An Schlafen ist nicht zu denken. Wir liegen zwar da, eng umschlungen in dem kleinen Zelt, aber beide schlafen nicht. Das Zelt ist so aufgebaut, dass man wie durch ein Fenster hinausschauen kann, aber nicht herein. Nicht dass jemand Anderes hier wäre, aber trotzdem.
Ich zeichne mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf Severus Rücken. An seinem Blick erkenne ich tiefstes Vergnügen, also vermute ich, dass er schon Schlimmeres erlebt hat.
Jeder seiner Atemzüge kitzelt an meinem Nacken wie eine leichte Brise.
Ich merke erst, dass ich eingeschlafen bin, als Cedrics Gesicht vor mir auftaucht.
„Und geniesst du dein kleines Rendezvous mit Snape?" Er lacht mich aus und wirft mir alle möglichen Beleidigungen an den Kopf.
„Nutte!"
„Hure!"
„Bitch!"
„Hermine, es ist schon gut", holt mich Severus Stimme aus dem Albtraum, während ich mich zitternd winde. Mein schlechtes Gewissen droht mich umzubringen. Ich mache gerade einen verdammten Seitensprung!
„N-Nein, nichts ist g-g-gut", stottere ich und will Abstand nehmen. Ich krieche zur hintersten Ecke des Zeltes, wo ich am weitesten von Severus entfernt bin. Dort rolle ich mich zu einem runden Ball zusammen. Zu einem traurigen Hermine-Ball.
Die Tränen strömen mir wie zwei kleine Wasserfälle über die Wangen, während mich das Schluchzen fast erstickt. Ich denke an Cedric, wie er mir sagt, dass er mich liebt und wie er mich küsst.
Ich bin so abartig!
Doch Severus rutscht zu mir und hält mich eisern fest. Ich winde mich in seinen Armen, aber er lässt nicht los.
„Egal was ist, ich bin für dich da."
Aber ich schluchze nur noch heftiger. Einem Jungen werde ich sowieso das Herz brechen, ob Severus oder Cedric. Und natürlich noch plus Ron.
Meine Hand fährt unter mein T-Shirt und mit zitternden Fingern ziehe ich die Kette aus, die Cedric mir zum Geburtstag geschenkt hat. Im Mondlicht schimmert sie golden.
Severus streckt die Hand aus und nimmt mir die Kette ab und betrachtet sie eine Weile. Ich spüre, wie sich seine Umarmung kurz versteift, seine Schulter ist nass von meinen Tränen.
Aber er lässt die Kette auf den Zeltboden fallen und drückt mich noch enger an sich.
„Alles ist gut", wispert er erneut in meine Haare. In seiner Stimme erkenne ich nicht den leisesten Hauch von Wut oder Traurigkeit.
Tief durchatmen, befehle ich mir und schliesse die Augen. Mein Atem normalisiert sich ein wenig, sodass ich nicht mehr unkontrolliert nach Luft schnappe. Severus sagt kein Wort, er ist still wie ein Fels in der Brandung.
Ich atme seinen Duft ein, irgendwie vermute ich, dass ich jetzt das letzte Mal so nahe an ihm dran bin. Mit geschlossenen Augen fange ich an zu erzählen.
„I-In meiner Gegenwart ist Cedric mein Freund."
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Severus kurz schmerzvoll das Gesicht verzieht.
„Hermine, das hier ist deine Gegenwart."
Und da ist es. Diese Hin- und Hergerissenheit. Wieder schluchze ich auf. Meine Augen schmerzen von den vielen Tränen.
Ich nicke langsam, mache mich auf das Schlimmste gefasst.
„Liebst du ihn?", flüstert er.
Ich denke an Cedric, ein Bilderschwarm durchströmt meinen Kopf.
Ich nicke langsam.
Dann fragt er mich erneut etwas.
„Liebst du mich?"
Darauf finde ich keine Antwort. Mein Herz liebt ihn, mein Körper begehrt ihn aber mein Verstand... Mein Verstand ist ein pures Gefühlschaos.
Das zischende Ausatmen macht mir klar wie Severus sich gerade fühlt. Und dadurch fühle ich mich nur noch beschissener. Kann man beide lieben? Kann man nicht einfach in zwei Hälften geschnitten werden und die eine durch die Zeit zurück schicken? Bitte?
Irgendwann habe ich keine Tränen mehr. Als sie versiegeln steht Severus auf und setzt sich ans Lagerfeuer. Ich rolle mich wieder zusammen und weine stumm in mich hinein.
Nach Stunden, bei der Morgendämmerung kommt Severus ins Zelt, wahrscheinlich mit der Annahme, dass ich schlafe. Als Severus mich sieht, eng zusammengerollt und immer noch herzzerreissend am Schluchzen kommt er schnell zu mir rüber und anscheinend weiss er nicht, was er machen soll.
„I-I-Ich..."
Durchatmen, befehle ich mir.
„Liebe. Dich."
Als er mich auf seinen Schoss hebt und mich küsst, sehe ich, dass auch seine Augen geschwollen und gerötet sind. Dieser Kuss ist so seltsam, langsam und doch voll stillem Verlangen. Ich schmecke den salzigen Beigeschmack meiner verkrusteten Tränen. Vielleicht sind es auch seine, ich weiss es nicht.

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Love Potion
Fanfiction„Du bist meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft." Nach dem Krieg darf Hermine Jean Granger ihr siebtes Schuljahr wiederholen. Dort macht sie Bekanntschaft mit ihrer geheimnisvollen Vergangenheit. Doch welche Rolle spielt Severus Snap...