Halbvoll oder halbleer?

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Er lebt noch. Das heißt wir müssen es beenden. Verdammter Dreck! Sofort lässt der ältere der beiden Brüder das Messer sinken und hockt sich zitternd neben Ronald, wie auch ich mich.

„Es tut mir Leid, es tut mir leid, ich habe doch versprochen dich zu beschützen, es tut mir leid Ron, bitte verzeih mir, ich wollte doch auf dich aufpassen, dafür sorgen, dass du ein einigermaßen schönes Leben hast. Ich... ich... Ich wollte das nicht, es tut mir Leid, verzeih mir bitte!", schluchzt er und hält die Hand seines sterbenden Bruders. ,,Es ist schon gut- Du musst dir keine Gedanken machen... Es gibt nichts zu verzeihen... du... Du bist der beste Bruder, den man sich wünschen kann... Dank, dank dir hatte ich bis zum Ende ein wunderschönes Leben... Selbst nachdem... Du weißt schon- Nachdem Mama und Papa.... ich... Danke, ich... Es tut weh, aber ich möchte zu Mama und Papa... Du schaffst das hier auch ohne mich... Und, und wenn du dir um mich keine Sorgen machen musst und nicht immer auf mich aufpassen musst... Schaffst du das... ganz... sicher.... ich, ich liebe... Ich liebe dich großer... Bruder... vergiss... das nie", flüstert er leise mit letzter Kraft, ehe sein Kopf zu Seite kippt und seine Hand erkennbar in der von Bill erschlafft.

„Nein! NEIN! Ron! NEIN!....", weinend klammert sich Bill an den Körper seines Bruders mit der verzweifelten Hoffnung auf ein Lebenszeichen. „Ich werde nie aufhören mir Sorgen um dich zu machen... Du bist doch mein kleiner Bruder und ich muss dich doch beschützen... Bitte komm zurück und lass mich nicht allein! BITTE!", fleht er. „Bill, wir müssen-" „NEIN!", unterbricht er mich und klammert sich an seinen mehr oder weniger toten Bruder. „Wir müssen verhindern, dass er sich verwandelt und weiter machen. Es bringt nichts jetzt in Trauer zu verfallen! Wir können nichts mehr für ihn tun und selbst wenn, dass bringt ihn jetzt auch nicht mehr zurück. Er ist jetzt mit Sicherheit an einem besseren Ort und sei doch mal ehrlich, auch wenn es schwer ist. So ist es doch besser für ihn, er ist jetzt bei euren Eltern und muss nicht mehr um sein Überleben kämpfen. Und du bist auch nicht allein. Wir bleiben bei dir, versprochen!", versuche ich vorsichtig ihn zu trösten, da man ja nie weiß, wie jemand nach bzw. in einer solchen Situation reagiert und ihm Vernunft einzureden, obwohl auch mein Blick betreten am Boden haftet. Ich hätte sie nicht mit hier hoch bringen sollen.

Noch immer weinend schluchzt er: „Können wir ihn wenigstens beerdigen?" und schaut mich mit großen, traurigen, irgendwie hoffnungslos wirkenden Kulleraugen an. „Natürlich... soll ich?... Du weißt schon...", meine ich und deute auf seinen Bruder. Mit einem Nicken wendet er sich ein letztes mal an ihn. „Es tut mir leid, dass es so kommen musste, kleiner Bruder... Wo auch immer du bist, ich werde dich finden und dann sind wir wieder vereint... Ich habe dich lieb Ronald." Damit wendet er sein Gesicht ab, lässt aber die Hand seines Bruders nicht los. Ich atme tief ein und hebe dann mein Messer, welches ich zuvor neben mir abgelegt habe. Mit meiner freien Hand, richte ich den Kopf von Ron so, dass er nach oben schaut und schließe seine Augen. Ich halte ihn fest, atme noch mal tief ein und aus und beende sein Leiden dann ganz. Als ich dies tue, spüre und höre ich wie die metallene Klinge des Messers, die Schädeldecke des 16-Jährigen mit einem unappetitlichen Knackgeräusch spaltet und letzten Endes in sein Gehirn eindringt, sodass sich diese Krankheit nicht weiter in ihm ausbreiten kann.

Als ich das Messer wieder entferne sage ich erstaunlich nüchtern zu Jesper: „Schau bitte, ob du ein Lacken findest, in das wir ihn wickeln können... Wenn du eins gefunden hast, dann geht ihr beide runter in den Wagen. Ich schaue mich noch schnell hier um. Wenn ich wieder hier bin schauen wir, dass wir einen schönen Platz für ihn finden und dann fahren wir wie geplant Richtung Atlanta.", beschließe ich und richte mich auf. „Wir schaffen das!", sage ich eher zu mir als zu den Anderen, aber dennoch hören sie es.

Nach wenigen Minuten kommt Jesper mit einem alten Betttuch zu uns und wickelt Ron vorsichtig in diesem ein, ehe er ihn aufhebt. „Lass ihn los, Bill. Geh schon mal zum Auto, ich bin direkt hinter dir.", höre ich ihn noch sagen und dann verschwinden die beiden auch schon. Seufzend schaue ich mich vorsichtig, um nicht auch noch als Futter zu enden, in der Wohnung um. Ein paar Medikamente, überwiegend Schmerztabletten und noch eingeschweißte Verbände landen als erstes in meinem Rucksack. Zwei Dosen Ravioli, welche ich der Küche gefunden habe stopfe ich, gemeinsam mit der Erdnussbutter und einer einsam auf dem Tisch stehenden Dose Mais ebenfalls in diesen. Gerade als ich die Tür zum letzten Raum öffnen will, höre ich abgehacktes Gestöhne aus dem inneren. Sofort ziehe ich mein Messer und leuchte dann mit meiner Taschenlampe in den dunklen Raum hinein.

Together or not at all - The Walking Dead (Daryl FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt