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Ich drehe mich zu ihm, als ich spüre, wie meine Nasenflügel zu kribbeln beginnen. Es hat einiges an Zeit in Anspruch genommen, diese Idee mit den Zetteln zu formen, sie zu Papier zu bringen und aufzubauen. In den Erinnerungen zu schwelgen hat mir aber vor Augen geführt, dass er es wert ist.

Ich möchte ihn nicht verlieren, wegen allem, was wir durchgemacht haben und wegen dem, was wir gemeinsam noch erreichen können. Jedes Spiel erzählt seine Geschichte und ist auf eine Weise mit uns verbunden. An einem gewissen Punkt in unserem Leben hat es eine entscheidende Rolle gespielt, während wir uns eine Freundschaft aufgebaut haben, von der ich geglaubt habe, dass sie alles überbrücken kann und die uns schließlich dabei geholfen hat, einander auch auf einer noch tieferen Ebene zu vertrauen.

»Ich habe mich in den letzten Wochen furchtbar verhalten, und es tut mir unendlich leid, dass ich dich verletzt habe.« Er lässt die Hände sinken und sieht zu mir auf. Ich drehe mich in seine Richtung und würde am liebsten die Hand nach ihm ausstrecken und ihn an mich ziehen. Aber etwas in meinem Inneren hindert mich daran, und darüber hinaus die Couch, die noch immer zwischen uns steht. Wortwörtlich.

»Du hast mich einfach aus deinem Leben gestrichen, nach allem, was wir gemeinsam durchgestanden haben und was du mir versprochen hast.« Er senkt den Blick und lässt die Spielkarten auf das Sofa fallen. Langsam segeln sie nach unten, nachdem er vorsichtig mit dem Zeigefinger über sie gestrichen hat.

Ich nicke schuldbewusst und nestle mit den Fingern an meiner Bluse herum.

»Ich weiß, und es war der größte Fehler, den ich jemals begangen habe. Das musst du mir glauben.« Meine Stimme klingt weinerlich und ich kann nicht verhindern, dass meine Bitte wie ein Flehen klingt.

»Wie soll ich das, wenn nicht einmal weiß, weswegen du mich verlassen hast, Cassidy? Du hast einfach angefangen, mich auszuschließen.« Er fährt sich mit der Hand durch die Haare und kneift sich anschließend mit Daumen und Zeigefinger in die Nasenwurzel.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und lasse mich auf der Couch nieder. Ich möchte ihm alles erzählen. All die Zweifel, die ich an mir selbst gehabt habe. Und dafür muss ich mich setzen.

»Wie du weißt, habe ich mich für mehrere Praktikumsstellen beworben. Bei zwei von ihnen schien es mir unmöglich, einen Platz zu bekommen, bei der anderen hatte ich ehrliche Hoffnung. Meine Eltern hingegen waren sich schon sicher, dass ich bei allen drei genommen werde, weswegen jede einzelne Absage für sie unverständlich war. Sie haben es auf mich geschoben, dass die Kanzleien mich nicht wollen. Auf Fehler, die ich ihrer Meinung nach gemacht habe.«

Aspen runzelt die Stirn und stützt sich mit den Händen auf der Sofalehne ab. Die Fragezeichen stehen ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben und ich suche in meinem Kopf nach Worten, mit denen ich mich eindeutiger erklären kann. Der Ehrgeiz meiner Eltern und deren Erwartungen sind ihm nicht neu.

»Liam hätten sie trotzdem unterstützt und die Schuld nicht bei ihm gesucht. Bei mir fiel es ihnen leicht...« Aspen schüttelt langsam den Kopf und ich fahre mir mit der Hand über die müden Augen. Ich will nicht bis in meine Kindheit ausholen und alles noch einmal durchmachen müssen. Aber ich spüre, dass ich mich selbst mit meinen Versuchen, alles zu erklären, verwirre. Vielleicht ist es besser, einfach von vorne zu beginnen. Wenn ich eine Chance darauf haben will, dass er mir verzeiht, ist es wohl auch das Beste.

»Möchtest du dich setzen? Ich fange ganz von vorne an.« Ich klopfe mit der flachen Hand auf die freie Sitzfläche und sehe zu, wie er zögert. Er nimmt die Hände von der Lehne und verschränkt sie locker vor der Brust. Einige Sekunden vergehen, die mir unendlich lange vorkommen, bis er sich endlich dazu entschließt, meiner Aufforderung nachzukommen.

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