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Ich zitterte wie Espenlaub. An meiner Schulter war es feucht. Ganz langsam blinzelte ich. Ich hatte seine Berührung nicht bemerkt, aber Cole hielt mich im Arm. Es war, als wäre um mich herum eine isolierte Schicht die es mir nicht ermöglichte, etwas anderes zu fühlen, als das, was ich am Leib trug.
Cole weinte. Ich wusste, warum er weinte, aber ich konnte es nicht nachempfinden. Jace war nicht tot, das hätte ich doch irgendwie merken müssen. Oder nicht?
„Hey, Cole“, flüsterte ich schwach.
Er drückte mich noch fester an sich.
„Er ist tot“, flüsterte er, „Jace.“ Seine Stimme versagte und war ganz heiser. „Tot, er ist tot, Mira. Jace ist tot. Tot. Jace. Ich kann... Ich kann nicht. Jace. Tot.“ Er flüsterte die Worte ohne ersichtlichen Sinn. Seine Schultern bebten unaufhaltsam und er drückte mich immer fester an sich und wiegte uns hin und her. Es war nicht angenehm, eher wie in einem Schraubstock. Meine Haut war so wund, dass ich nichts merkte und der Schmerz in meiner Brust war noch nicht weg. Es war ein körperlicher Schmerz, kein seelischer.
Wir waren in Julians Wohnzimmer. Im Kamin brannte Feuer, aber die Wärme erreichte mich nicht. Mein Blick wanderte zu dem Sofa, auf dem Jace lag. Der Holzpflock befand sich nicht mehr in seiner Brust. Seine Augen starrten leer zur Decke, aber sonst sah er aus, als schliefe er. Genau, wie es bei Julian gewesen war. Vor meinem inneren Auge sah ich Cole dort liegen, mit einem ebenso erschrockenen Ausdruck im Gesicht.
Ein neuer Schmerz durchfuhr meine Brust und ich konnte das Aufstöhnen nur schwer unterdrücken. Dann wurde meine Aufmerksamkeit von etwas ganz anderem abgelenkt. Mein Kopf lag auf Coles Schulter. Nur wenige Zentimeter trennten meine Zähne von seinem Hals. Oh nein, das konnte ja wohl nicht wahr sein.
Ich zappelte, bis ich frei war und begab mich zur anderen Seite des Raumes. Dort legte ich meine Stirn gegen die kühlen Steine der Wand. Kontrolliert atmete ich ein und aus. Die Folge war noch mehr Schmerz.
Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Ich fuhr herum. Es war Linda. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie auch im Raum war. Sie hielt mir ihren Arm entgegen. Dankbar nahm ich ihn und trank ihr Blut. Ich trank so viel wie sie vertragen konnte, zu verlieren. Es war nicht mal die Hälfte ihres Blutvolumens. Ich hätte gut und gerne alles austrinken können. Als die Schmerzen in der Brust einigermaßen erträglich wurden, wurde mir schlecht. Es reichte nur ein Bild, das vielleicht nicht mal echt war. Zum Beispiel Veronica, die mit offenem Hals auf der Straße lag, um in mir einen Brechreiz auszulösen. Am schlimmsten waren die Erinnerungen an Coles Arm, wie ich ihn rücksichtslos aufgerissen und sein Blut getrunken hatte. Das widerte mich immer wieder so an, dass es mir das getrunkene Blut fast hochkam. Nur mit Mühe konnte ich mich zurückhalten, alles wieder hervorzuwürgen. Ich schaffte es nicht, die Substanz, die meine Mundwinkel verklebte, abzulecken. Stattdessen wischte ich mir mit meinem Handrücken über die Lippen, doch ansehen konnte ich den rötlich glänzenden Faden, der sich nun quer darüberzog, nicht. Also wischte ich meine Hand an meiner Hose ab. Dann sah ich zu der Sofaecke zurück. Cole hatte seinen Kopf in seine Hände gestützt und zitterte noch immer. Ich ging zu einem Sessel und setzte mich. So gern ich Cole geholfen und ihn getröstet hätte, im Moment, so dachte ich, könnte ich keine Berührungen ertragen. Ich starrte zu Jace. Linda verließ den Raum.
Irgendwann ging auch Cole ohne ein Wort zu sagen. Nun war ich allein mit Jace. War er überhaupt noch hier?
Ich ging zu ihm, hockte mir neben das Sofa und nahm seine Hand. Sie war nicht mal kalt.
„Ach Jace“, seufzte ich. „Wieso bist du nur gegangen?“ Richtige Trauer verspürte ich allerdings nicht. Es war eine nüchterne Distanz, mit der sowohl mein Verstand als auch mein Herz arbeiteten. Vielleicht arbeitete es überhaupt nicht. Und mein Verstand auch nicht, denn er gaukelte mir schon Dinge vor, die gar nicht sein konnten. Zum Beispiel, dass Jace meine Hand drückte, aber er war ja schließlich tot. Wahrscheinlich war das alles nur Wunschdenken.
Ich legte meinen Kopf auf seinen Bauch und schloss die Augen.
Irgendwann musste ich weggedämmert sein, sonst hätte ich nicht wieder aufwachen können. Jedenfalls wurde ich wach, weil mir jemand über die Haare strich. Ich blinzelte und öffnete die Augen schließlich ganz. Obwohl sie nun offen waren, traute ich ihnen nicht. Trotzdem musste ich unwillkürlich lächeln. Tief im Innern hatte ich es doch gewusst.
-Hallo Leseratten,
Ihr könnt euch über ein neues Kapitel freuen! Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kapitel schneller kommen, wenn ihr viele schöne Kommentare schreibt. Das liegt nicht daran, dass ich euch erpressen wollte, oder so. Der einfache Grund ist: Wenn man tolle Kommentare bekommt, freut man sich total und dann hat man viel mehr Motivation, weiterzumachen. Die, die selbst ein Buch schreiben und veröffentlichen, wissen, was ich meine...:)
Also: Voted und kommentiert kräftig weiter. Viel Spaß beim Lesen!Euer readerbunny01-
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Tränen von Blut
ParanormalMira geht nicht auf eine normale Schule. Sie ist auf einer Schule für Gestaltenwandler. Das heißt: Jeder in ihrer Klasse kann sich verwandeln, aber in verschiedene Tiere. Kein Tier gibt es doppelt. Bis Jace an die Schule kommt. Er ist ein Panther, g...