus mit eisiger Strenge.
Ricardo fuhr hoch, den Mund öffnend und schließend wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. "Was? Wer?"
"Was Ihr hier sucht, hab ich gefragt!", wiederholte Vitus.
Mit dieser lächerlichen Schmalzlocke sah Ricardo schon aus wie ein Versager. Kein Wunder, dass Annabella nichts mehr von ihm wissen wollte. "Ich wüsste nicht, was Euch das angeht!"Vitus reckte das Kinn. "Ich bin Kriminalbeamter und es geht mich sehr wohl etwas an, wenn hier Informationen oder Dokumente gestohlen werden sollen."
"Wenn diese Dokumente aber einen Anspruch meinerseits begründen, dann ist es kein Diebstahl", erwiderte Ricardo mit einem süffisanten Grinsen und fuhr sich durch die Haare. Er umrundete den Schreibtisch und blieb wenige Meter vor Vitus stehen.
"Welchen Anspruch solltet Ihr gegen das Gouverneurshaus haben?"
Ricardo verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und drückte die Brust raus wie ein stolzierender Gockel. "Das wird Euch erzürnen, mein Freund, immerhin scheint Ihr ein nicht unbeachtliches Interesse an ihr zu hegen. Es ist mein Ehevertrag - mit Annabella."
Die Information traf Vitus, als hätte er einen Schlag ins Gesicht kassiert. Er japste nach Luft, senkte den Kopf und zog gleichzeitig die Augenbrauen hoch. "Was?", presste er hervor, tappte einen Schritt zurück und fühlte hinter sich die Wand, an der er sich abfing. Hilflos prustete Vitus und schüttelte den Kopf. "Sie will Euch nicht, habt Ihr das immer noch nicht verstanden?"
"Was macht mir das? Der Vertrag besiegelt unsere Ehe. Da hat Annabella nichts mitzureden", konterte Ricardo schulterzuckend.
Unwillkürlich knirschte Vitus die Zähne. "Wer so die Wünsche und Bedürfnisse seiner Zukünftigen übergeht, sollte sich nicht wundern, wenn sie einen verlässt."
Ricardos Zähne mahlten und auf seiner Stirn trat eine Wutader hervor. "Was erlaubt Ihr Euch?" Er pumpte sich zusehends auf. Der Angriff war so vorhersehrbar.
Prompt holte Ricardo zum Schlag aus, Vitus duckte sich weg und teilte einen Kinnhaken aus. Nachdem er ausgeholt hatte, landete seine zweite Faust mitten im Gesicht des Taugenichts. Bevor ihn das Blut aus Ricardos Nase besprenkeln konnte, wich Vitus zurück.
Ricardo lehnte seinen Kopf zurück und drückte mit dem Handrücken gegen seine Nase. "Ihr wagt es?"
"Ihr habt mich angegriffen", entgegnete Vitus schulterzuckend. "Ich hab mich nur gewehrt." Er ging ein paar Schritte an der Wand entlang, um Abstand zwischen sich und Ricardo zu bringen. "Vorsicht, kleckert Euren Anzug nicht voll."
Erzürnt fletschte Ricardo die Zähne und stürmte mit erhobenem Zeigefinger aus der Schreibstube. "Wir sind noch nicht fertig!"
***
Den anderen Teil will ich heute noch fertig machen, mal sehen, ob ich das schaffe.
Ich hab nämlich einen Grund zum Feiern: Ich hab meine Prüfung bestanden (und bin jetzt ganz offiziell (Verwaltungs-)Inspektor XD Ob Barnaby oder Columbo. Oder Arlstein, haha - das dürft ihr euch raussuchen).
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Der Mythos von Tarragoss
Fantastik"Legt man sich mit den Ureinwohnern an, legt man sich mit der ganzen Insel an." * * * Die Südseeinsel Tarragoss ist die Heimat von Kolonisten, Ureinwohnern und einem unterdrückten Mischvolk. Im Pulverfass aus altem Hass, Verzweiflung und Rachegelüst...