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„Runa, ich weiß das dich die Bilder nicht loslassen, aber in dieser Zeit standen solche Grausamkeiten an der Tagesordnung."
Seufzend löste ich meinen starren Blick von den schneeweißen Orchideen, die im sanften Windzug spielerisch tänzelnden.
Bereits seit einem Tag lotste Dylan mich durch die nördliche Utopia, die uns zu den Grizzlies East führte.
Dort würden uns die besagten Indianer Reservate und die Antworten auf all unsere Fragen erwarten.
Dennoch sprühte ich nicht vor Euphorie oder empfand einen Hauch an Freude, stattdessen blitzten mir immer wieder die grausamen Bilder vor meinem geistigen Auge auf.
Martha, Charlotte... Misses LeClerk, Horley...
Immer wieder sprach ich ihre Namen gedanklich aus.
Mein Herz schmerzte und der eisige Geruch von Blut hatte sich in meinen Nasenhöhlen gebrannt.
„Wenn ich es richtig eingeschätzt habe, dann liegt vor uns nur noch ein halber Tagesmarsch... oder gar weniger."
Dylan steckte die Karte freudengrinsend zurück in die Innentasche seines verwitterten Mantels, als er neben mir auf dem abgeschlagenen Baumstamm platz nahm.
Da allmählich die Dämmerung einschlug, hatte Dylan den Einfall das wir bis zur Morgendämmerung in einem abgelegenen Wald nächtigen.
Natürlich bestand die Gefahr auf  unerwünschten Besuch von Wildtieren oder gar bös' gesinnten Menschen, die auf uns aufmerksam werden könnten, aber er versicherte, dass er die nötigen Kenntnisse besaß um uns zu verteidigen.
Im Endeffekt blieb mir sowieso nichts anderes übrig, als mein Leben ihm anzuvertrauen.
„Klingt doch gut." murmelte ich abwesender und heftete meine Iriden wieder an die Orchideen, an denen sich mittlerweile eine Spinne gehangelt hatte.
„Du musst das hinter dir lassen können, genauso wie ich es auch muss. Denn das hier ist nicht unser Leben... oder unsere Realität, dass hier ist eine fremde Welt."
Er seufzte hörbar und faltete seine Hände auf seinem Schoß ineinander.
„Was spielt das schon für eine Rolle? Trotzdem habe ich zugesehen wie Menschen ermordet wurden!"
„Dann stell dir vor, dass es nur ein Film war! Oder irgendein Trip!"
Scharf zog ich die Luft ein und schüttelte verständnislos meinen Kopf.
„Für dich ist das nur ein Film? Ein verdammter Film?" Natürlich wie konnte ich das nur übersehen haben, es muss wohl die neue 3D Vorstellung sein!"
Wütend sprang ich auf.
„Nennt sich der Film vielleicht: Zurück in die Zukunft? Natürlich die FSK 18 Version, in denen Menschen mit ECHTEN Waffen getötet werden, um die Spannung aufrecht zu erhalten!"
Dylan sah mich verwirrt an, fast schon erschrocken über meinen emotionalen Ausbruch.
Ich hielt inne und holte tief Luft.
Er kannte noch gar nicht den Film Zurück in die Zukunft, da er grad mal die ersten beiden Jahren der 80er miterlebt hatte.
Hatte ich ihn nun unbeabsichtigt gespoilert?
Mir entwich ein Lacher und umso mehr ich darüber nachgedacht hatte, desto mehr verfiel ich in einem unaufhörliches schrilles Lachen.
„Alles okay?"
Dylan runzelte seine Stirn und schien beinah schon besorgt über meine Psychische Verfassung.
„Mir ist grad nur bewusst geworden, wie absurd die ganze Geschichte eigentlich klingt." lachend strich ich die Tränen aus den Augenwinkeln.
„Ich... ich als Zeitreisende freundete mich mit Menschen an, die glaubten, dass der Mond aus Käse besteht. In meiner Zeit hätte ich solche Leute als verrückt abgestempelt!"
Kopfschüttelnd stemmte ich meine Hände in meine Taille.
„Und nun sind sie tot! Weil ich diese Zeit noch mit meiner Vergleiche! Ich denke nicht darüber nach, dass die Dinge hier anders liefen... oder laufen. Das klingt doch verrückt!"
Allmählich verzog sich mein Gesicht zu einem wehmütigen, als heiße Tränen über meine Wangen kullerten.
„Ich meine..."
Schluchzend hielt ich meine Hand vor meinen Mund.
„Ich habe sie wirklich gemocht."
Ein verbitterter Laut entwich meiner Kehle, während mein Körper wie Espenlaub zu zittern begann.
Noch bevor ich den Halt auf meinen Beinen verlor, sprang Dylan auf und zog mich in eine tröstende Umarmung.
Die Schreie, die enttäuschten Blicke, dass qualvolle Röcheln... all dies weckten in mir tiefverwurzelte Erinnerung empor.
Erinnerungen an einer Zeit, als ich diejenige war, die dass Blut verschmierte Messer in den Händen hielt.
Es bereitete mir eine Heiden Angst, die ich nicht zu bändigen wusste.

Zwischen uns die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt