Warum wollen wir sterben?

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Viele fragen sich, weshalb der Wunsch von psychisch kranken Menschen desöfteren ist, zu sterben. Unteranderem sind es oft Jugendliche sowie unerfahrene Erwachsene, die mir diese Frage oft gestellt haben. Nie habe ich wirklich gewusst, was ich darauf antworten soll. Nicht, weil ich nicht weiß, was die Gründe dafür sind, sondern weil es bei jedem einzelnen anders ist.

Dadurch, dass wir als Menschen alle unsere eigene, individuelle Geschichte haben, sind die Gründe auch unterschiedlich. Dennoch kann man diese grob unterteilen, was wir in den Psychologiestunden auch taten.

Wenn man mich aus der Perspektive eines PTBS-Patienten fragt, weshalb ich sterben möchte, antworte ich meistens:„Wofür lohnt es sich denn auf so einer Welt zu leben? Soll es das Lachen sein? Soll es die Liebe sein? Sollen es meine Ziele sein?"

Am Ende ist mir keines dieser Elemente mehr von Relevanz. Man sitzt auf diesen roten Sessel im Therapieraum, starrt nachdenklich auf einen Fleck auf dem Boden, sowie die Hände angespannt auf den Oberschenkeln abgelegt und versucht verzweifelt nach etwas Positiven zu suchen, woran man sich festklammern kann.

Als ich vor drei Jahren versuchte, mir selber die Pulsader aufzuschneiden, bemerkte ich reflektierend nach dieser Tat, dass ich damals nicht unbedingt sterben wollte. Meine Suizidversuche waren mehr ein Hilfeschrei, und ich suchte nach Sicherheit und Zuwendung.
Ich konnte so einfach nicht mehr weiterleben. Ich wollte dem schädigenden Umfeld entkommen, sodass der Tod einem wirklich als die einzige Lösung überblieb.

Deshalb ist es so wichtig für psychisch kranke Menschen einfach mal ein offenes Ohr zu haben. Wenn du bemerkst, dass es jemandem in deinem Umfeld schlecht geht. Wer weiß, vielleicht bewahrst du jemanden vor dem Suizid?

Vorallem Jugendliche sind so stark von leichten bis mittelschweren Depressionen betroffen. Gerade im Alter von 12-25 werden wir im Alltag mit so vielen Herausforderungen und Veränderungen konfrontiert, sodass wir lernen müssen mit diesen Sachen umzugehen. Wenn dir dies nicht gelingt, kann das ganz schnell in die depressive Schiene gehen. Unwillkürlich. Unkontrolliert.

Wenn ich als jetzige 16-Jährige über mein damaliges, ausgeprägtes, suizidales Verhalten reflektiere, bemerke ich noch was! Undzwar, dass sich die Todeswünsche ganz schleichend entwickeln. Am Anfang war es ganz simple der Wunsch seine Ruhe zu haben. Sei es von der Außenwelt, der Gesellschaft, der Familie oder von den Triggern. Dieser Wunsch nach Ruhe entwickelte sich schlussendlich zu einem starken Todeswunsch. Deswegen sind die meisten Menschen mit z.B. einer Major Depression ziemlich ruhig und zurückgezogen, da sie sehr viel am Nachdenken und Überdenken sind.

So habe ich das Verhalten in meiner Klinik bei depressiven Menschen jedenfalls beobachtet. :)

Wenn man jetzt individuell, speziell mich fragen würde, warum ich gerne sterben möchte, dann liegt es ganz einfach daran, dass ich die benötigte Kraft für das Überstehen dieses Lebens meiner Meinung nach nicht besitze.
Ich bin nicht mehr suizidgefährdet, aber der Wunsch schwirrt immernoch in mir. Ich bin nicht traurig oder hoffnungslos. Ich bin sehr glücklich und ein offenes Wesen.
Und wenn ich bei meiner Therapie oder in meinem Psychologiekurs darüber erzähle, werde ich desöfteren überrascht oder traurig angeschaut.

Aber der Wunsch nicht mehr leben zu wollen, muss nicht unbedingt etwas negatives sein. Es kann einfach etwas sein, was man als Mensch durch seine Erfahrungen in sich trägt, und meiner Meinung nach habe ich das Recht mir den Tod zu wünschen. Jeder hat das Recht sich diesen zu wünschen.

Deswegen sage ich dann anschließend immer:„Lasst uns darüber lächeln, anstatt den Tod zu etwas Traurigen zu machen. Schließlich ist dies ein Wunsch, wie jeder andere auch." :)

Wie ist denn deine Meinung über den Tod?

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