"Oh mein Gott!"
Träge hob ich meinen Kopf aus dem Kissenhaufen, der auf seiner Couch lag. "Hm?"
"Als ob sie mir folgt!" Raffaele erhob sich aus seiner unbequemen Arbeitshaltung, um sich zu mir auf das Sofa zu werfen.
"Wer denn?" Müde rieb ich mir über das Gesicht. Sein Gebrüll hatte mich aufgeweckt.
Er quasselte irgendeinen Namen, den ich nicht wirklich verstand.
"Wer...?"
"Oh mein Gott!", rief er erneut. Sein Blick landete auf mir. "Oh mein Gott!!!"
"Was denn?!"
"Du hast sie getroffen?!" Er war viel zu laut und aufgedreht. Das konnte mein sich noch im Halbschlaf befindendes Hirn nicht verarbeiten. In meinem Gesicht war das Fragezeichen wohl deutlich zu erkennen. Der bärtige Italiener verdrehte nämlich die Augen und hielt mir sein Handy vor die Nase.
Ich brauchte einen Moment, ehe meine verschlafenen Augen erkannten, welches Bild er mir zeigte. "Ach Nina..." Gähnend rieb ich mir über das Gesicht. Sie hatte das Foto von uns beiden tatsächlich auf ihrem Profil hochgeladen und mich darin markiert. Seitdem hatte ich einige Follower dazu bekommen. Ihre Seite hatte ich mir jedoch noch nicht wirklich angeschaut.
"Ach Nina?" Raffaele boxte mir auf die Brust, setzte sich etwas umständlich auf mich drauf. "Das ist die Nina!"
"Was weiß ich denn? Ich kenne die ganzen Leute nicht."
"Aber du hast sie getroffen! Und du hast mir nichts davon erzählt!", warf er mir vor.
"Ich hab es nicht für wichtig befunden. Es war eben einfach nur eine ganz interessante Begegnung. Mehr nicht." Ich zuckte mit den Schultern. Bisher hatte ich mit noch niemandem über ihr Angebot gesprochen. Ich wollte die Pferde nicht wild machen, ehe ich mich für irgendwas entschieden hatte. Immerhin war es ganz allein meine Sache. Mein Ding. Das wollte ich mir erst selbst gut überlegen. Immerhin wäre es doch eine ziemlich große Sache. Vorausgesetzt, ihr würde gefallen, wie ich mich anstellte. Vielleicht war ich auch doch nur ein totaler Affe.
"Nicht für wichtig befunden? Sie ist eine bekannte Designerin. Glaubst du nicht, dass mich das interessieren würde?"
"Jetzt wo du es sagst..."
"Du bist manchmal echt eine Hohlbirne!" Wieder boxte er mich, was mich zum Lachen brachte.
"Hör auf, mich zu hauen!"
Dafür bekam ich nochmal eine geboxt, aber auch einen Kuss, der darauf folgte. "Bitte erzähl mir von dem Treffen." Er setzte seinen Dackelblick auf und kuschelte sich an mich.
"Ich war doch mit Marco unterwegs. Also arbeiten."
"Davon hast du mir auch nichts gesagt. Vielleicht sollten wir weniger rummachen, damit du mir wieder mehr erzählst!"
"Find ich doof", schmollte ich.
Raffa lachte. "Aha?"
Ich verteilte Küsse auf seinem Gesicht. "Nicht weniger rummachen..."
"Okay okay!", kicherte er und drückte meinen Kopf von sich. "Erzähl weiter."
"Na ja jedenfalls hab ich Marco zu diesem Fotoshooting begleitet."
"Das Shooting zu ihrer neuen Kollektion?"
"Ja, genau." Ich strich mir eine Locke aus der Stirn. "Ich war eine rauchen und sie auch und wir kamen halt ins Gespräch. Zuerst hatte ich gar keinen Plan, wer da überhaupt vor mir stand."
"Typisch."
"Hey!"
"Ist doch so."
"Na ja. Wir haben uns halt einfach ganz normal unterhalten. Hab ihr von dir erzählt, weil du ja auch Mode machst blabla."
Er grinste mich aufgeregt an. "Deswegen folgt sie mir?"
"Anscheinend. Ich hab ihr gesagt, wie du heißt und wie dein Blog heißt und so. Sie fand ziemlich cool, was du machst. Ich denke ja nicht, dass sie das nur aus Höflichkeit gesagt hat."
"Und wie war sie so?"
"Sehr aufgedreht! Ihr würdet euch sicher gut verstehen. Nina ist wohl auch so chaotisch wie du. Sie redet sehr viel... Und sie hat erzählt, dass sie schon an nächsten Projekten arbeitet. Solche Sachen halt..." Ich zuckte mit den Schultern. "Mehr kann ich dir auch nicht sagen."
Der Mann mit dem Schnurrbart quiekte etwas unmännlich auf, weshalb ich ihn etwas verwirrt ansah. "Das ist sooo cool!" Dann setzte er sich jedoch mit einem vorwurfsvollen Blick auf. "Was heißt hier, sie ist so chaotisch wie ich? Ich bin nicht chaotisch."
Ich zog eine Augenbraue hoch, machte eine ausschweifende Armbewegung. "Hast du dir mal deine Bude angeguckt?"
Die Schönheit sah sich etwas in seinem Wohnzimmer um. "Na gut... Vielleicht bin ich ein kleines bisschen unordentlich."
Ich musste lachen. "Ein kleines bisschen? Würde ich nicht aufräumen, wenn du schläfst, wäre es noch viel schlimmer!"
"Quatsch!"
"Kein Quatsch!", lachte ich.
"Ssshhh!" Er umfasste mein Gesicht.
"Was heißt hier 'Ssshhh'?"
Er küsste mich liebevoll. "Ruhig jetzt, Nilo."
"Hm?"
"Ruhe." Er küsste mich wieder, was ich lächelnd erwiderte. Dieser Kerl...
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Niemand [boyxboy]
RomanceEin Niemand. So wird er von anderen behandelt. Und so behandelt er sich vor allem selbst. Denn er ist ein Niemand. Nic Niemand. Sein Nachname bestimmt sein ganzes Leben, bis ein Mensch in sein Leben tritt, der ihm zeigt, dass er ein Jemand ist.