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Stechende Kopfschmerzen weckten mich aus meiner Bewusstlosigkeit.
Flackernd öffnete ich meine Augen und wurde direkt von den grellen Sonnenstrahlen geblendet.
Erschrocken setzte ich mich auf und befand mich im mitten einer Blumenwiese.
Weites unberührtes Land erstreckte sich vor meinen geistigen Auge.
Lediglich ein schmaler staubiger Trampelpfad wies daraufhin, dass hier Zivilisation gab.
Wo war ich?
Wie war ich hier hergekommen?
Die Erinnerungen blitzten von der Nacht auf, als ich zu dem besagten Feuer gelaufen war.
Diese Rothäute, hatten sie mich verschleppt?
Panisch sprang ich auf und mein Kreislauf drohte zu Versagen.
Keuchend fasste ich mir an die Stirn, die wie Wasserdampf glühte.
Ich musste zurück, denn ich hatte Beth versprochen mit ihr auszureiten.
„Doch wie?" sprach ich laut aus und hoffte auf nette Menschen, die mich zurückfahren könnten.
Seufzend zog ich meinen Parker aus, der mir im Moment viel zu warm war und band ihn um meine Taille.
Wieso hatten mich die Rothäute hier hin verschleppt?
Panisch begutachtete ich meinen Körper, der von trockener Erde und Staub bedeckt war.
Keine offensichtlichen Verletzungen waren zu sehen, was mich etwas beruhigte.
Ich sah mich nochmals um.
Berge in der Ferne, unzählige Bäume und himmlischer Vogelsang.
Dann blickte ich zu dem Pfad und entschied diesen zu folgen, wohin er mich auch immer führen würde.
Hoffentlich zu einer kleinen Vorstadt, wo ich Hilfe bekam und sicher zur Ranch bugsiert werde.
Tessa hatte in einer Hinsicht Recht; Die Rothäute verschleppten die Menschen, aber dennoch in der Nähe einer Zivilisation.
Vielleicht taten sie das nur, weil die Menschen auf ihren Land gebaut hatten?
Stampfend stolperte ich aus der Wiese, da meine Beine sich wie Wackelpudding anfühlten.
Obwohl ich versuchte eine simple Erklärung für meine missliche Lage zu finden, konnte ich mir die Schmerzen und den Zustand, in dem ich kam als ich am Feuer gestanden hatte, nicht erklären.
Vielleicht wusste Tessa eine Antwort darauf.
Humpelnd lief ich den Pfad entlang, in der Hoffnung meine Orientierung zurück zugewinnen.
Von weitem erkannte ich einen Wegweiser, der in zwei Richtungen zeigte.
Freudig beschleunigte ich meine Schritte und las die verwitterte Schrift.
„Valentine?" verwirrt legte ich meinen Kopf schief.
Noch nie hatte ich etwas über diesen Ort gehört. Befand ich mich überhaupt noch in Amerika?
Erneut durchfuhr mich die blanke Panik und ein Tränenschleier spannte sich über meine Augen.
Ich hätte auf Tessa hören sollen!
Wütend über meine Dummheit trat ich gegen den Holzstiel des Wegweisers, was sich als einen großen Fehler herausstellte, denn meine Zehen schmerzten höllisch bei dem dumpfen Aufschlag.
Schmerzhaft verzog ich mein Gesicht und hüpfte wie von einer Tarantel gestochen auf einen Beinen in meiner eigenen Achse.
„Verdammte Scheiße!" schoss es aus mir heraus und der ziehende Schmerz wanderte mein Bein hoch.
Verbittert kullerten mir heiße Tränen über meine Wangen, was ich versuchte zu unterdrücken indem ich meine Zähne zusammenbiss.
Das Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz schlug mir mittlerweile bis zum Halse.
Was könnte mich noch erwarten?
Schlimmer als das hier, könnte es wohl kaum noch werden!
Genau in diesem Moment hörte ich plötzlich dumpfe Hufschläge, die bei jedem Atemzug näher kamen.
Instinktiv drehte ich mich in einem Schwall herum und tatsächlich erhaschte ich ein geschecktes Pferd, dessen Fell im Sonnenlicht glänzte und ein Mann der lässig das Ross in Trab trieb.
Ich schirmte mit meiner Hand meine Augen ab, da mich die Sonne blendete.
Der Fremde bemerkte ebenfalls meine Wenigkeit, was mich nicht wunderte und seine braunen Augen stachen aus dem Schatten, der die Krempe seines Hutes auf sein Gesicht warf.
„Guten Morgen, Miss." seine rauchige Stimme drang in mein Gehörgang und noch bevor ich etwas entgegnen konnte, klappte mir meine Kinnlade nach unten.
Diese zwei Narben auf seiner Wange, die pechschwarzen Haare, die aus seinem abgetragenen Hut lugten und dieser Wilde Blick in seinen bernsteinig- braunen Augen, die mich scharfsinnig musterten.
„J...John.. John Marston?" stotterte ich und mein Herz machte einen Aussetzer, der mich auf keuchen ließ.
Es musste sich um ein albernen Traum handeln!
Genau, einen blöden Traum!
Anscheinend hatte mich die Geschichte zwischen Bonnie und diesem John, der mich auf einmal mit verengten Augen anstierte, so sehr mitgerissen, dass ich nun davon träumte.
Zweifelnd lachte ich und trat einige Schritte zurück.
Mittlerweile schwang sich John aus seinem Sattel und kam in ziemlich großen Schritten auf mich zu.
„Woher kennen sie meinen Namen?" seine Stimme wirkte noch rauer und seine Iriden blitzten bedrohlich im Sonnenlicht auf.
Eindeutig ein luzider Traum und wenn ich mich nicht täuschte, hatte man in solchen Träumen die Kontrolle über sich.
Ich holte tief Luft, sammelte meinen Mut und rannte wie ein Angsthase davon, in Richtung des kleinen Waldes, der den Trampelpfad umstellte.
Meine Atmung beschleunigte sich und mein Puls raste vor Adrenalin, dass sich durch meine Venen pumpte und mein flatterndes Herz erreichte.
War diese Aktion überdacht?
Nein!
Würde ich mich sogar verlaufen?
Vielleicht!
Hörte ich hinter mir Pferdegetrampel und einen wutentbrannten Mann?
Verdammt nochmal JA!
Äste schlugen in mein Gesicht, Wurzeln ragten aus der weichen Erde, über die ich stolperte und Schweißperlen rannen mir über die Schläfe.
Wieso wachte ich nicht einfach auf?
Das glich ja schon einen Albtraum!
„Bleiben sie stehen, Miss!" seine Stimme hallte zwischen den Bäumen, die gezielt mich trafen.
Mein Kopf lief auf Hochtouren.
Wie zum Teufel war das nur möglich?
Lag ich im Koma? War ich doch am schlafen?
Oder... oder war dies meine Realität?
Ein quirliger Schrei entfloh mir, als mein Fuß an einer Wurzel stecken blieb und ich unsanft bäuchlings auf die Erde fiel.
Ich hörte ein kehliges Lachen und darauf schwere Schritte, die sich mir näherten.
Ängstlich kniff ich meine Augen zu und betete, dass ich doch endlich aufwachte.
Doch soweit kam es gar nicht, stattdessen vernahm ich das dieser John neben mir zum stehen kam und wahrscheinlich auf mich herab sah.
„Miss, ich will ihnen nichts Böses, sie hätten nur auf meine Frage antworten müssen." In seiner Stimme schwang ein Hauch von Schadenfreude.
Die Äste Knacksen, als er zwei Schritte näher an mich heran trat.
„Ich kenne sie nicht!" platzte es aus mir heraus, während ich mich langsam aufrappelte und meine Augen auf John warf, der mich mit hochgezogener Augenbraue musterte.
Auch wenn sich dies als glaubwürdige Wahrheit schlecht verkaufen ließ, wusste ich das es diese nun einmal war.
John legte seine Hand in sein Nacken und schien wohl zu grübeln.
Doch worüber?
Vielleicht ob er mich töten sollte?
Bei diesem Gedanken stellten sich meine Härchen am ganzen Körper auf.
Meine Iriden starrten Löcher in in sein Gesicht, dass in den tristen Sonnenstrahlen, die durch das Laub drangen, erstrahlte.
„Mhmm, ich denke sie wissen mehr über mich als mir lieb wäre und um mich zu schützen, sowie meine Familie, denke ich..." noch bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte, funkte ich schrill dazwischen: „Bitte töten sie mich nicht!" mein Herz schlug fest gegen meine Brust und drohte herauszuspringen.
Meine Gliedmaßen zitterten vor Angst und dieses Gefühl war mir so fremd, denn noch nie in meinem Leben, empfand ich so eine Todesangst.
John sah mich verwundert, fast schon entsetzt an, bevor er vor lachen sich den Bauch hielt.
Konfus über seine Reaktion runzelte ich meine Stirn und fühlte mich ihm so unterlegen.
War meine Angst etwa übertrieben?
Machte er sich über meine Missliche Lage etwa lustig?
Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten, die auf meinem Schoß ruhten.
So einen taktlosen Mann war mir noch nie in die Quere gekommen!
„Sich über die Angst einer offensichtlich verirrten Frau lustig zu machen ist wohl das aller letzte!" schimpfte ich und warf meinen Kopf beleidigt zur Seite.
Sein Lachen verstummte und innerlich bestrafte ich mich selbst für mein loses Mundwerk, dass ich hinter meiner Schüchternheit verbarg.
„Es tut mir leid Miss, wenn ich sie beleidigt habe, aber in diese Lage haben sich sie wohl selbst gebracht und da ich sie immer noch als eine Gefahr einstufen, werde ich sie mitnehmen müssen, bis mein Mentor über ihr Schicksal entscheidet." John richtete selbstgefällig seinen Hut und schnalzte dabei mit seiner Zunge, als hinter ihm sein Pferd hervor kam.
Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und die Welt schien für einen Moment stillzustehen.
Sein Mentor entschied über mein Schicksal?
MEIN Schicksal?
Er war doch kein Richter oder Henker, der über das Leben anderer entscheiden durfte!
„Kommen sie nun freiwillig mit oder wollen sie noch eine Runde laufen?" John zückte ein Seil aus der Satteltasche empor, dabei lagen seine Augen siegessicher auf mein mickriges Ich-selbst.
Wenn dies der John Marston war, von dem Hershel mir erzählt hatte, dann musste Bonnie ohne Frage blind vor liebe gewesen sein!
Ich atmete tief ein.
- Und wenn es wirklich ein Traum war, dann wäre es nun der richtige Zeitpunkt aufzuwachen, wenn nicht, dann müsste mir schnell eine simple Erklärung einfallen.
Mutwillig hievte ich mich auf meine Füße und trottete wie ein Kind zu John, der mich abwartend ansah.
„Komische Kleidung." hörte ich ihn murmeln, wobei ich ihm dass liebend gerne zurück gegeben hätte, aber lieber meinen Mund hielt, der Staub trocken war.
Das Seil band er ohne einen weiteren Laut um meine Handgelenke vor meinen Bauch, als er unerwartet seine warmen Hände in meine Taille legte und mich ohne Anstrengung auf den Sattel absetzte, fast schon wie ein Jagdgewinn.

***

Erschöpft sackte ich im wieder in mich zusammen und würde John nicht hinter mir sitzen, dann wäre ich wie ein nasser Sack vom Sattel gefallen.
Diese ganzen Fragen, die mich ermüdeten, so wie der lange Ritt und die Schmerzen am Knöchel, machten mir wirklich zu schaffen.
Die Sonne wurde allmählich vom Horizont verschlungen und ein herrliches Farbenspiel ereignete sich am Himmel, dass mir die Sicherheit gab, noch auf der Erde zu weilen.
Mittlerweile schloss ich sogar eine Entführung von Aliens nicht mehr aus, doch wer würde mir diese Flausen übel nehmen?
„Wer ist da?" eine üble klingende Männerstimme riss mich aus meinen Gedankengänge und mein Puls schoss in die Höhe.
„John! Ach ja und eine verirrte Lady!" der Mann, in dessen Welt ich nichts verloren hatte, erhob seine Stimme und ein Mann in Cowboy Kostüm trat aus der Deckung.
Seine stechend blauen Augen, die dem Ozean glichen, musterten betrübt, als er sie dem Mann hinter mir zuwandte.
„Marston, hast du schon vergessen das dein Kind und deine Frau im Camp auf dich warten?" seine tiefe Stimme, die selbst eine Statur zum sprechen brach, klang zornig und jagte mir einen Schauer über meine Wirbelsäule.
John atmete sichtlich genervt aus, während sein heißer Atem meinen Nacken streifte, bevor er lässig vom Pferd sprang.
„Diese Frau kennt meinen Namen und wahrscheinlich auch den von den anderen!" der schwarzhaarige wich auf die schmutzige Anspielung von dem anderen aus und hantierte wild mit seinen Armen.
War auch besser so!
Der Mann mit den Ozeanblauen Augen, sah zwischen mir und John hin und her, als er seufzend seinen Finger und Daumen an seiner Stirn positionierte.
„Du Idiot!" stieß er zwischen zwei schweren Atemzug aus.
Verwirrt legte ich meine Stirn in Falten.
Auch John stockte in seiner Bewegung.
„Du bringst die Frau hier her ohne ihr die Augen zu verbinden? Dann schnürst du das Seil so eng zu, dass sie offensichtlich schmerzen hat und dann kommst du nicht einmal auf die Idee, dass sie vielleicht deinen Namen kennt, weil dein Name öfters in Valentine fällt, wegen deiner dummen Aktion?" der Mann verengte seine Augen zu Schlitzen und vernichtete John mit tödlichen Blicken.
Dennoch wunderte es mich, dass dem Mann meine Schmerzen nicht entgangen waren.
Die Seile schnitten tatsächlich in meine Haut, doch traute ich mich nicht etwas zu sagen.
Zeitgleich schlug ich mir innerlich vor die Stirn, denn die Ausrede, dass ich seinen Namen irgendwo aufgeschnappt hatte, wäre wirklich raffiniert gewesen.
„Arthur, sie ist davon gerannt, als ich sie gefragt hatte, dass ist wohl mehr als verdächtig." rechtfertige sich John und blickte mürrisch drein, doch der andere, der wohl den Namen Arthur trug, sah zu mir auf.
Ich schluckte schwer.
Dieser Arthur hatte etwas in seinen Augen, was mich nervös werden ließ.
Er krempelte kopfschüttelnd seine Ärmel seines blauen Hemdes hoch, richtete seinen verwahrlosten Hut, um dessen Krone ein schmales Seil gebunden war, als er in einem Satz vor mir stand.
Verunsichert biss ich mir auf die Unterlippe und stierte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Miss, ich entschuldige mich für diesen Idioten." raunte er und zeigte dabei auf John, der diese Bemerkung mit einem lauten „Hey!" kommentierte, als er seine Hände auf meine Taille platzierte und mich behutsamer aus dem Sattel hob.
Seine dunkel blonden Haare, die auf seinen breit gebauten Schulter lagen, berührten meine Nasenspitze und sein herber Geruch stieg mir in die Nase.
„Aber sie müssen verstehen, dass wir sie jetzt hier behalten müssen!" fuhr er fort und dabei aus seinem Waffengürtel ein schillerndes Messer zückte.
Panisch wankte ich einen Schritt zurück und prellte mit meinen Rücken gegen das Pferd, dass nur schnaubte.
„Keine Angst, ich will nur das Seil durchschneiden." seine raue Stimme klang mir gegenüber sanft, fast schon entschuldigend.
Schluckend nickte ich und streckte ihm meine Arme entgegen.
„Ich weiß nicht was ihnen der Idiot erzählt hat, aber wir bringen niemanden einfach so um und schon gar nicht Frauen. Das einzige was ihnen bevor besteht ist ein Gespräch mit Dutch und danach klären sich die Dinge von selbst." Arthur erklärte den Ablauf in einem bestimmenden und zugleich auch fürsorglichen Unterton, was meine aufsteigende Panik etwas besänftigten konnte.
Das zerschnittene Seil fiel ins Gras und schon rieb ich die Wundgescheuerten Stellen.
Dieser Arthur hatte eindeutig mehr Taktgefühl, als dieser John, der das Szenario stöhnend beobachtete.
Nichtsdestotrotz hallten mir die Worte durch meinen Kopf, dass sie niemanden einfach so umbrachten.
Also töteten sie, doch unter welchen Umständen?
Doch weiter konnte ich darüber nicht nachdenken, denn Arthur machte ein Handzeichen dass ich ihn folgen sollte, sowie auch John, der sich mittlerweile eine Giftstange angezündet hatte.
Krampfhaft überspielte ich den stechenden Schmerz an meinem Knöchel, den ich mir wahrscheinlich verstaucht hatte und folgte dem Mann im blauen Hemd unwissend ins Camp.

Zwischen uns die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt