Jesse
Gray wird von Tag zu Tag nervöser, als hätte er Angst, die Aktion vom letzten Mal könnte sich wiederholen. Dadurch fürchtet sich auch David. Er hat das Bandmobil mit Plastiktüten und Schwämmen ausgestattet. Rush hat sogar drei Liter Wasser und eine Packung Beruhigungsmittel besorgt.
Aus diesem Grund auch zerre ich am Abend vor unserem nächsten Auftritt auch durch die Innenstadt, auf der Suche nach der Bar, in der wir das letzte Mal gemeinsam waren.
Die klassische Gitarre auf meinem Rücken ist schwer und gibt mir das Gefühl längst zu alt zu sein, um auf dieser zu spielen, aber am Ende ist es ja Gray, der seine Finger über diese Saiten tanzen lassen wird.
»Gleich sind wir da«, trällere ich und remple eine junge Frau an.
Diese dreht ich um und funkelt mich wütend an. »Sag mal, geht's noch? Was haben Sie es denn so eilig?«
»Muss Kohle machen«, schreie ich zurück und lache leise.
Gray zieht den Mund kraus und mustert mich interessiert. »Mit was denn?«
Breit grinse ich ihn an. »Mit dir.«
Wir bleiben vor der bekannten Bar stehen. Die hellen Lichter blinken. Wie immer ist der Abend warm und die Sonne geht erst recht spät aus. Es ist perfekt für ein kleines Spiel.
»Jesse, was machen wir hier? Singst du für mich?«, fragt Gray mich und mustert mich interessiert.
Ich schüttle eilig den Kopf. »Nein, aber du spielst für unser keines Publikum.«
»Warum sollte ich?« Erklingt leicht erbost. Meine Idee gefällt ihm wohl nicht ganz so.
»Damit du dein Lampenfieber besiegen kannst.«
»Jesse, das-«
Ich lasse ihn nicht ausreden, damit er mir keine guten Argumente liefern kann und ich aufgebe, bevor wir es überhaupt erst versucht haben.
Ich reiße die Tür auf und ziehe ihn mit mich in den düsteren Raum. Der bekannte Duft nach geschmolzenen Wachs und die Klänge einer Violine begleiten uns an einen Tisch weit hinten.
Mein Penis zuckt erfreut, als ich mich an den letzten Aufenthalt hier erinnere. Ich schüttle grinsend den Kopf, stelle den Gitarrenkoffer neben mir ab und rutsche auf die Bank.
Gray folgt mir zögerlich und setzt sich mir gegenüber. Er verschränkt seine Hände auf dem kleinen runden Tisch und öffnet den Mund, als möchte er sofort einen Streit starten, aber zum Glück unterbricht uns ein Kellner.
»Guten Abend«, begrüßt er uns höflich und reicht uns zwei Karten. Als keiner von uns beiden sie annimmt, zieht er seine Hände wieder zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. »Die heutige Empfehlung ist der Lemon, Lime and Bitter Cocktail.«
»Dann bringen Sie uns das bitte«, zischt Gray bitter.
»Nüsse oder Oliven?«, fragt der Mann und klingt nun auch nicht mehr so höflich.
Ich ziehe zur Sicherheit mein erstes - zwar gehasstes, der dennoch wertvolles - Instrument näher an mich heran und erwidere lächelnd. »Nüsse.«
Schneller als ein Wildpferd rennt er davon und lässt mich mit meinem genervten Gitarristen allein. Dieser nutzt die Chance, die ihm geboten wird und bricht mit der Wahrheit heraus.
»Ich habe kein Lampenfieber«, brüllt er, sodass sich ein paar Leute zu uns umdrehen und uns mustern. Als sie bemerken, dass eine neue Person die Bühne betritt, wenden sich sofort wieder ab und schenken lieber dieser ihre Aufmerksamkeit.

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Rock me
Ficción GeneralGray Adler hatte sich seit dem Auszug seines Vaters geschworen, nie wieder Gitarre zu spielen, doch für immer kann er sein Versprechen nicht halten. Durch die Überredenskünste seines besten Freund zwingt er sich ein letztes Mal zu spielen und das be...