Gray
Schweiß rinnt mir den Rücken hinab, sammelt sich im Bund meiner Hose, sodass der Stoff unangenehm zu kratzen anfängt.
Genervt fahre ich mir durch das Haar und zische auf, als ein paar Strähnen meine wunde Haut streifen und die Stellen beginnen zu brennen.
»Okay, ich hab sie«, schreit Archie über den ganzen Saal hinweg, sodass jeder den Kopf hebt und uns verwirrt mustert. Außer Atem bleibt mein bester Freund vor mir stehen uns hält begeistert eine Packung bunte Hello Kitty Pflaster hoch.
Ich verziehe angewidert das Gesicht und reiße ihm die Kinderwundversiegler aus der Hand. »Fuck. Ich habe dir doch gesagt, ich möchte hautfärbige, damit sie nicht gleich sehen, was für eine verdammte Niete ich bin. Und du...du bringst mir bunte Teufelssticker?«
»Hello Kitty ist in meiner Szene beliebt«, erklärt mir mein bester Freund und öffnet die kleine Papierverpackung vorsichtig. »Noch dazu waren die anderen Farben hässlich und mit hautfärbigen siehst du aus, als würden an manchen Stellen deiner Finger die Haut aufgehen. Weird und ekelhaft.«
Du mich auch.
Genervt reiße ich ihm die Pflaster aus den Händen und klebe mir die pinken und schwarzen Pflaster auf meine verletzten Finger. »Ich sehe wie ein Boxer aus.«
»Cool«, murmelt Archie.
»Gar nicht cool«, fluche ich und fuchtle mit den Händen herum. »Archie, das war eine dumme Idee. Ich schaffe das nicht, ich glau-«
Bevor ich überhaupt zu Ende sprechen kann, unterbricht mich der Emo, indem er seine Hand hebt und mir eine klatscht. Für kurze Zeit verstummen die Leute um uns herum, bevor sie sich einen Schritt von uns entfernen und sich dann wieder ihren begabten Gesprächspartnern widmen.
Ich greife mir überrascht ins Gesicht und massiere mir die glühende Wange. »Was zur scheiße sollte das, Arsch?!«
»Du musst dich beruhigen«, murmelt er desinteressiert und schenkt mir ein feines, falsches Lächeln. »Du bist gleich dran, bist aber gerade dabei durchzudrehen. Wenn ich nicht auf dich aufpassen, schnappst du dir einer der hübschen Ladies hier und kletterst auf das nächstbeste Hochhaus, um dort Flugmaschinen anzuschreien.«
»Ich bin kein haariger, viel zu groß gewachsener Affe. Ich bin nur ein entnervter Gitarrespielhassender, Hello-Kitty-Pflastertragender Vollspinner. Das hier war eine dumme Idee«, brumme ich, kann mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich gehe mal auf die Toilette. Falls sie mich früher aufrufen, du findest mich auf der Kloschüssel.«
»Aye Aye, Captain Hook.«
Ich bin mehr der Scar dieser Geschichte. Mies gelaunt, große Klappe und die einzige Freude, die ich im Moment verspüren würde, passiere erst, wenn Archie ausrutschen und sich die Nase brechen würde. Am liebsten würde ich ihm meine Faust reinwürgen und von hier abhauen, doch weiß ich, dass ich nicht wirklich wütend auf ihn, sondern nur nervös vor meinem kleinen Auftritt bin.
Vor Jahren habe ich das Gitarre spielen aufgeben und nun stehe ich hier in einer Menge hoffnungsvollen Musiker, die von etwas träumen, das ich schon längst aufgegeben habe.
Ich schiebe die Tür auf, trete auf den Gang hinaus und spüre wie die schwere Glastür hinter mir zufällt. Mein Blick führt geradeaus. In diesem Raum befindet sich die Band, wartet nur darauf, dass ein Idiot nach dem anderen, ihnen ein kleines, süßes Lied zirpt.
Das ist nicht mehr meine Welt. Schon lange nicht mehr gehöre ich hierhin. Ich habe meinen liebsten Schatz aus meinem Zimmer verbannt und im Keller versteckt. Dort war sie auch bis heute noch, denn meine Mutter hat sie voller Hoffnung für mich aufbewahrt.
DU LIEST GERADE
Rock me
Ficción GeneralGray Adler hatte sich seit dem Auszug seines Vaters geschworen, nie wieder Gitarre zu spielen, doch für immer kann er sein Versprechen nicht halten. Durch die Überredenskünste seines besten Freund zwingt er sich ein letztes Mal zu spielen und das be...