Jesse
Ein Jahr später»Und wenn du älter bist, zeigt dir Onkel Jesse wie man singt und Onkel Gray zeigt dir wie man Gitarre spielt. Onkel Owen muss dir natürlich auch Manieren beibringen. Er wird alle deine Wunden verarzten und dich ganz fest drücken, wenn du traurig bist«, erzähle ich dem kleinen Ding in meinem Armen begeistert. »Und wenn du-«
»Jessie, er versteht nicht einmal, was du ihm sagst«, lacht mein fester Freund und hievt einen meiner Kartons ins Schlafzimmer.
Zach lacht und hilft beim Tragen mit, während sich Ava ihre Füße massiert und vor sich hin jammert. Seit der Schwangerschaft klagt sie über Gliederschmerzen.
»Hey, Jesse. Wohin mit dem Karton? Darauf hat jemand eine Ente gezeichnet«, fragt Rush interessiert und stellt den Karton vor mir ab. »Warum hast du überhaupt so viel Zeug. Wohin willst du das alles räumen?«
»Das gehört tatsächlich uns beiden«, sagt Gray grinsend und klatscht in die Hände. »Aufmachen würde ich es an deiner Stelle nicht.«
»Ewww.« Er wischt sich seine Hände an der schlabbrigen Hose ab und blickt angeekelt auf den schwarzen Karton hinunter. Er lässt sich den Ohrensessel, auf dessen Lehne David sitzt.
Ich wiege den kleinen Fratz in meinen Armen und drücke ihm einen sanften Schmatzer auf den haarlosen Kopf. Das kleine Kind lacht fröhlich und streckt den Arm aus, fast eine meiner Haarsträhne und zieht daran. Schmerzhaft löse ich die kleine Hand von meinem Haar.
»Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt«, quieke ich entzückt und küsse das Köpfchen ein weiteres Mal.
»Hey«, brummt Gray enttäuscht und setzt sich zu mir auf die neue Couch. »Wenn das so ist, dann zieh doch mit Ian und nicht mit mir zusammen.«
Zach öffnet sich zufrieden ein Bier und mustert die chaotische Wohnung. »Jetzt wo wir Nachbarn sind, hetze ich euch meinen Sohn ganz oft auf. So gut wie Jesse babysittet, brauche ich niemanden dafür zu bezahlen.«
»Und ich kann entspannen«, stimmt ihm Ava zu.
Sie ist schöner geworden. Vielleicht weil sie nun eine Mutter geworden ist, vielleicht tut ihr der Schwangerschaftsspeck auch etwas gut. Es kann auch ganz einfach sein, dass ich sie nun schöner finde, weil ich sie endlich gut leiden kann.
Nachdem Ava und Zach zurück nach Australien gekommen sind, um hier ein etwas ruhigeres Leben zu genießen, haben wir uns öfter getroffen. Sie haben Gray kennengelernt und auch wenn die ersten Gespräche unangenehm waren, habe ich es überstanden. Sätze wie Ich wusste, er gefällt dir und Hast du schon mal Jesse's Kinderfotos gesehen? fielen.
»Chester-ich meine, Jesse, wo soll ich mein Einweihungsgeschenk hinstellen?«, fragt mein Bruder und schleppt seine Freundin wie ein Hündchen mit in die Wohnung.
Ich mustere Owen. »Kommt drauf an, was es ist.«
»Sehr witzig«, brummt er und stellt einen kleinen Korb vor uns auf den Kaffeetisch. »Seife, Spülmittel, Kondome und Gleitmittel. Zeugs, dass ihr vielleicht brauchen könntet.«
Rush läuft krebsrot an. »Warum habt ihr kein Schamgefühl?«
»Danke, Owl.« Ich beuge mich zu meinem Saft vor und nippe daran zufrieden. Picksüß.
Genevieve setzt sich vor mich zu Boden und streicht über die kleine Hand. »Hallo, Ian. Ich bin's. Hattest du einen schönen Tag? Hat dich Jesse wieder mit kleinen Erzählungen genervt?« Sie lacht. »Darauf musst du dich noch gewöhnen, Kleiner. Dieser Typ redet und redet. Und wenn er es mal nicht tut, singt er.«
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Rock me
General FictionGray Adler hatte sich seit dem Auszug seines Vaters geschworen, nie wieder Gitarre zu spielen, doch für immer kann er sein Versprechen nicht halten. Durch die Überredenskünste seines besten Freund zwingt er sich ein letztes Mal zu spielen und das be...