Alles begann mit einem Trip durch Amerika und endete darin, dass ich im Jahr 1899 wegen eines Verdachts des Verrates an einem Baumstamm gefesselt wurde.
Wie absurd könnte mich diese Geschichte noch weiter in die Ruinen treiben?
Ich war wütend.
Verdammt wütend und enttäuscht!
Wie konnte ich glauben, dass dieser Arthur Morgan ein Gentleman sei?
Genauso ein Charakterlose Mann, wie dieser Kauz Micah und Bill.
Und Sadie?
Sie verachtete mich und misstraute mir.
Was hatte ich hier noch zu suchen?
Meinen Plan, zurück in meine Epoche zu finden, rückte in den vergangen Tagen in den Hintergrund, doch es führte kein Weg Drumherum.
Ich wusste, dass ich nicht für den Wilden- Western bestimmt war!
Immerhin wuchs ich im 2o.- bis in das 21. Jahrhundert auf.
Außerdem könnte mein Aufenthalt zu Komplikationen führen und sogar mein Leben kosten.
Mit verengten Augen beobachtete ich das heran treiben im Camp.
Mary und Tilly kicherten und tauschten sich über die wildesten Männergeschichten aus, während Karen und Miss Grimshaw aneinander rieten.
Wie oft gab es diese Zeitstrenge bereits?
Ich mein', bevor ich herkam.
All diese Menschen hier, müssten schon einmal ein Leben gelebt haben, doch ohne meine Anwesenheit.
Es war kompliziert und ging weit über mein Horizont hinaus.
Lebten in meiner Epoche vielleicht auch Menschen, die aus der Vergangenheit stammten oder gar aus der Zukunft?
Seufzend rieb ich meine Stirn.
Seitdem ich hier gelandet war, hinterfragte ich das Dasein eines Menschen's.
Mein Leben, mein Schicksal oder meinetwegen auch die Bestimmung, war der eindeutige Beweis, dass es Mächte gab, die unser Verlauf bestimmten.
Meine Iriden schweiften weiter durch das Camp.
Einige Männer spielten Poker, während andere Patrouille hielten und ein belangloses Gespräch führten.
Ob sie jemals einen Gedanken an Zeitreisen verloren hatten?
Wahrscheinlich nicht.
„Pa', schau mal!" klein Jack rannte freudenstrahlend zu John, der sich zuvor mit Hosea unterhielt.
Er hielt eine Schnitzfigur in der Hand, die er stolz in die Lüfte hielt und von seinem Vater bejubelt wurde.
Ob John und Abigail jemals darüber nachgedacht hatten, dass Camp zu verlassen?
Immerhin war Jack noch ein Kind und sollte ein gewaltloses Leben leben dürfen.
Mit meinen Fingerspitzen strich ich die verirrte Haarsträhnen aus meinem Gesicht, als ich mich auch kopfschüttelnd abwandte.
Diese Menschen waren nicht mein Problem!
Denn ich hatte meine eigenen Sorgen.
Sie hatten kein Funken an Mitgefühl, als ich am Baum geheftet wurde, also sollte ich mein Mitgefühl ebenfalls zurück schrauben!
Ein Pech, dass ich Arthur unbewusst vor einer Tuberkulose bewahrt hatte, als wir zu meinen Vorfahren geritten waren, denn vielleicht wäre er dann mal von seinem hohen Ross gestiegen.
Von wegen er würde die Dinge glasklar sehen, ein Scheiß tat er!
Seine Loyalität galt nur Dutch.
Stöhnend schloss ich meine Augenlider.
Schon wieder vergoldete ich meine Gedanken an Arthur.
So ein dummer Mann.
„Miss Downes, wohin des Weges?" eine krächzende Stimme erklang hinter mir, was meinen Zorn anstachelte.
„Lass mich in Ruhe, ich bin niemanden eine Rechenschaft schuldig!" keifte ich und drehte ich mich in einem Schwall herum.
Stechend- farblose Iriden musterten mich belustigt, wobei ich nur abwertend auf schnaubte.
War es schon ein Verbrechen, sich den Pferden zu widmen, die eindeutig ein paar Hirnzellen mehr besaßen, als dieser schmieriger Bill, dessen Hemd über seine Wampe spannte.
Wenn ich nicht aufpasste, schoss mir gleich ein Knopf um die Ohren.
„Ich befolge nur Dutch's Pläne und einer von denen ist; Behaltet Miss Downes im Auge!" provozierend zuckte er mit seinen Mundwinkeln, wobei seine abgefaulten Zähne unter den Sonnenstrahlen zur prachtvoller Geltung kam.
Mir wurde bei seinem Anblick übel.
Wortlos verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust und zog nur eine Augenbraue in die Höhe.
Wenn ich ihn mir so ansah, konnte ich vor meinem geistigen Auge vorstellen, wie er in meiner Zeit ein Betrunkener Narzisst repräsentieren könnte.
Die Anzeichen waren vorhanden, mal abgesehen von Micah.
Belustigt von meiner Fantasie biss ich auf meine Unterlippe und unterdrückte somit ein grinsen.
„... und Bill!" der Anführer der vor Eitelkeit blühte, rief den Namen von den schmierigen Kerl, der seine trostlosen Augen von mir riss und seinen Hals neugierig reckte.
„Was?" erwiderte er und wandte mir seinen Rücken zu, dabei fiel mir erst jetzt sein mächtiges Gewehr auf, dass lässig über seine Schulter hing.
Scharf zog ich die Luft ein.
Ich musste mich wirklich daran gewöhnen, dass es in dieser Zeit vollkommen normal war mit geladenen Gewehren durch die Weltgeschichte zulaufen.
Eine kühl-starke Windböe ließ das Laub erzittern und mein Haar wehen, wobei ich meine Arme um meinen Körper schlang.
In den letzten Tagen kühlte es rapide ab und selbst die Schwüle, die das Camp umgab, brach allmählich.
„Komm her!" meinte Dutch nur Augen verdrehend und winkte einige Männer hinter sich her, die ihm geschlossen ins Haus folgten, darunter auch Arthur, der mir einen flüchtigen Blick widmete.
So ein Angeber.
Als seine Ozeanfarbigen Iriden von mir abließen, streckte ich ihm die Zunge entgegen, doch im selben Atemzug erhaschte er meine Bemerkung und kommentierte diese mit einem hochnäsigen Stirnrunzeln.
Oh Gott... jetzt kam ich mir vor wie ein bockiges Kind.
Peinlich berührt stieg mir die Röte ins Gesicht.
Schnell kehrte ich um und streichelte eines der grasenden Pferde, dass mich mürrisch aus dem Augenwinkel musterte.
Hinter mir vernahm ich das Bill mittlerweile davon gestiefelt war.
Ein Glück... denn ich hasste diesen Mann.
Genauso wie Arthur!
Seufzend schloss ich meine Augen.
Es war doch zum Haare raufen.
Ich sollte mich darauf konzentrieren zurück in meine Epoche zu gelangen.
Die Indianer brachen mich hier her oder zauberten mich in diese Zeit.
Meine Gedanken schweiften zu Charles, der ebenfalls indianische Wurzeln in sich trug.
Er sagte zwar, dass er lange kein Indianerstamm mehr gesehen hatte, aber er wusste wo die Reservate waren.
Ich blies die angestaute Luft aus meinen Lungen und öffnete meine Augenlider.
Vielleicht war das der Knackpunkt!
Suchend nach Charles reckte ich meinen Hals in jede Richtung, als ich ihn am Lagerfeuer erhaschte.
Er aß den faden Eintopf und blies dabei Trübsal.
Wenn er mir den Aufenthaltsort verriet, könnte ich in Nacht und Nebel dorthin reiten.
Natürlich brach ich somit endgültig das Vertrauen zwischen mir und den Leuten aus dem Camp, aber dass wäre es mir wert, wenn ich somit ein Rückfahrtticket zurück in meine Zeit bekäme.
Ich straffte meine Schultern und stampfte zielstrebig auf Charles zu, der mich vorerst nicht bemerkt hatte.
„Miss Downes." seine Stimmlage klang kryptisch, während seine Stirn in Falten lag.
Ob er die öden Worte von Micah abkaufte, dass ich zu diesen O'Discroll's gehörte?
Räuspernd setzte ich mich gegenüber von ihm, während ich meinen neuen Lavendel- blauen Rock glatt strich.
Immerhin konnte ich mich in der zwischen Zeit zurecht machen.
So viel Güte besaßen diese Menschen hier.
Bravo.
„Ich wollte sie nochmals wegen den Indianer fragen." fing ich kleinlich an, während mich seine Iriden neugierig musterten.
„Sie erzählten mir doch von den Reservaten in denen sie leben. Ich meine, es muss doch schrecklich für sie sein! Leben sie denn noch weiterhin in einer ländlichen Umgebung oder in der Nähe einer Stadt?" meine Fragen waren alles andere als Diskret.
Mir war auch bewusst das Charles mir auf die Schliche kommen könnte, doch es gehörte zu meinen Plan.
Er war klug und dies beherzigte ich auch.
Seine Mundwinkeln zuckten für einen Moment nach oben und ein Hauch von einem Lacher entwich seiner Kehle.
„Miss, auf was wollen sie hinaus?"
Ich spürte das er mir gegenüber skeptisch war.
Natürlich, dass waren in diesem Moment alle.
Dank Arthur.
Enttäuscht über die Tatsache blies ich die angestaute Sauerstoff aus meinen Lungen, als ich mich wieder dem wesentlichen widmete.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht nach antworten suchen? Oder wieder zurück in mein altes Leben... Mein Leben und nicht dieses." unruhig rutschte ich mit meinen Hintern auf dem kratzigem Stamm herum und knetete meine feucht gewordenen Hände.
Wollte ich überhaupt zurück?
Zurück in mein Leben?
Erschrocken über die plötzlichen Gedanken schnappte ich nach Luft.
Natürlich!
Verdammt, ich gehörte nicht hier her.
Auch wenn die Dinge nicht einfacherer werden, musste ich mich ihnen früh oder später stellen.
Mein Plan, der so blöd war, taugte nichts, denn ich hatte gar keinen Plan.
Eher wirkte ich auf mich selbst wie eine unschlüssige Frau, die keinen Ansatz fand.
All dies hier überwältigte mich noch immer und dieser Anblick der toten Frau traumatisierte mich.
So als hätte sich dieses Bild in mein Hirn gebrannt.
„Glauben sie die Indianer haben etwas damit zu tun?" Charles rau- weiche Stimme holte mich aus meinen wirren Gedanken zurück.
Seine Kastanienbraunen Augen klebten weiterhin auf mein erbärmliches Ich-selbst, während ich seinen Blick verwirrt und mit offener Kinnlade erwiderte.
Unfähig einen Ton über meine Lippen zu bringen zuckte bloß ich mit meinen Achseln.
In diesem Augenblick, als ich vor Charles saß, schien es so, als hätte ich den Ernst der Lage erst jetzt begriffen.
Seit Tagen, wenn nicht sogar Wochen, die ich hier ausharrte, witzelte ich in Gedanken über die Vergleiche meiner Zeit und dieser.
Ich nahm die ganze Situation nicht ernst, zumindest schien es mir so.
Was war, wenn es gar keinen Weg mehr zurück gab?
Wie paralysiert schielte ich an Charles vorbei, der mit seinen Armen hantierte.
Eine Nacht lang wurde ich an einem Baum geheftet.
Erlebte eine Schießerei mit, in denen Menschen starben... wie die Fliegen.
Ein Vorfahre von mir, verliebte sich in mich und beinah hätte ich damit eine Reihe an Generationen ausgelöscht.
Und was tat ich?
Ich hatte die ganzen Ereignisse einfach so hingenommen und als wäre nichts geschehen weiter gemacht.
Mein Kopf dröhnte regelrecht bei dieser erschreckenden Erkenntnis.
Wie konnte ich nur so dumm sein?
Niemand würde mir helfen, denn sie kannten die Wahrheit nicht und selbst wenn, dann würden sie die mir nicht abkaufen.
Selbst ich zweifelte an meinen Verstand.
„...Miss Downes?" der Halbindianer schnipste wie wild geworden mit seinen Fingern.
Konfus blinzelte ich die Unschärfe vor meinen Augen davon und musste wohl verstörend drein geschaut haben.
„Entschuldige mich." murmelte ich und sprang, bevor er nachfragen konnte, auf.
Es nützte nichts, rein gar nichts.
Denn es war an der Zeit die Dinge selbst in die Hand zunehmen.
Zu lang ruhte ich mich aus und verlor dabei das wesentliche aus den Augen.
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Zwischen uns die Zeit
FanfictionDie junge Frau, Runa, suchte in den Wüsten von Amerika den Abstand zwischen sich und ihrer Vergangenheit. Dabei fand sie Unterschlupf bei der Familie MacFarlane, die ihre Ranch seit Generationen lieblich pflegten. Tessa, eine der Töchter von dem a...