4

162 20 0
                                    

Eine Hitze, gefolgt von einem eisigen Schauer jagte mir die Wirbelsäule bis in mein Nacken hoch.
Mein Herz stockte und mein Puls schlug in dreifacher Geschwindigkeit.
Thomas Downes.
Hatte ich mich verhört?
War er mein Vorfahre?
Entgeistert schluckte ich den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, herunter.
Herr Strauß sprach noch mit Arthur, doch dass rauschen in meinen Ohren übernahm mein Gehör.
Ich ersann mich an Hershel, der Stolz von seinen Vorfahren profitierte und ich tatsächlich etwas neidisch wurde, über all sein Wissen seiner Familie.
Mein Körper begann vor Anspannung zu kribbeln, so als würden Abertausend Ameisen ein Hauptquartier aufbauen.
Meine Iriden huschten unruhig zwischen den zwei Männern, die mich gar nicht beachtet hatten.
Wie wohl meine Vorfahren aussahen?
Gab es eine Ähnlichkeit zwischen all den Generationen?
Fragen über Fragen blühten.
Arthur schnipste gegen die Krempe seines Hutes und verabschiedete sich wohl von Herr Strauß, der ihn mittlerweile auch den Rücken gewandt hatte.
Wollte er schon los reiten zu MEINEN Vorfahren?
Wie von einer Tarantel gestochen sprang ich auf, dabei fiel mir die Schüssel zu Boden, in der zuvor das Essen von Mister Pearson gefüllt war.
Nun erlangte ich die Aufmerksamkeit von Arthur, sowie auch von den anderen.
Ich vernahm wie Mary nach mir rief, doch ich ignorierte gekonnt ihre Rufe und steuerte zielstrebig zu Arthur, der mich verdutzt musterte.
Wahrscheinlich wirkte ich im Moment wie eine verrückte für ihn, aber die Neugier über meine Verwandten stieg rapide an.
„A- Mister Morgan." Ich räusperte mich und wählte die höfliche Ansprache, um vielleicht seriöser zu wirken.
Arthur stockte in seiner Bewegung.
Seine rechte Hand ruhte auf seiner goldenen Gürtelschnalle, während seine andere im schwarzen Fell des Pferdes harrte.
Sein aufgesetztes Pokerface gewährte keinen Einblick in seine Seele.
Er antwortete nicht, sondern sah mich mit seinen blauen Augen, die im Schein der Sonne besonders herausstachen, an.
„K...könnte... könnte ich vielleicht mitkommen?" stammelte ich nervös und fummelte mit meinen Fingern an dem Stoff meines Kleides.
Fast schon unglaubwürdig zog er seine Augenbrauen zusammen.
Seine Iriden fielen auf seine abgetragenen Rodeo- Stiefel, als sie wieder meine Augen fixierten.
„Miss, ich denke das geht nicht, tut mir leid." er lächelte mich schief an, fast schon überheblich.
Was hatte ich auch erwartet, dass er freudig in die Hände klatscht?
Enttäuscht schnaubte ich und bemerkte im Augenwinkel Herr Strauß, der mich belustigt beäugte.
Dann fiel mir der Groschen.
„Falls sie es noch nicht wissen, Mister Morgan, aber ich heiße zufällig Miss Downes." siegessicher zuckten meine Mundwinkel in die Höhe und wie erwartet sprang Herr Strauß sofort auf meine Bemerkung ein.
Die Neugier verwandelte mich wirklich zu einem Aas.
Zumindest empfand ich mein Auftreten als ungezogen, aber ich war nun in dieser Zeit gefangen und die Gelegenheit meine Vorfahren kennenzulernen, war auch nicht Gang und gäbe.
„Mister Morgan, vielleicht würde ihnen diese Frau zu nutzen kommen." Herr Strauß setzte ein tückisches Lächeln auf, als er näher an uns heran trat.
„Wegen den Schulden versteht sich." fügte er schaudervoll hinzu und zwinkerte Arthur zu, der nur Stirnrunzelnd die Luft ausblies.
Auch wenn mir der alte Mann suspekt vorkam, verdankte ich ihm insgeheim, dass er meinen Rücken indirekt stärkte.
„Und wenn dieser Thomas seine Schulden nicht abzahlen will, soll ich sie etwa als Druckmittel verwenden oder wie soll ich das ganze verstehen?" Arthur's Mimik verzog sich zu einem erzürnten.
Noch bevor Herr Strauß etwas erwidern konnte, ergriff ich das Wort: „Nicht doch, mir geht es darum... meine Familie wiederzusehen und vielleicht sogar meine Erinnerungen zurückzuerlangen."
Innerlich lobte ich mich für meine ausgesprochene brillante Ausrede, die mir leicht über meine Lippen gelangte.
Die Miene des Blauäugigen wurde weicher und Herr Strauß zog stattdessen eine Schnute.
Ungeduldig wippte ich auf meinen Sohlen und faltete meine Hände vor meiner Brust ineinander.
„Meinetwegen." atmete Arthur zornig aus und beugte sich im nächsten Wimpernschlag zu mir herunter, da ich einen guten Kopf kleiner als er selbst war.
„Aber kommen sie nicht auf Dumme Ideen, Miss." sein heißer Atem streifte mein Gesicht und der Geruch von Nikotin und einen Hauch von Alkohol stieg mir in die Nase.
Seine bestimmende Art schüchterte mich ein und plötzlich fühlte ich mich wieder wie ein Kind, dass von seinen Eltern eine Lektion beigebracht bekam.
Herr Strauß verschwand derweil grummelnd im Camp.
Arthur hielt noch für eine Weile unseren Augenkontakt aufrecht, der mein Funken von Selbstbewusstsein vernichtete, als er sich zu seinem Pferd wandte, dass genüsslich die Grashalme abriss und auf ihnen herum kaute.
Bedacht trat ich den mysteriösen Mann näher, dessen Muskeln unter seinem weißen Hemd zur Geltung kamen.
Wenn er mal ausholte, dann hatte ich wohl wirklich einen Gedächtnis- Schwund.
„Entschuldige." murmelte ich kleinlaut und stierte auf meine Stiefel, dessen Leder allmählich abblätterte.
„Mhm, für was?" Arthur legte seine Hände in meine Taille und hievte mich auf das Hinterteil des Pferdes.
Vom Damensitz aus sah ich zu ihm herunter, der noch immer seine Hände in meiner Taille weilen ließ.
„Das ich vorhin so unhöflich wurde." gestand ich und fingerte den Stoff meines Kleides.
Es fühlte sich nicht richtig an, mich nicht für mein Verhalten zu entschuldigen, da er so zuvorkommend mir gegen über war, als ich verängstigt von John ins Camp verschleppt wurde.
Seine Hände glitten von meinem Körper, als ihm ein raues lachen entfloh.
„Miss, ich glaube noch nie hatte sich jemand bei mir für so eine banale Sache entschuldigt." lächelnd schüttelte er seinen Kopf, dabei ergriff er den Knauf seines Sattels und schwang sich vor mir in den Sattel.
Meine Wangen erwischte die Röte, die ich mit meinen Händen versuchte zu verbergen.
„Ich nehme aber ihre Entschuldigung gerne an." er warf seinen Kopf über seine Schulter und zwinkerte mir vielsagend zu.

Zwischen uns die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt