Für eine Nacht nicht Niemand sein

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Mein Daumen presst sich auf die Öffnung der Bierflasche, damit ich bei meinem wilden Herumspringen keinen Tropfen meines überteuerten Getränks verschüttete. Ich spürte, dass ich zu den Hits des DJ's mitsangt, doch hörte ich mich nicht. Auch die anderen um mich herum hörte ich nicht. Nur die Musik. Der Bass hämmerte so sehr, dass der ganze Boden vibrierte. Er ging in meine Füße, durch meinen ganzen Körper. Dieser Druck auf meiner Brust. Er presste mir die Luft aus der Lunge, während er hämmerte und hämmerte. Der Lärm brachte mein totes Herz zum Schlagen. Fremde Körper stießen immer wieder gegen den meinen. Sie zerquetschten mich, schubsten mich herum. Manchmal musste ich mich an jemandes Shirt festhalten, um nicht auf den klebrigen Clubboden zu stürzen. Danach riss ich meine Arme wieder in die Höhe und tanzte unbeirrt weiter. Ich war Teil der Masse. Die Körper verschmolzen zu einem Klumpen.

Ich vergaß die Worte, mit denen das Mädchen meiner Träume unsere Beziehung und mein Herz hat sterben lassen. Ich vergaß die nicht ernst gemeinten und dennoch so verletzenden Scherze meiner Freunde. Ich vergaß die perfekte Familie daheim, zu der ich mich nicht zugehörig fühlte. Ich vergaß meine Wut auf die Welt. Meine Trauer über mein armseliges Leben. Ich vergaß, dass ich ein Niemand war. Ein Nichts. Nicolai Niemand. Ich vergaß meinen Namen. Wer war ich? Ich wusste es nicht. Denn ich vergaß mich. Ich vergaß mich selbst und ich liebte dieses Gefühl.

Ich liebte das Gefühl für eine Nacht nicht Nic Niemand zu sein.

Niemand [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt