Geständnisse

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-Hallo Leseratten,
Ich habe eine kleine Ankündigung zu machen: Ich werde demnächst das Buch umbenennen. Es wird “Tränen von Blut“ heißen, für die, die keinen Namen auf Wattpad haben und es nicht in der Library haben:).
Viel Spaß beim Lesen!

Euer readerbunny01-

Ich weinte lange. Ich weinte um die tote Frau. Ich weinte um deren Familie, die sich solche Sorgen machen würde und ihr Leiche niemals finden würde. Niemals würde Abschied nehmen können, niemals die Gewissheit haben würde, dass sie tot ist. Vielleicht hatte sie Kinder? Oder war frisch verliebt?

Und ich weinte auch, und wusste selbst, dass das ziemlich egoistisch war, um mich, um mein bisheriges Leben. Denn eines war klar: Ich würde nicht an der Schule bleiben, nicht in Menschennähe. Ich würde fortgehen und ein Einsiedlerleben führen. Da stellte sich mir die nächste Frage: Würde ich sterben, wenn ich kein Blut mehr tränke? Und wenn schon. Besser selber sterben als andere Leute umzubringen.

Ich hätte vermutlich noch Stunden weitergeweint, wenn nicht auf einmal eine Stimme, die von Fassungslosigkeit nur so troff, flüsterte: „Oh mein Gott."

Ich wollte niemanden sehen, trotzdem schaute ich auf. Und da stand er. Zwischen den feuchten Blättern, die in der aufgehenden Sonne glitzerten und glänzten. Es war ein himmlischer Anblick.

Cole.

Das einzige Störende war sein Gesichtsausdruck. Es lagen so viel Abscheu und Unglauben in seinem Blick, dass es mir das Herz zerriss. Jedenfalls fühlte es sich genau so an. Aber wenn man ihn näher betrachtete, sah man, dass er diese Gefühle nur als Mauer benutzte. Dahinter lagen ganz andere Emotionen, die er uns nicht preisgeben wollte, die ihn schwächer wirken ließen: Schmerz, Sehnsucht und Enttäuschung. Und auch Angst.

Er bedachte uns mit einem hassvollen Blick und drehte sich um. Ich wollte nicht, dass er uns so den Rücken kehrte. Ich wollte nicht, dass er uns hasste. Ich sprang auf und lief ihm nach. Jace blieb sitzen.

Hier kannte ich mich überhaupt nicht aus. Der Wald war ziemlich unwegsam, was jedoch mein Glück war, denn so war Cole nicht schneller als ich.

„Jatzt warte doch mal!", rief ich, doch er ging einfach weiter.

„Es ist okay, dass du mich jetzt hasst. Ich kann das total verstehen. Glaub mir, ich hasse mich mehr als du. Aber Jace hat die Frau nicht getötet. Er hat sie am Leben gelassen. Ich hab sie umgebracht!"

Endlich blieb er stehen. Wir waren mittlerweile am Waldrand angelangt. Allerdings auf der anderen Seite, sodass wir die aufgehende Sonne sehen konnten. Der Wald endete auf einer Hügelkuppe und vor uns ging es relativ steil bergab. Ich musste erst einen Augenblick innehalten und die Aussicht genießen. Die Hügel, die Wälder, die Flüsse. In diesem Teil des Landes gab es nicht viele Städte oder Dörfer. Dann wurde ich mir wieder meines Aussehens bewusst. Das war wahrscheinlich nicht das beste Outfit für eine anständige Unterhaltung. Vor allem, wenn man von oben bis unten voller Blut war.

„Ich hasse dich nicht", sagte Cole und drehte sich zu mir um.

„Tust du nicht?" Ich schaute ihn verblüfft an.

„Nein. Genauso, wie ich Jace nicht hasse oder abstoßend finde. Oder seinen Vater", meinte er. „Es tut mir leid, wenn ich diesen Eindruck vermittelt habe. Ich will dir erzählen, warum ich so reagiert habe. Wie du ja bereits weißt, war ich am Anfang klein und schwach und immer das Opfer. Nur Jace kümmerte sich um mich. Er war immer wie der große Bruder, den ich nie hatte, auch wenn er jünger ist als ich. Jedenfalls wollte ich ihm auch helfen. Als der Vampir in ihm erwachte, verletzte er versehentlich einen anderen Schüler und ich sagte, ich wäre es gewesen, damit man ihn nicht von der Schule verwies. Mein Vater ist nämlich ein ziemlich hohes Tier, auch was die Sponsoren betrifft und so. Bei mir hätten sie es nicht gewagt, mich zu schmeißen. Danach war mein Ruf natürlich nicht mehr zu retten und alle hatten Angst vor mir. Du kennst bestimmt die Gerüchte. Nicht mal die, denen ich geholfen und die ich beschützt hatte, als ich mich verwandeln konnte, wollten länger als zwei Sekunden in meiner Nähe sein. Aber ich hatte ja noch Jace. Nach dem Vorfall fühlte er sich schrecklich. Genau wie du jetzt. Ich versuchte, ihn so weit wie möglich zu unterstützen. Doch er hatte zu viel Angst vor sich selbst und davor, die anderen zu verletzten oder sogar zu töten. Er ist dann schließlich gegangen, er hatte ja dann bald seinen Abschluss, und hat mich allein gelassen. Also wirklich alleine. Es wollte ja niemand was mit mir zu tun haben, verstehst du? Also wurde ich der einsame Ritter."

„Das tut mir leid", murmelte ich betreten.

„Dann ist er wieder aufgetaucht. Offensichtlich hat er irgendwo gelernt, sich zu kontrollieren. Und dann kam Finn, um den ich mich kümmern konnte. Und du warst dann plötzlich auch noch da. Ganz neu und ohne Freunde. Aber auch ich hab gesehen, dass du anfangs Angst vor mir hattest..."

„Genau. Hattest. Ich hab keine Angst vor dir", sprach ich eindringlich, „jetzt hab ich dich ja kennen gelernt."

„Ja genau", sein Tonfall klang bitter und tränenerstickt. „Und jetzt wirst du auch gehen, nicht wahr? Glaub mir. Ich hab es in deinen Augen gesehen. Du kannst dich nicht rausreden. Es stimmt doch, oder? Willst du gehen?"

Ich brachte keinen Ton hervor, aber Cole war es Antwort genug. Enttäuscht ließ er die Schultern nach unten sacken und schüttelte den Kopf.

„Ich will nicht, dass du gehst", flüsterte er flehend.

Jetzt fand ich meine Stimme wieder: „Aber ich kann doch nicht hierbleiben. Bis ich gelernt habe, mich zu kontrollieren, könnte ich schon tausend Menschen umgebracht haben. Wie ich mich verwandeln soll, hab ich ja auch jetzt noch nicht gelernt. Bei vielen ist es ja so, dass sie nicht wissen, wie sie es aufhalten sollen. Ich weiß nicht mal, wie ich mich verwandeln soll. Es ist zu gefährlich, Cole." Inzwischen liefen mir schon wieder Tränen die Wangen hinunter.

„Hey", sagte er beruhigend, „okay. Dann nimm mich aber mit, ja?"

„Ich kann dich aber nicht mitnehmen. Für dich ist es genauso gefährlich! Wieso willst du nicht hierbleiben? Du hast doch noch Jace und Finn!"

Er sagte nichts, schaute mich nur aus zusammengekniffenen Augen an.

Er machte einen Schritt vor, legte die rechte Hand an meine Wange und wischte darüber, um die Tränen abzuwischen. Dann küsste er mich.

Trotz des Blutes, trotz der durchnässten Wangen.

„Weil ich dich liebe."

Bildquelle: https://www.hochzeitsfotograf-mallorca.com/wp-content/uploads/2013/11/heiraten-mallorca-son-marroig-0040.jpg

Tränen von BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt