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Die Hysterie brach im Camp aus, denn Jenny -ein Mitglied der Bande-, kehrte nach drei Tagen in den frühen Morgenstunden zurück, doch auf dem Hinterteil ihres Gauls lag bäuchlings ein fremder Mann, der sich unter schmerzenden Schreien windete und wandte.
Seine Hände waren hinter seinem Rücken gebunden und eine bluttriefende Wunde klaffte an seiner Wade.
Die Frauen waren in Aufruhr.
„Beruhigt euch, Ladys!" rief Misses LeClerk beschwichtigend in die Runde.
„Misses Tombstone wird einen guten Grund gehabt haben den Mann zu uns ins Camp zu führen."
Die Iriden der Blondine schweiften zu Jenny, die in diesem Moment aus dem Sattel sprang.
„Den habe ich, Misses LeClerk." säuselte sie nur und strich sich ihr pechschwarzes Haar zurück, dass von dem Pomade unter den tristen Sonnenstrahlen glimmerte.
Charlotte, Martha und ich beobachteten das Szenario jeweils mit hochgezogener Augenbraue.
Misses LeClerk winkte Horley zu sich, der noch konfus in der Türschwelle des mickrigen Gebäude stand.
War dieser Mann einer ihrer Rivalen?
Ich warf Charlotte einen fragenden Blick zu, den sie nur schulterzuckend kommentierte.
Anscheinend schien sie genauso Ratlos zu sein.
Seufzend schüttelte ich meinen Kopf und zog es in Erwägung mich meiner Arbeit zu widmen, bevor Misses Evans auf die Idee kam ihren Frust an mir auszulassen.
Außerdem hatten mich ihre Angelegenheiten nichts anzugehen.
Zielstrebig gelangte ich zum Vorratswagen der westlich des Camps weilte und schnappte mir den alten Lappen, der nur noch an wenige Fäden hing.
Es hatte sich genügend Geschirr gestapelt, dass ich abspülen konnte.
Suchend nach einem Eimer wandte ich mich herum und erhaschte ihn, wie er neben dem schmalen Beistelltisch stand.
Obwohl ich es bevorzugen würde mit Charlotte so früh wie möglich unsere Trainingsstunden fortzuführen, musste ich mich den lästigen Aufgaben beugen.
Vielleicht konnte ich meinen Rang erhöhen und mit genügend Kenntnis Kräuter sammeln oder auf Jagd gehen.
Denn hier gab es eine strickte Arbeitsordnung.
Die älteren Frauen wuschen die Wäsche, kochten oder sorgten für die Ordnung des Camps.
Die erfahrenen Frauen ritten häufig aus, wahrscheinlich um Wild zu jagen oder zu patrouillieren.
Martha strickte oder stopfte Socken.
Wiederum andere Frauen kümmerten sich um das Wohlergehen der Pferde.
Natürlich waren Horley und Misses LeClerk von solchen Arbeiten verschont und befassten sich mit anderen Dinge, die hinter verschlossenen Türen geschahen.
Es war nicht so, dass ich zu fein für solche Arbeiten war, doch ich spürte dass ich zu mehr fähig war.
Wenn ich schon nicht mit meinem Wissen aus der Zukunft prahlen durfte, dann konnte ich wenigstens rationaler an die Angelegenheiten rangehen.
Immerhin war ich sehr belesen.
Gedanken versunken tauchte ich den Eimer in das mit dem Wasser gefüllten Fass.
In ihrer Zeit gab es noch kein Spülmittel, sondern Kernseife, mit der man das Geschirr reinigte.
Auch wenn ich wusste, dass die Variante nicht wirklich hygienisch war, ignorierte ich den Fakt, um mir nicht den Appetit zu verderben.
Aus dem Gebäude vernahm ich hin und wieder ätzende Schreie des fremden Mannes.
Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was für Qualen er durchlebte.
Der Mann musste wohl ein Feind sein oder vielleicht war er genauso ein Widerling wie die zwei Männer, die mich verfolgt hatten.
Dennoch gefiel mir der Gedanke nicht, einen Menschen zu töten.
Man war kein Henker oder gar Richter, diese Entscheidung hatte man nicht zu treffen.
Diese Ansicht hatte ich auch bei dem ersten Zusammenstoß mit John.
Wenn ich etwas nicht vermissen würde, dann wäre es die unkontrollierte Gewalt.
Es genügte mir der gespenstische Herr Strauss, der es darauf angelegt hatte meinen Vorfahren das Geld aus ihnen zu prügeln.
Ein Glück das ich zur rechten Zeit anwesend war, doch zu gern hätte ich gesehen wie Arthur jämmerlich zu Grunde geht, da er sich höchstwahrscheinlich mit Tuberkulose angesteckt hätte.
Für einen Wimpernschlag hielt ich inne, als mir ein freches Lächeln über meine Lippen huschte.
Ich gab zu, dass solche Gedankenspiele eine Sünde war, doch sie hielten mich auf Trab.
„Runa, die weltbekannte Revolverheldin."
Charlotte wankte belustigt auf mich zu.
Grinsend schüttelte ich meinen Kopf und schrubbte den Teller unter dem milchigen Wasser blank.
„Und natürlich die Meisterin in Geschirr abspülen." fügte sie noch gewitzt hinzu und zuckte spielerisch mit ihren Augenbrauen.
„Halt die Klappe." lachte ich und warf den nassen Lappen in ihre Richtung, dem sie geschickt auswich.
„Knapp daneben ist auch vorbei." kommentierte sie meinen Wurf und hob den Lappen auf, als sie ihn mir wieder zurück ins Spülwasser warf.
Grinsend verdrehte ich meine Augen.
„Ich wollte dich fragen, ob du deine Schießstunden fortsetzen magst?"
Charlotte stützte ihre Hände auf den Beistelltisch und warf einen Blick in das Spülwasser, als ihre Kupfer braunen Iriden in meine lagen.
Verwundert zog ich meine Augenbrauen hoch und legte den Lappen beiseite.
„Gerne, aber Misses Evans wird mich köpfen wenn ich mich vor der Arbeit drücke."
„Ach, solang du dich sinnvoll beschäftigst kann sie dir gar nichts."
Sie zwinkerte mir vielsagend zu und entfernte sich einige Schritte, als sie mich hinter sich her winkte.
Für einen Moment verharrte ich, als ich mich geschlagen gab.
Flüchtig trocknete ich meine Hände an einem trockenen Tuch ab und eilte zu den grasenden Pferde, wo Charlotte bereits auf ihr Ross stieg.
Ich griff nach den Zügeln des braun gescheckten Mustangs und schwang mich ohne große Mühen in den Sattel.
Charlotte schnalzte mit der Zunge und ritt voraus, während ich ihr folgte.

Zwischen uns die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt