Kapitel 01

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"Lächeln!"

Meine Bücher fallen mir vor lauter Überraschung fast aus den Armen, als ich das vertraute Klicken einer Kamera höre. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und sehe meine beste Freundin Chloe, die die neueste Canon-Kamera vor ihr lächelndes Gesicht hält.

Sie lacht, dreht die Kamera um und schwenkt sie leicht, sodass ich kaum, das wahrscheinlich schreckliche Bild von mir auf dem Bildschirm sehen kann.

"Ich denke, das hier, sollte auf das Cover des Jahrbuchs." Summt sie mit einem verschmitzten Lächeln.

Ich schaue mir den kleinen Bildschirm genauer an und erschaudere über das Bild, das sie aufgenommen hat. Ich war gerade dabei finster dreinzuschauen, als sie es aufnahm, und meine Lippen sehen aus, als wären sie schlecht zusammengenäht worden. Meine dunkelbraunen Augen sind zusammengekniffen, weil ich offenbar gerade blinzeln wollte, und irgendwie hat sie es geschafft, mich mit einem völlig schielenden Blick einzufangen. Mein schokoladenbraunes Haar, für das ich mir heute Morgen die Mühe gemacht habe, es zu glätten, sieht jetzt verwuschelt und kraus aus, und ich weiß genau, dass es vor ein paar Sekunden noch nicht so aussah.

"Ich verstehe ja, dass ich kein fotogener Mensch bin, aber echt jetzt?" Ich grunze und wende meinen Blick von dem Bild ab, um meine Bücher wegzulegen, da mein Arm von dem Gewicht zu kollabieren droht.

Chloe lacht, schaltet ihre Kamera aus und legt sie sorgfältig in ihre Tasche, die sie immer um die Schulter trägt. "Es ist nicht das schmeichelhafteste Bild aller Zeiten, nein. Aber die Kamera hat gelogen, du siehst heute wirklich gut aus.", macht sie mir ein Kompliment.

Ich lächle sie an und schaue dann an meinem Outfit herunter. "Danke, ich habe mir heute Morgen Mühe gegeben, ob du es glaubst oder nicht."

Ich entschied mich für eine schlichte helle Jeans, einen dunkelbraunen Gürtel und Ankle Boots und trug dazu den unbequemsten Pullover der Welt. "Ich hätte allerdings einen weicheren Pullover wählen können.", murmle ich, während ich mich an den Armen kratze, weil der Stoff Ausschlag-artiges Jucken auf meiner Haut verursacht.

"Nächstes Mal solltest du die Soft and Sexy-Abteilung von American Eagle ausprobieren.", sagte Chloe, die sich abmüht, den Objektivdeckel auf ihre Kamera zu setzen. "Die sehen vielleicht nicht immer ganz sexy aus, aber sie sind weich.", sagt sie und setzt den Deckel endlich auf.

Die Leute sagen gerne, Chloe und ich sähen aus, als wären wir Schwestern. Wir haben beide die gleichen braunen Augen und die gleichen braunen Haare, unsere Gesichtsformen sind sich erschreckend ähnlich; man könnte sogar unsere Nasen vertauschen und niemand würde den Unterschied bemerken.

Was jedoch unsere Persönlichkeiten angeht, darin unterscheiden wir uns kolossal.

Chloe ist ein bisschen zurückhaltender als ich. Wenn es um Jungs geht, weiß sie nicht so recht, was sie tun soll. Ich selbst bin kein Männermagnet, ich hatte nur eine einzige richtige Beziehung, die nur zwei Monate dauerte, aber das war mehr männlicher Kontakt, als sie je hatte. Sie geht nicht so viele Risiken ein wie ich, nicht dass ich überhaupt viel riskieren würde...

Ich bin der sarkastische Teil unseres dynamischen Duos, und sie ist das Gehirn. Sie ist eine vollwertige IB-Schülerin, Cheffotografin des Jahrbuchs und übertrifft sich in allem, was sie tut. Perfektes Privatleben, perfekte Familie, und das nervt mich manchmal ganz schön. Trotzdem liebe ich sie, als ob wir blutsverwandt wären, und daran wird sich nie etwas ändern. Wenn sie mich nicht nerven würde, wäre unsere Freundschaft nicht echt.

Ich lehne mich mit dem Rücken an meinen Spind, mein Rucksack liegt neben mir auf dem Boden, damit ich nicht wie eine umgefallene Schildkröte aussehe. "Apropos Fotos, fotografierst du nach der Schule Volleyball oder soll ich dich nach Hause fahren?"

Love, Anonymous  | deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt