~Kapitel 9~

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Nach dem wir dann wieder in unserem Lager angekommen sind, lege ich das Reagenzglas mit dem Inhalt in unsere kleine Grube. Dort wartet es darauf, dass eine der Drohnen kommt und es abholt. "Ich muss zugeben, dass war einfacher als gedacht!", meint Jake und setzt sich zur Feuerstelle. Ich nicke zustimmend. Meine Gedanken kreisen immer noch um Marcus. Ich hasse mich dafür, dass ich ihm nicht helfen konnte. Er liegt da und stirbt einen langsamen und qualvollen Tod, wenn das Virus ihn nicht schon umgewandelt hat. Marcus muss bestimmt Höllenqualen leiden. Er ist ganz alleine gewesen und wird bis zum Schluss ganz alleine sein.
Ich mag mir nicht vorstellen wie das ist. Es muss furchtbar sein, zu wissen, dass man nun sterben muss. Lyla hatte auch diesen Gesichtausdruck. Dieser Blick, als sie realisierte, dass sie nicht überleben wird. Es tat mir im Herzen weh, als ich sie langsam im Tümpel versinken sah. Ihre Schmerzensschreie klangen mir noch tagelang in den Ohren.

"Lydia, wir müssen unsere Vorräte aufstocken! Wer weiß wann das nächste Versorgungspaket kommt!", meint Jake als er aus unserer Hütte kommt. Das Versorgungspaket ist eine große Drohne, die uns mit Nahrung, Wasser und anderer Ausrüstung versorgt, je nach dem, was wir gerade brauchen.
"Alles klar! Ich mach mich auf den Weg!", sage ich und marschiere wieder los. "Pass auf dich auf!", ruft Jake mir hinterher, aber ich laufe einfach weiter. Ich muss meinen Frust und meine Trauer loswerden. Mit zügigen Schritten begebe ich mich in den Wald. Dort schlage ich mit meinem Schlagstock gegen Bäume, Sträucher und Büsche. Dabei versuche ich nicht all zu laut zu schreien, damit die Zombies nicht auf mich aufmerksam werden und mich nur für ein wildes Tier halten.
Nach ein paar Hieben mache ich mich auf die Suche nach etwas essbarer Vegetation oder Wild. Schließlich finde ich ein paar Steinpilze, die die Säure überlebt haben. Auch wenn sie der toxischen Luft ausgesetzt waren, werden sie, wenn wir sie gekocht haben, einigermaßen genießbar sein. Dann erwische ich noch einen Fassan, der nicht mehr wirklich wie ein Fassan aussieht. Er hat nur grüne Federn und die Augen sind rot gefärbt.
Die Tiere haben sich weitesgehend an das Klima angepasst. Für uns heißt das, dass wir aufpassen müssen, was wir essen.

Langsam bricht die Dunkelheit wieder ein. Es ist nur wenige Stunden hell. Ich begebe mich zurück zum Lager, wo Jake schon ein Feuer angezündet hat. Ich lege den toten Fassan vor ihm hin und die Pilze werfe ich in unsere Grube. "Sehr schön!", meint er, "hast du irgendwelche Aktivitäten bemerkt?". "Nein, weder von den anderen Teams noch von den Dingern!", antworte ich. Wir sprechen den Begriff der Zombies nicht gerne aus. Wir haben zu viel verloren.
Jake nickt und beginnt dem Fassan die Federn auszurupfen. Ich schaue mich nochmal um. Heute ist es sehr ruhig. Irgendwas liegt, meiner Meinung nach, in der Luft. Aber das kann auch nur meine Paranoia sein. "Ist verdammt ruhig oder?", fragt Jake nun. "Ja, ist mir heute auch aufgefallen!", stimme ich ihm zu. Normalerweise bekommen wir mehr Aktivitäten zu Gesicht.

Irgendwann höre ich ein brummendes Geräusch. Ich drehe meinen Kopf in jede Richtung. Dann fliegt eine Drohne über uns ins Lager. Sie hat ein großes Gerät unter sich geschnallt. Das ist für unsere Drohnen neu. Plötzlich wirft das Gerät einen Lichtkegel gegen einen kleineren Felsen, wo ein Bilderzeugt wird-ein Beamer also!
Das Bild setzt sich in Bewegung, sowie ein Tonband, dass vom Beamer ausgeht. Auf dem Video ist der Dr. Prof. Hastings zu sehen. Er sieht erschöpft aus, versucht aber irgendwie hoffnungsvoll aufzutreten.
"Hallo, ihr tapferen Teams", beginnt er, "dank eurer Hilfe wird es nun gelingen ein effektives Heilmittel und eine Impfung gegen das Virus herzustellen. Wir werden unser Bestes tun, euch schnellst möglich zu Impfen, damit ihr nach Hause kommen könnt! Geduldet euch noch ein paar Tage, dann kommt die Hoffnung zu euch!".
Dann hört die Botschaft auf und eine kleinere Drohne erscheint, die sich das Reagenzglas nimmt, in dem ich die Gehirnmasse gesammelt habe. Die große Drohne verschwindet nun auch. In meinem Gesicht macht sich ein Lächeln breit. Bald können wir nach Hause!

What we left behindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt