"Morgen, Duncan." Ich lächle, als ich den Kunstraum betrete.
Ein Gefühl der Vertrautheit überkommt mich immer, wenn ich hierherkomme. Es riecht nach getrockneter Farbe, gemischt mit frischem Kaffee und dem alten Lufterfrischer, den er noch nicht ersetzt hat - eine seltsame Mischung, aber dennoch beruhigend.
Er blickt mich über seine Kaffeetasse hinweg an und seine Augen lächeln mich an. "Hey Reagan, was willst du heute Morgen malen?"
Ich setze mich, lege meine Sachen neben mich und greife noch einmal unter den Schreibtisch, um mein Skizzenbuch zu holen.
"Ich bin mir nicht sicher. Wir werden sehen, wohin mich meine Gedanken führen, schätze ich." Ich zucke mit den Schultern.
Er nickt und stellt seine Tasse auf der Schreibtischkante ab, um sie gegen einen Stift einzutauschen, mit dem etwas in sein Notizbuch schreibt. "Ich bin sicher, es wird großartig werden. Ich muss noch zu einer Besprechung, bevor der Unterricht beginnt, du kannst also gerne hier bleiben, während ich weg bin.", sagt er, und ich nicke mit einem dankbaren Lächeln.
Ich beginne zu skizzieren und bin schon nach wenigen Sekunden in meine Zeichnung vertieft. Wenn Duncan zurück ins Zimmer kam, habe ich ihn nicht gehört. Wenn überhaupt irgendetwas passiert ist, habe ich es nicht mitbekommen. Mein ganzes Sein ist auf die Bewegung meines Bleistifts auf dem Papier konzentriert.
Die Zeit vergeht wie im Flug, während ich in meinem Buch skizziere. Ich weiß nicht, wie lange ich schon arbeite, als ich einen warmen Atem in meinem Nacken spüre, der mir einen Schauer über den Rücken jagt, und eine tiefe Stimme ganz nah an meinem Ohr höre.
"Was zeichnest du da?"
Die Überraschung, dass diese Stimme so nah an meinem Ohr und aus dem Nichts kommt, lässt mich von meinem Stuhl aufspringen, während ich nach Luft schnappe. Ich lege meine Hand auf mein Herz, als ich in die kühlen blauen Augen blicke, die nur Hayden gehören können.
"Du hast mich zu Tode erschreckt.", hauche ich.
"Das konnte ich nicht wissen.", brummt er und hebt amüsiert eine Augenbraue. Er rutscht auf den Sitz neben mir, nimmt die Zeichnung und schiebt sie vor sich her.
Er zieht die Stirn in Falten, als er es betrachtet, und mir wird plötzlich klar, dass ich immer noch nicht weiß, was ich gezeichnet habe. Ich habe mich so in meinen Gedanken verloren, dass meine Hand einen eigenen Geist entwickelt hat. Ich kann nicht erkennen, was die Zeichnung darstellt, weil Haydens breite Schultern mir die Sicht versperren, aber bald beantwortet er meine stumme Frage.
"Bin das ... ich?", fragt er, und in seiner Stimme schwingt Überraschung mit.
Sofort ziehe ich mein Buch zu mir heran und mein Gesicht erhitzt sich, als mir klar wird, dass er genau das ist, was ich gezeichnet habe. Ich habe ihn gezeichnet, wie er vor ein paar Tagen mit Bruce spazieren ging, als er ohne Hemd war.
Warum bin ich so?
Ich beschließe, ihm nicht zu antworten, denn wenn ich es tue, werde ich nur noch tiefer in dieses Loch fallen.
Ich kann nicht glauben, dass ich diesen Jungen gerade ohne Hemd gezeichnet habe. Es ist, als ob ich möchte, dass er sich über mich lustig macht.
"Warum bist du schon wieder so früh hier?", frage ich und räuspere mich. Es ist besser, die Situation zu umgehen.
Hayden scheint die Zeichnung ebenfalls zu ignorieren und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. "Ich hätte Duncan gebraucht, aber er ist wohl nicht hier.", sagt er, dann sieht er mich an. "Ich könnte dich das Gleiche fragen."
Ich zucke mit den Schultern und klappe mein Skizzenbuch zu, in der Hoffnung, dass er vergisst, was ich gezeichnet habe. "Ich bin jeden Morgen hier."
Weiter führe ich das nicht aus, denn ich... tue es einfach. Ich komme schon das ganze Jahr über früh her und es ist einfach zur Routine geworden.
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Love, Anonymous | deutsche Übersetzung
Teen Fiction„Ich möchte nur wissen, warum.", sage ich, während ich mich umdrehe und versuche, seine Gestalt in der Dunkelheit meines Zimmers zu erkennen. „Warum was?" Fragt er. „Warum du so nett zu mir bist.", sage ich leise, und die Verletzlichkeit sickert i...