Mörder

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Bildquelle: http://spruchbilder.com/12207/spuren

Es war mehr ein Zufall, dass wir nicht denselben Weg einschlugen wie Emma, Linda und Lorelay, sondern den wie Marlene. Sie hatte sich von den anderen abgesondert, um einen Anruf entgegen zu nehmen.

„Wie sehen die weiteren Pläne aus?“, fragte sie gerade in den Höhrer. Cole blieb sofort stehen und bedeutete uns, leise zu sein. „Wer kommt als nächstes dran?“

Mein Herz schlug sofort schneller. Wenn Marlene wirklich den Mord an Julian verübt hatte, telefonierte sie vermutlich gerade mit ihrem Arbeitgeber. Zu schade, dass wir nicht hören konnten, was die Person am anderen Ende der Leitung sagte. Das hätte uns wichtige Informationen geben können.

Ich schaute zu Jace. Er war noch blasser geworden. Um zu verhindert, dass er gleich auf Marlene losging, nahm ich seine Hand und drückte sie leicht. Als er sich daraufhin zu mir umdrehte, mahnte ich ihn mit einem bedeutungsvollen Blick.

„Bist du sicher? Er ist doch noch gar kein richtiger Vampir... und außerdem passt Jace ständig auf ihn auf... Ich... Nein! Nur, Jace ist sehr stark. Körperlich und geistig und jetzt, wo sie alle wieder da sind, wird es wohl schwierig, ihn alleine anzutreffen... Ja! Gut, okay. Ich geb mein bestes, um beide zu töten...“

Dann legte sie auf. Ich hatte nicht bemerkt, wie ich Jace' Hand immer fester gehalten hatte und sie jetzt regelrecht quetschte. Er schien es nicht zu merken. Jace starrte auf die Lichtung, auf der Marlene stand, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er wirklich hinschaute. Seine Kieferknochen mahlten und seine Hand quetschte meine genauso wie meine seine, was ich allerdings erst jetzt bemerkte, als ich aufhörte zu quetschen.

Wenn ich das richtig verstanden hatte, waren Finn und Jace als nächste Opfer vorgesehen.

Marlene blickte sich noch einmal um und ich hielt unwillkürlich die Luft an. Sie schien uns nicht zu entdecken und ging durch den Wald richtung Emmas Haus.

Ich schaute zu Cole. Sein unsicherer Blick galt allerdings nicht mir, sondern Jace. Dieser brauchte einige Sekunden, bis er sich aus seiner Erstarrung löste. Die Worte, oder eher wie er die Worte sagte, jagten mir einen kalten Schauer über den Rücken.

„Sie hat meinen Vater getötet.“ Er klang so, als würde er gleich erneut in Tränen ausbrechen, aber gleichzeitig einen Wutanfall bekommen. Seine Stimme versagte fast und war ganz leise und zittrig, als hätte er sich kaum unter Kontrolle. Wahrscheinlich hatte er sich auch kaum unter Kontrolle. Sein Gesichtsausdruck war angespannt und er war blass. Seine Augen waren feucht und glasig von Trauer, aber gleichzeitig wild wie die eines Tieres, voller Hass, und sie waren rot. „Sie ist ein Mörder.“

Ich wollte seine Hand loslassen, aber er hielt sie zu fest. Es tat schon weh, denn als Vampir hatte er auch mehr Kraft. Ich überwand allen Schmerz, trat vor ihn und legte meine andere Hand an seine Wange.

„Jace, denk doch mal nach. Wenn wir sie jetzt töten, wird sie uns nicht mehr zu ihrem Arbeitgeber führen können. Er wiederum wird jemand neuen schicken und unser Gegner hätte ein neues Gesicht. Außerdem wollte sie es vielleicht gar nicht tun, sondern wurde von ihm gezwungen. Wenn wir die Gefahr abwenden wollen, müssen wir ihn finden und ungefährlich machen“, sagte ich mit ruhiger, eindringlicher Stimme.

„Das ist ja noch schlimmer“, stieß er hervor. Ich blickte nur verständnislos drein. „Das ist ja noch schlimmer, wenn sie ihn grundlos getötet hat.“ Seine Stimme war zwar immer noch nicht ganz da, aber seine Augen waren nicht mehr rot, ein Teil seiner Anspannung fiel von ihm ab und ich merkte, dass er mir glaubte und vertraute. Auch meine Hand ließ er wieder los. Ich umarmte ihn einmal ganz fest. Auf ihn mussten wir nun ganz besonders aufpassen und das nicht nur, weil es Marlene auf ihn abgesehen hatte.

Wir entschieden, dass Cole mit Jace und Finn schon einmal zurück zur Schule gehen sollte. Es war uns zu riskant, Jace in Marlenes Nähe zu lassen, zumindest für den Moment. Er musste sich erst einmal beruhigen.

Ich ging zum Haus und stieß dort auf die anderen. Sie hatten Tische, Bänke und Stühle nach draußen geräumt.

„Jace und Cole werden nicht mehr kommen. Sie sind schon mal zur Schule gefahren“, sagte ich. Dann fiel mir auf, dass Emma ganz alleine auf einer Bank saß. Sie kam mir sehr alleine vor. Niemand hielt sie im Arm oder tröstete sie. Ich ging zu ihr, setzte mich neben sie und legte meine Arme um ihre Schultern. Sie lehnte sich sofort an mich und ich merkte, wie erleichtert sie war, jemanden zu haben, an den sie sich lehnen konnte. Ich konnte mich glücklich schätzen, dass ich nun auch so jemanden hatte, nicht so wie früher im Kinderheim. Ich strich ihr langsam über den Rücken.

Mein Blick wanderte zu Marlene. Sie saß auf einem Stuhl am Tisch. Unsere Blicke kreuzten sich.

In diesem Kampf waren wir im Vorteil.

Wir wussten, was sie vorhatte, aber sie wusste nicht, dass wir es wussten.

Tränen von BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt