Bdim

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Gray

Ich lehne müde meinen Kopf auf den Polster. Er riecht stark nach Waschmittel und Deodorant. Ein heimisches Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus.

»Trautes Heim, Glück allein«, schnurre ich und schließe genießerisch die Augen.

Lachend wirft Archie ein Kissen nach mir. »Erstens, ist das mein Zuhause und zweitens, bist du nicht allein. Ich bin auch noch da.«

Ich schiebe das Kissen unter meine Brust und schlinge die Arme darum wie um ein Baby. Ich schmiege mich daran und schnurre wir ein Kätzchen.

»Du bist nur Dekoration in meinem zweiten Zuhause. So etwas wie ein Poltergeist in einer neuen Mansion, die man um den halben Preis bekommen hat, weil sie wegen dem vorigen Mord niemand haben möchte.«, brumme ich fies.

Archie nimmt es mit Humor und klimpert mit seinem Armbändern. Das Metall zerkratzt den Bauch seiner Gitarre und verletzt mich damit.

Ich bin still und sage dazu nichts, horche lieber den Tönen zu, die sein Instrument macht, wenn seine abgekauten Finger spielen.

»This little light of mine«, singt er schief. »I am gonna let it shine.«

Ich grinse in den Wäschebezug. Vor dem Stimmbruch hat es noch einigermaßen gut geklungen, aber seid er nicht mehr zu seinem Vocalkursen geht, weil er dort vor anderen Menschen singen muss, trifft er so gut wie keinen Ton mehr und versaut damit jedes Lied für mich, an das er sich heranwagt.

Er hört auf und flucht leise. »Blöde Gitarre verstimmt sich immer.«

Ich setze mich mühsam auf und sehe auf ihn hinunter. Seine schwarze Mähne geht bis über seine Augen und nimmt ihm die Sicht. Auch wenn er immer behauptet, dass er alles sieht, weiß ich, dass er ohne seine Brille mich nicht einmal von zehn Metern Entfernung erkennen kann. Geschweige denn auch nur irgendwas an der Tafel entziffern kann, wenn ich ihm bitte, mir zu diktieren, was der Lehrer darauf geschrieben hat. Statt Mathematischen Formel stehen dann Wörter in meinem Schulheft. Ich habe es bereits aufgegeben, ihn auch nur irgendwas fragen.

»Sicher dass es nicht einfach nur an dir liegt?«, frage ich grinsend und mustere den Nagellack auf seinen Händen, der herunterblättert und auf seine weiße Gitarre fällt. Er hinterlässt schwarzen Dreck.

Wenn ich eines nicht abkann, dann seine Art, seine Instrumente nicht gut zu behandeln. Es gibt keine einzige Gitarre, die er nicht zerkratzt oder bekleckert hat.

Er hebt den Kopf und funkelt mich bösartig an. Ich nehme es jedenfalls an. Ich kann seine Augen hinter dem Pony nicht erkennen.

»Wenn du's besser kannst, warum übernimmst du dann nicht den Singpart und ich begleite dich mit meinem Spiel?«, zischt er.

Ich schüttle den Kopf und massiere mir die Schläfen. »Ne, ich mag die Migräne, die du mir mit deiner Musik gibst.«

Er legt seufzend seine Lady zur Seite und nimmt stattdessen sein Handy zur Hand. »Wann haust du endlich wieder ab? Hast du heute nicht Probe?«

Ich lasse mich zurückfallen und starre auf die immer noch nicht beklebte Decke über uns. Heute scheint sie so tief zu liegen, als könne sie jeden Moment über mir zusammenbrechen und unter ihren Scherben begraben. Es gibt mir seltsamerweise das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Sie umhüllen mich mit warmen Armen und wiegen mich ruhig.

»Ich habe die Probe für dich sausen lassen. Wir machen wegen der Band so gut wie gar nichts mehr zusammen«, erkläre ich ihm das Offensichtliche. »Für eine Band, die du gar nicht mal mehr magst.«

Er schnaubt genervt. »Stimmt gar nicht. Ich wollte sogar zu deinem Auftritt kommen, aber du hast mir ja keine Eintrittskarte besorgt. Ich hätte dich gern mal wieder auf der Bühne gesehen. Es ist lange her.«

Rock meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt