~Kapitel 10~

9 1 2
                                    

"Freue dich nicht zu früh, Lydia! Wie lange sind wir schon hier? 2 Monate oder mehr? Als wir hier her gebracht wurden, hieß es auch, es sei nur für eine kurze Zeit!", meint Jake entrüstet. "Ja, aber diesmal haben sie eine wirkliche Chance. Jake, das könnte es sein!", sage ich enthusiastisch. "Es kann aber sein, dass wir irgendwann nochmal hier raus müssen, damit wieder geprüft wird, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zur Wiederansiedlung ist!", bemerkt er. "Das ist mir egal! Jake, verstehst du es denn nicht? Ich will endlich nach Hause!", meine ich dann. "Lydia, was glaubst du passiert mit uns, wenn wir wieder zu Hause sind?", fragt er.
"Wir werden uns auseinander leben und uns vielleicht gar nicht wieder sehen. Wahrscheinlich tun wir so, als ob das alles nicht geschehen ist!", fügt er hinzu. Sein lauter und energischer Ton irritiert mich. Will er etwa nicht wieder zurück?
"Aber willst du gar nicht nach Hause, zu deiner Familie?", frage ich ruhig. "Lydia, dieses Team war meine Familie! Ich hatte niemanden davor! Ihr..., du, bist alles was ich noch habe und das will ich nicht aufgeben müssen!", gibt er zu.
Seine Worte treffen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte ja keine Ahnung! Also ich wusste, dass wir eine besondere Beziehung zu einander haben, aber dass er so über mich denkt, hätte ich nie gedacht. "Es tut mir leid, dass wusste ich nicht, Jake...", stammel ich und schaue betrübt zu Boden.
Jake antwortet nicht mehr und macht sich weiter am Fassan zu schaffen.
Er hat ja recht. Wer weiß ob wir uns jemals wiedersehen. Traurig kicke ich einen kleinen Stein vor mir weg. Ich weiß nicht was ich noch sagen soll.

Irgendwann breche ich die Stille: "Ich geh mal ums Eck." Eigentlich wollte ich was anderes sagen, irgendwas einfühlsames. Doch mir fiel nichts ein, also lüge ich und gehe zum Waldrand. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich mag ihn ja und die anderen auch. Es ist gut möglich das wir uns wirklich nie mehr sehen. Dann wäre er ganz alleine, wie Marcus. Bei dem Gedanken an ihn, muss ich zittern. Ob er wohl schon tot ist?
Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es wäre, wenn es Jake gewesen wäre und ich ihm nicht hätte helfen können. Das könnte ich mir nie verzeihen.

Nach ein paar Minuten gehe ich zum Lager zurück. Der Fassan bruzelt schon aufgespiest über dem Feuer. Von Jake ist nichts zu sehen. Ich setze mich an die Feuerstelle und lasse die Wärme mein Gesicht berühren. Dann kommt Jake um die Ecke. Er muss wohl Feuerholz gesammelt haben, denn seine Arme sind voll damit. Er lässt alle Äste neben dem Feuer auf den Boden fallen und setzt sich auch hin.
"Wir kriegen das schon hin, Jake! Du wirst nicht alleine bleiben, wir...", Jake unterbricht mich forsch: "Lydia, lass es gut sein! Es ist schon okay!"
Was redet er da? "Nein ist es nicht! Wie kommst du nur darauf, dass du es nicht wert bist, eine Familie zu haben?", frage ich nun. Er sagt kein Wort und guckt nur starr ins Feuer. "Glaub nicht das du der einzige bist, der Leiden wird! Ich habe das ganze Team lieb gehabt und du bist ein Teil, meines verbleibenden Teams. Dieses Team gehört ebenfalls zu meiner Familie! Ihr seid mir enger ans Herz gewachsen als mein Vater oder meine Mutter in den letzten 18 Jahren und...", weiter komme ich nicht den Jake legt seinen rechten Zeigefinger wieder auf seinen Mund. Ich verstummen und lausche. Mir fährt ein Schauer über den Rücken, als Jakes Anspannung spüre. Irgendwas ist hinter mir!

What we left behindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt