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Die große Standuhr, welche ohne Strom funktionierte, schlug halb vier. 

Mit knurrendem Magen lag der Schwarzhaarige auf der zu harten Couch. Er hatte den Kampf ums Bett verloren. Während der Jüngste also in seinem federweichen, warmen und gemütlichen Boxspringbett schlief, wo sie ohne Probleme auch zu zweit reinpassen würden, verhungerte er selbst auf der Couch. 

Zum Abend hatten sie irgendwelches Trockenobst und Müsliriegel, welche Yoongi aus einem der vielen Kartons gezaubert hatte. Für den Älteren war das lange noch nicht genug an Nährstoffen, zumal er sich nichtmal sicher war, was in diesen Müsliriegeln enthalten war. Klar, auf der Verpackung standen die Inhaltsstoffe, doch konnte man davon im Riegel nichts mehr erkennen. Es hatte die Konsistenz, das Aussehen und den Geschmack von Vogelfutter gehabt. Zumindest stellte er sich so den Geschmack der Futterbälle vor, welche all die alten Damen an die Fenster baumelten oder von Balkons hängen ließen. 

Wehleidig trauerte der Architekt der aufgeweichten Tiefkühlpizza hinterher. Sie wäre vermutlich noch angenehmer als das Trockenfutter gewesen und hätte ihn nicht eine schlaflose UND hungrige Nacht beschert. 

Vollkommen übermüdet erhob Jungkook sich, taumelte leicht in Richtung Treppe und zog sich, mit der Decke als Umhang, die Treppe in den ersten Stock hinauf. Aus seinem Schlafzimmer, wo der Jüngere die Tür bis zum Anschlag aufgerissen hatte und mit einem Türstopper verhinderte, dass sie sich auch nur einen Millimeter schließen könnte, schien der Schein des Vollmondes bis in den Flur hinaus. 

Die Vorhänge von den beiden verglasten Wänden waren geöffnet und hochgebunden, sodass nichts mit ihnen ihn Berührung kommen würde. Der Feuerlöscher, vom Flur, stand direkt neben dem Bett und eine Hand des Blauhaarigen hielt die Flasche leicht fest. Der Rest seines Körpers lag, wie ein Seestern quer ausgestreckt auf dem Bett und ab und zu kam ein leises Schnarch-Geräusch von ihm. 

Vorsichtig und auf Zehenspitzen, sodass er ihn keines Falls wecken würde, schlich Jungkook um das riesige Bett herum auf seine Lieblingsseite. Die Decke warf er auf einen Stuhl in der Zimmerecke, um gleich darauf vorsichtig die große Bettdecke anzuheben. 

Behutsam kroch der Ältere ins Bett. Dabei achtete er darauf seinen Körper so zu legen, dass er Yoongi nicht berührte, sich jedoch auch der Form anpasste, um genügend Platz zu haben und nicht jede Sekunde Angst haben zu müssen heraus, auf den harten Boden, zu fallen. Mit grauen kam dem Schwarzhaarigen die Erinnerung an Jimins Katze in den Kopf. 

Der Tätowierer kam vor einiger Zeit auf die glorreiche Idee, dass eine Tattoostudio-Katze eine gute Idee sei und hatte sich dementsprechend noch am selben Tag eine aus dem Tierheim geholt. Doch anders, als all die Katzen aus den Filmen oder Katzenfutterwerbungen war diese nicht verschmust. Sie war pechschwarz, hatte funkelnde, bernsteinfarbene Augen und ging auf alles und jeden los, der nur daran dachte in ihre Richtung zu kommen. 

Die beiden hatten sich eine Woche mit dem Biest herumgeschlagen, bis ihre Arme so zerkratzt waren, dass Jimin sie wieder zurückbrachte. Während der einen Woche hatte sich die Katze jedoch im Bett des Rosahaarigen eingenistet und die beiden besten Freunde mussten entweder auf dem Boden schlafen oder schlichen sich, wie Jungkook gerade, in das Bett. 

Nach einem äußerst langsamen und anstrengenden hinlegen, wobei der Größere fast wieder vom Bett fiel, kuschelte er sich richtig in die Kissen und verbrachte die Zeit, die er zum einschlafen benötigte, damit, den Blauhaarigen zu mustern. Wie er komplett harmlos, entspannt und süß quer auf dem Bett lag, sich seine Haare mit dem schwarzen Kopfkissenbezug vermischten und zwischendurch Seufzer von sich gab. 

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Als der Architekt das nächste Mal erwachte, war das Bett kalt und verlassen. Die Sonne stand inzwischen schon im Zenit und in der Wohnung war es dafür, dass er nun eigentlich einen Mitbewohner hatte, gespenstisch still. 

"Yoongi?" 

Keine Antwort. 

"YOONGI!?" 

Erneut regte sich nichts in dem Apartment. Gerade als Jungkook Luft holte, um noch lauter  schreien zu können viel ihm ein kleiner, weißer Zettel auf dem schwarzen Bettbezug auf. 

Hecktisch, als wenn sein Leben daran hing, schnappte er sich den Zettel und überflog die wenigen Wörter. 

Bin im Café. Komme heute Abend wieder. Habe den blauen Schlüssel. M.YG.  

Irgendwo in der Region seines Herzens stach es leicht, als er die lieblose Zeile las. In der Hoffnung, noch etwas anderes zu finden und der Blauhaarige es doch nicht so kalt schreiben wollte, drehte der Schwarzhaarige das Blatt, bis ihm auf der Rückseite ein anderer Text auffiel. 

Bin weg. Kannst dir den blauen Schlüssel nehmen. J.JK.

Es war der gleiche Zettel, welchen er ihm zwei Tage zuvor lieblos hinterlassen hatte. Am Papier haftete der starke, dennoch liebliche Geruch der besonderen Parfümmischung des Jüngsten und wenn man sich ganz doll konzentrierte stach der ekelhafte Zigarettengeruch, welcher zum Zeitpunkt des Schreibens noch an den Fingern des Schwarzhaarigen gehaftet hatte, hindurch. 

Man sagt doch immer, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch hinaus.

Er hatte diese Kälte wohl nicht anders verdient. 

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Ich hab jetzt Klausurenphase. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir zum schreiben bleibt bzw. ich mich darauf konzentrieren kann. Dieses Kapitel war vorgeschrieben und eigentlich für letzten Mittwoch gedacht, doch hatte ich es nicht geschafft. Es tut mir leid. 

<3

𝙋𝙮𝙧𝙤𝙥𝙝𝙤𝙗𝙞𝙚 /ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏ/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt