Antidepressiva & Ich

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Wie bereits in vorherigen Kapiteln erwähnt, sind mir Medikamente nichts Fremdes. Sie helfen anbei der Therapie zu einem schnelleren Heilungsprozess. Jedoch nahm ich bisher aufgrund meines jungen Alters immer nur pflanzliche Medikamente ein. So richtige Antidepressiva waren deswegen bisher nie ein Thema bei mir gewesen.

Bis vor paar Monaten und heute auch wieder. Seit letztem Jahr habe ich eine starke soziale Angst entwickelt, sowie Zwangsgedanken und depressive Verstimmungen und Ängste generell. Die waren bei mir nur teilweise oder gar nicht vorhanden. Nun denn, (eigentlich) seit meinem 15. Lebensjahr merke ich, wie sich dies bei mir drastisch steigerte. Ein ungewohntes und unwohliges Gefühl.

Draußen unter Menschen zu sein, lässt mich in einer konstanten inneren Anspannung stehen. Sei es in der Schule, im Bus oder Bahn oder ganz normal beim Spazierengehen. Ich entwickele sehr schnell Panik und extreme Ängste dabei. Wovor, fragst du dich vielleicht.

Naja, davor, dass man mich physisch angreifen könnte, mich die ganze Zeit verurteilend oder hasserfüllt anschaut, mich umbringen möchte und attackiert, über mich schlecht redet und ein falsches Bild von mir kassiert.

Wenn man mit diesen Gedanken im Alltag zu kämpfen hat, ist man logischerweise am Ende des Tages mehr als nur erschöpft und depressiv.

Doch was momentan mit meinen 17 Jahren so ziemlich ausgeprägt und auffällig ist bezüglich meiner psychischen Gesundheit, ist meine extreme Aggression, die ich habe.
Und damit meine ich nicht den Alltagsbegriff der Aggression, sondern einen anderen psychischen Zustand. Lass mich dir das kurz erklären.

Ich hege eine starke Aggression gegen mir selbst durch negative Gedanken, damals Selbstverletzung, Selbsthass etc. Doch diese Aggression verspüre ich mittlerweile durch Zwangsgedanken auch gegenüber wildfremden Menschen. Wenn ich im Bus bin und mir jemand zu nahe kommen würde, würde ich sehr wahrscheinlich sowas denken wie „Ich schlage ihn/sie gleich." oder „Ich bringe ihn/sie um, wenn sie/er sich mir annähert."

Verstehe mich nicht falsch. Ich bin kein bösartiger Mensch!!! Ebenso bin ich auch kein aggressiver Teenager in dem Sinne. Diese „Aggressionen", die ich habe, sind einfach nur verzweifelte Versuche meiner Psyche mit meiner sozialen Angst umzugehen. Sie sind wie eine Art Abwehrmechanismus, um mich vor Panikattacken, PTBS-Symptomen usw. zu schützen.

So funktioniert die menschliche Psyche eben. Sie lässt uns auch die verrücktesten Dinge fühlen und machen, um uns selber zu schützen. Auch, wenn sie nicht gerade direkt hilfreich, gut oder sinnvoll sind.

Um zum eigentlichen Thema wieder zu kommen: Vorallem aufgrund diesen genannten Punkten, werde ich demnächst wohl ein Antidepressivum einnehmen.

Welches es genau sein wird, weiß ich noch nicht. Ich weiß bisher nur, dass dies meine innere Angst lösen, meinen inneren Druck und meine Anspannung unter Menschen lockern soll.

Oder wie mein Psychiater es mir so schön gesagt:„Das Medikament sorgt dafür, dass du ein Stück weit so sein wirst, wie du als Mensch mit deiner Persönlichkeit ohne deine Krankheitsbilder eigentlich bist!"

Dieser Satz hat mir so Hoffnung geschenkt, sodass mein Herz in dem Moment zu pochen begann vor Aufregung. Es hört sich an wie ein Traum, wenn er dies so sagt. Einfach durch das Medikament (und der Therapie nebenbei) so sein zu können, wie ich ohne meine Ängste und Erkrankungen eigentlich wäre.

Jedoch bleibe ich sehr vernünftig, ernsthaft und realistisch. Ich weiß, dass dieses Antidepressivum keine Wunder bewirkt!
Ebenso kommen Nebenwirkungen in der Anfangsphase noch hinbei, wie z.B. die verstärkte Tendenz zum Selbstmord, höhere/niedrigere Sexualität, Kopfschmerzen, Magen - und Darmbeschwerden, Lichtempfindlichkeit usw...

Zu allererst muss ich nächste Woche zu einem EKG und einer Untersuchung meiner Blutwerte. Erkrankungen wie Herz - Rythmus - Störungen müssen ausgeschlossen werden. Auch meine Leberwerte, Lipase und Vitamine müssen alle stabil sein. Erst dann, darf ich ein Antidepressivum einnehmen.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich wirklich Angst vor dem EKG habe. Zumal ich noch nie eines machen musste... Mich halbnackt vor Ärzten legen zu müssen, ist mir einfach nicht gerade erwünscht... :D
Aber wenn ich diese Medikamenteneinnahme durchführen möchte, muss ich eben dadurch.

Natürlich kommen noch weitere Gespräche mit meinem Psychiater und meiner Therapeutin sowie meiner Erziehungsberechtigten (meine Mutter in dem Fall) hinzu, wo alles über den Verlauf der Einnahme, meiner Gesundheit, weitere Kontrolltermine beim Arzt und besondere Aufsicht bei meiner Therapeutin besprochen wird.

Was ich vergaß zu erwähnen, ist, dass ein Antidepressivum erst nach 4-6 Wochen Wirkung zeigt. Sprich, ich muss diese regelmäßig einnehmen und sehe erst nach einem Monat Ergebnisse. Falls Ergebnisse überhaupt vorhanden sind: Denn es kann auch sein, dass sich etwas verschlechtert in meinem Körper durch die Einnahme oder dass die Dosierung einfach nicht die Richtige war und sich nichts getan hat.

Man beginnt normalerweise mit einer niedrigen Dosierung und steigert sich langsam zu der Zieldosierung hoch.

Wie man sieht, bringt das ganze Thema „Antidepressiva" so seine ganzen Struggles und Aufruhr mit sich. Mein Psychiater meinte, dass er sich sicher ist, dass dieses Antidepressivum, was ich nehmen soll, mir von großer Hilfe und Unterstützung sein wird. Dennoch bin ich mir noch unsicher darüber, ob ich es nun wirklich einnehmen will. Klar, ich werde mein EKG und die ganzen Tests machen, aber ich bin mir einfach noch nicht 100%tig sicher, ob ich nun wirklich all die Strapazen auf mich nehmen will.

Abschließend wollte ich noch sagen, dass ich es einfach interessant und aufregend fand meine allerersten Erfahrungen mit Antidepressiva in diesem kleinen Tagebuch zusammenzufassen und der kleinen Welt hier alles davon zu erzählen bzw. Euch einen Teil von meinem Abenteuer sein zu lassen. :)

Mein Leben mit PTBSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt