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Gray

»Was hockst du die ganze Zeit am Handy?«, quengelt Yasin und bewirft meinen besten Freund mit seinem Controller.

Archie schreit gequält auf und reibt sich den Arm. »Das hat wehgetan.«

Ich schnappe mir meine Cola und trinke einen Schluck. Es schmeckt nach leeren Versprechungen und gemeinen Worten. Es ist lange her, seit ich den Anfall hatte und Jesse angeschrien habe, aber ich kann seine Schluchzer und sein flehendes Gebrüll immer noch hören.

Ich vermisse ihn. Alles. Seinen Humor, sein Lachen, seine zärtlichen Berührungen, sein Stöhnen, seine furchtbaren Klamotten, seinen Geruch und seinen Gesang.

Ich bereue inzwischen alle meine Entscheidungen. Ich bin ausgeflippt und habe an nichts mehr anderes als meine aufkommende Panikattacke Nr.2 gedacht. Ich hätte aber niemals mit Jesse Schluss machen, aus der Band aussteigen und meine Gitarre zertrümmern sollen. Aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich kann das alles nicht mehr rückgängig machen. Ich habe verschissen.

»Ich schreibe mit jemanden, du Hornochse«, erklärt Archie bissig und lässt sich grinsend vom Bett rollen. Fröhlich dreht er sich im Kreis und verschwindet dann aus dem Zimmer. Er lässt Yasin und mich verdattert zurück.

Ich werfe dem Besitzer des Zimmers einen Blick zu und erwische ihn dabei, wie er enttäuscht und auch etwas traurig meinem besten Freund nachsieht. Als er meinen Blick bemerkt, ändert er sofort seine Mimik und er lächelt.

»Wollen wir noch eine Runde zocken?«, fragt er mich fröhlich. Es ist alles falsch. Ihm geht es gar nicht gut. Da braucht man ihn gar nicht gut zu kennen.

Ich nicke stumm und angle ihm seinen Controller vom Bett, um ihm diesen zu reichen. Er startet das Spiel. Beide starren wir gespannt auf den Bildschirm, als ich ihn etwas frage, das mir schon etwas länger auf der Zunge liegt.

»Yasin, warum bist du eigentlich plötzlich so nett zu mir?« Ich räuspere mich. »Seit ich denken kann, hasst du mich und versucht mich auszuschließen. Ich bin schon besitzergreifend, aber du bist ein ganz neues Level. Und jetzt plötzlich stört es dich gar nicht mehr, wenn wir zu dritt abhängen.«

Überrascht sieht er mich an. »Warum?«

Ich nicke, »Ja, warum?«

Er schluckt schwer und wendet wieder den Blick ab, knabbert an seiner Lippe und zögert. Er denkt darüber nach, was und wie er es sagen soll. Er braucht etwas und checkt nochmal, ob Archie auch wirklich weg ist. Doch der ist schon längst die Stiege runter in die Küche, um dort Ruhe von uns zu haben. So schnell kommt er nicht wieder

»Weil du auf Menschen wie Jesse stehst und nicht auf-« Er bricht ab und kratzt sich beschämt die Nase. Er sieht aus, als würde er jeden Moment aus dem Fenster springen, um diesem Gespräch zu entgehen.

Ich versuche die Puzzleteile zusammenzuführen, komme auf einen dummen Entschluss. »Hast du Angst, dass nur weil ich auf Männer stehe, ich mich jetzt in dich verknalle? Keine Sorge, du bist nicht mein Typ.«

»Du bist auch nicht mein Typ.« Er läuft so rot wie eine Tomate an. »Du bist ein Idiot. Ich meinte nicht mich damit. Ich meinte Archie.«

»Archie?«, frage ich verstört. »Was ist mit Archie?«

»ICH BIN VERLIEBT IN ARCHIE«, brüllt er und zuckt daraufhin zusammen. Er sieht panisch zur Tür, doch sie ist immer noch verschlossen und keiner ist weit und breit zu sehen.

Verliebt in meinen besten Kumpel? In den Idioten? Wie kann man sich denn in den verlieben? Er ist ja nicht einmal charmant.

Er seufzt und wirft sich zurück, knallt dabei mit dem Hinterkopf gegen die Bettkante. Es macht einen fruchtbaren Knall, aber er verzieht nicht das Gesicht.

Rock meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt