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Unruhig und in Gedanken versunken strich Yoongi mit seiner Zunge immer wieder über die spitze Ecke an seinem Zahn. 

Dass er sich erneut einen Zahn abgebrochen hatte, war das einzige, was ihm die Gewissheit gab einen erneuten Rückfall erlitten zu haben. Ihm fehlten jegliche Erinnerungen an die paar Stunden vor seinem Anfall. Das letzte, woran der Blauhaarige sich noch gut erinnern konnte war, wie der Schwarzhaarige sich über Jimin beschwert hatte und um sein geliebtes Auto trauerte. 

Bei der Erinnerung huschte dem Jüngsten ein kurzes Schmunzeln über die Lippen, doch machte es seinem gefühllosen Ausdruck direkt wieder Platz. 

Er hatte Taehyung vertraut, ihm alles über sich erzählt und am Ende war der Rothaarige ihm offensichtlich fremder als jeder andere. Seine Eltern hatten dem Ältesten vertraut, Namjoon tat es und er hatte sie alle auf dem gewissen? 

"...-ngi? Yoongi?!" - durch ein schnipsen gegen seine Stirn und dem wiederholten Aussprechen seines Namens kam er wieder in das hier und jetzt zurück. Wieder in die Zahnarztpraxis, welche er mehr als alles andere hasste. 

Jungkook, welcher besorgt vor dem Kleineren kniete legte eine Hand an die Wange des Blauhaarigen. Reflexartig zuckte dieser zurück, bis er die kleine Träne am Handrücken des Architekten sah. 

"Du weinst." 

"Ach echt." - schnippisch verschränkte Yoongi die Arme vor seiner Brust, um somit etwas mehr Abstand zwischen sich und dem ihm eigentlich noch ziemlich fremden Mann zu bringen.  

"Ja." - sich über die leicht trockenen Lippen leckend ignorierte Jungkook die abweisende Handlung des Jüngsten. - "Die Ärzte meinten, dass du gleich dran kommen wirst." 

"Da müssen sie sich wohl geirrt haben." - temperamentvoll stand Yoongi auf, schnappte sich seine Jacke und verschwand aus dem Gebäude. Er hatte Angst vor dem Mann im weißen Kittel, überspielte diese jedoch mit Arroganz. Die nach ihm schreiende Sprechstundenhilfe ignorierte der Blauhaarige. Ihm war gerade alles egal. Er war verwirrt, verletzt und verwundbar, da er sich an einige Stunden seines Lebens wieder nicht erinnern konnte. 

Seine zitternden Hände ballte er zu Fäusten, sodass seine Knöchel bereits weiß hervorstachen. Dass er sich dabei selbst verletzte spürte er schon gar nicht mehr. 

Er hatte das Bedürfnis jemanden anzuschreien. Dabei wäre es ihm egal, ob er diese Person kannte oder sie komplett unschuldig war. Sein Hass auf die Menschen in seinem Umfeld, auf den Verrat, welchen er so oft erlitten hatte und den Hass auf sich selbst, musste der Jüngste irgendwie loswerden. 

Dank seinen Eltern war er eine Person des öffentlichen Lebens. Von ihm wurde Benehmen und Freundlichkeit erwartet. Älteren gegenüber musste Yoongi immer höflich sein und jeden 'Befehl' von diesen ausführen. Und wehe er hatte was dagegen gesagt. Mit Grauen erinnerte er sich an den einen Moment, wo er einmal das machen wollte, was sein Herz in dem Moment verlangte und prompt wurde er dafür bestraft. Seither hatte er sich versteckt. Sein wahres und aufgeschlossenes selbst, von damals, hatte er hinter einer scheuen, schüchternen und ängstlichen Fassade weggeschlossen. 

Mit einem gesenkten Blick rannte der Blauhaarige fast schon durch die Straßen Seouls. Die schreie des Schwarzhaarigen ignorierte er und aus Wut quollen immer mehr Tränen aus seinen grünen Augen hervor. Sie kamen einfach und er war machtlos. Weder das Wegwischen noch das krampfhafte Verdrängen der Emotionen half, um den Tränen ein Ende zu setzten. Das einzige, was er nun hoffen konnte war, dass ihn so niemand sah. 

Vor seinen Augen sah er schon die Schlagzeilen, wo die Menschen sich wieder das Maul über seinen Zustand und sein Leben zerrissen. Er konnte die Menschen einfach nicht verstehen, welche sich so für das Leben von ihm interessierten. Er war kein Idol, er produziert und erschafft nichts, und dennoch wollte jeder Teil an seinem Leben haben. Er erinnerte sich noch an die großen und vielen Schlagzeilen, als Namjoon, statt ihm, die Company übernahm. Dabei war es doch sein Leben und niemanden ging es etwas an, was er tat und was nicht. Namjoon hatte damals versucht die Lügen in den Medien richtig zu stellen, doch drehten sie ihm die Wörter im Mund um. Am Ende wussten die Medien doch eh alles besser. 

Nicht darauf achtend, wo er hinlief stolperte Yoongi über seine eigenen Füße, machte sich innerlich schon auf den Schmerz gefasst, doch kam er nie. Stattdessen kitzelten ihn schwarze, weiche Haare an der Wange und starke Arme hatten sich um seine Taille geschlungen. 

Er wusste sofort, dass es sich um Jungkook handelte und eigentlich wollte er sich von dem Schwarzhaarige wegdrücken, doch gehorchte sein Körper ihm nicht. Er konnte sich weder bewegen, noch irgendwas von sich geben. Sein Gesicht war lediglich schmerzverzehrt, obwohl er keinerlei körperlich Wunden hatte und immer mehr Tränen vielen auf den schneebedeckten Untergrund. Verzweifelt schnappte der Jüngste nach Luft, als sich seine Nase durch das ganze Weinen verschloss und er die tonlosen Schluchzer nicht unter Kontrolle bekam. Er holte nur Luft, doch atmete nicht mehr aus. 

Ohne es mitbekommen zu haben stand der Architekt nun vor ihm und die warmen, großen Hände des Älteren, an seinen Wangen, spendeten dem Blauhaarigen Wärme. 

Immer noch versuchend Luft zu bekommen nahm Yoongi war, dass Jungkook auf ihn einredete und versuchte seine Aufmerksamkeit zu erlangen, doch hörte er einfach nichts. Er sah, wie sich die Lippen bewegten, doch mehr als ein Piepen hörte der Jüngste nicht. Seine Ohren waren wie taub und seine Nase durch das Weinen und den sich dadurch lösende Schnodder verschlossen. 

Sich in seiner Verzweiflung einfach nur an seine eigene Brust fassend, in der Hoffnung, dass er dadurch irgendwie mehr Luft bekommen würde, viel er leicht gegen den Größeren. 

Das nächste was Yoongi fühlte war, wie er gar keine Luft mehr bekam und eine Wärme sich von seinen Lippen ausbreitete und sich in seinem Körper verteilte. 

Der Kuss war nur einen Bruchteil einer Sekunde lang, doch reichte vollkommen aus, um das Chaos in dem Blauhaarigen zum erliegen zu bringen. Alles, was er eben noch fühlte war verschwunden, wurde stattdessen durch eine wohlige Wärme und Geborgenheit ersetzt, sodass er sich mit einem tiefen ausatmen einfach in die Arme Jungkooks fallen ließ. 

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Wie geht es euch? <3 

Ich muss mich entschuldigen, dass so lange nichts mehr kam, bzw. ich so inaktiv war/bin. Es ist zwar nicht entschuldbar, doch geht bei mir selber gerade alles drunter und drüber, emotional. Ich bin schon froh, wenn ich die Tage schaffe und es irgendwie zur Schule schaffe.

Ich habe euch auf jeden Fall nicht vergessen! <3 

Aber morgen kommt noch ein Kapitel :3 <3.

𝙋𝙮𝙧𝙤𝙥𝙝𝙤𝙗𝙞𝙚 /ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏ/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt