Selbstverletzung (2)

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Gerade habe ich wieder den Drang mich zu verletzen. Wir haben 01:34 Uhr, den 23.08.2021, und ich dachte, ich nehme diese Chance, um dir ganz genau zu erzählen, wie es mir physisch und psychisch geht und was generell gerade in mir vorgeht. Somit hast du einen gewissen, individuellen Überblick über die Verhaltensweisen eines Menschens, welcher unter Selbstverletzungsdruck steht.

Ich spüre einen sehr starken Druck in meiner Brust, der meine Schultern und Arme wie betäubt fühlen lässt. Ich fühle mich unwohl, drehe mich in meinem Stuhl hin und her und welze auf meinem Sitz, weil die innere Unruhe immer mehr steigt.

Nach 1-2 Minuten fangen an meine Gedanken und Gefühle wild zu spielen. Ich verliere langsam, sekündlich die Kontrolle über meine Gedanken und Gefühle. Egal, wie sehr ich gerade versuche, auf meinem Verstand zu hören und mir zu sagen, dass alles gut ist und die Selbstverletzung eine ganz schlechte Idee ist, ich habe jegliche Kontrolle über mein Ich verloren. Beziehungsweise stehe ich ganz knapp davor, diesen zu verlieren.

Gerade schreibe ich hier, um mich davon abzuhalten und zu warten, bis der Höhepunkt dieses Druckes und Unwohlsein schnell vorbeigeht. Ängstlich über das, was geschehen könnte, schreibe ich erstmal meine engsten drei Freunden. Sie gingen nicht ran, weshalb ich mich dem öffentlichen Krisenchat widmete, um nicht alleine zu sein. Sie helfen mir jetzt gerade im Moment noch, indem sie mir alle paar Minuten wieder schreiben.

Selbsthilfe ist so wichtig, in solchen gefährlichen, akuten Momenten des Lebens einer depressiven Person. Dementsprechend möchte ich mit meiner Seele so gnädig sein und ihr diese Hilfe schenken.

Dennoch ist es ein nervenaufreibender Prozess, den ich hier durchmache, um die Selbstverletzung zu vermeiden. Es lohnt sich, aber es bringt viel an emotionaler und körperlicher Energie mit sich, diesem Zwang stand zu halten.

Meine Beine fühlen sich gerade so an, als würden sie von zwei Metallpressen zerquetscht werden. Ich spanne sie konstant an und lockere die Muskeln. Dies wiederhole ich unkontrolliert, während ich still versuche, die Oberhand über meinen Verstand wieder herzukriegen. Meine Seite sticht mir gerade auch, weil ich ein leichtes Problem mit dem Atmen habe.

Gott sei Dank - Ich habe wenigstens keine Kopfschmerzen, wie sonst eigentlich auch. Doch gerade, um 01:57 Uhr, beruhige ich mich ganz langsam etwas. Ich spüre noch einen leichten Druck in meiner Brust, und ich weiß, ich brauche Ablenkung. Aber es geht. Ich kann dem solangsam wieder stand halten.

Nun tun mir meine Glieder etwas weh, sowie die Muskeln. Durch das ganze Anspannen und die körperliche Reaktionen in den letzten ca. 20 Minuten habe ich viel durchgemacht. Körperlich lässt es solangsam wieder nach, aber emotional muss ich mir noch helfen.

Doch, wie mache ich das? Vorallem zu so einer Uhrzeit, ohne Therapeut und trotzdem alleine?

Nun, ich habe eine kleine Tasche mit Gegenständen (Akupunkturringe, Bilder, Fotos, Steine, Gerüche etc.), die ich mit positiven Sachen/Erinnerungen verbinde. Ich beschäftige mich mit all den Gegenständen so lange, wie ich es brauche und lasse dabei meinen Gedanken jeglichen Freiraum. Somit beruhigt sich meine Seele oftmals. Aber auch durch das Aufschreiben von dem, was ich gerade durchmache und empfinde, hilft mir sehr bei dem gesunden Verarbeiten dieses Prozesses.

Nun, dies war ein kurzes und spontanes Kapitel. Dennoch hoffe ich, dir Nützliches und Sinnvolles damit entgegengebracht zu haben! :)

Mein Leben mit PTBSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt