Brummend presste ich meine Handballen auf meine Augen. Ich hatte sie nicht einmal geöffnet, dennoch schien mein Schädel zu explodieren. Wie häufig ich in dieser Situation bereits aufgewacht war, konnte ich nicht sagen. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen.
„Fuck...", stieß ich hervor. Meine Stimme war rau und mein Hals tat weh. Überhaupt schmerzte mir jede Faser meines Körpers. Als ich die Augen öffnete, stellte ich fest, dass mich keine Sonne blendete. Es war nicht stockfinster. Der Raum war abgedunkelt, aber hell genug, um etwas erkennen zu können. „Wo zum Teufel...?" Stöhnend stützte ich mich auf meine Ellenbogen und ließ meinen müden Blick durch den Raum gleiten. Ich war weder Zuhause, noch bei Marco. In beiden Situationen hätte ich hundertprozentig vergessen, die Vorhänge zuzuziehen, bevor ich auf der Couch oder meinem Bett gelandet wäre. Überhaupt befand ich mich in keinem Schlafzimmer, das mir auch nur ansatzweise bekannt gewesen wäre.
Ich sah an mir herunter. Die Decke war mir beim Aufrichten von der nackten Brust gerutscht. Wie automatisch schlug ich sie zurück. „Oh fuck..." Ich ließ mich zurück ins Kissen fallen und rieb mir über das Gesicht. „Komm schon..." Leicht schlug ich mir auf die Wangen, doch egal wie sehr ich mich anstrengte, ich konnte mich nicht an vergangene Nacht erinnern. Das letzte war, dass ich mit Raffa ordentlich gebechert hatte.
Schnaufend rollte ich mich zur Bettkante. Ich setzte mich vorsichtig auf, wobei mir das Wasserglas und die Tablette auf dem Nachttisch auffielen. Ohne weiter darüber nachzudenken, schluckte ich das Plättchen und exte das Wasser. Kurz wartete ich auf die aufkommende Übelkeit, die mir mehr als bekannt war. Diesmal blieb sie glücklicherweise aus.
Ich scannte den Boden nach meiner Unterhose und meinen restlichen Klamotten ab. Sie waren tatsächlich im ganzen Zimmer verteilt. Ansonsten war es recht aufgeräumt. Leider fand ich allerdings auch kein Anzeichen für das, was hier letzte Nacht geschehen war. Es gab unendliche Möglichkeiten.
Jedenfalls befand sich niemand anderes in dem hübschen Schlafzimmer. Aber auch kein Foto oder Sonstiges, was auf den Besitzer hindeuten würde.
Träge schlüpfte ich in meine Boxershorts. Shirt und Jeans fanden ebenfalls ihren Platz wieder. Meine Socken hatten komischerweise meine Füße nicht verlassen. Anderseits musste ich mir nicht die Mühe machen, sie zu suchen.
Auch im nächsten Raum, welcher wohl das Wohnzimmer sein sollte, sagte mir nichts über die Geschehnisse der letzten Stunden. Allerdings...
Vorsichtig stieg ich über das Chaos hinweg. Überall waren Zettel und andere Papierstücke in komischen Formen verteilt. Stifte und Zeichnungen, Mappen, Maßbänder, Nadelkissen. Stoffe. Leere Pizzakartons und Verpackungen von Instantnudeln. Die Ordnung aus dem Schlafzimmer suchte man hier vergeblich.
Ich beugte mich zu meinen Schuhen hinab. Mein Magen drehte sich ein wenig, aber ich hielt mich zurück. Ich hätte nicht gewusst, wo die nächste Anlaufstelle für meinen Brechreiz gewesen wäre und mitten in die Bude kotzen, wäre wirklich eine Sauerei gewesen. Das wollte ich keinem antun.
Statt meine Schnürsenkel zu binden, stopfte ich sie einfach an der Seite rein. Es war mir echt egal, ob ich meine Latschen verlieren würde. Ich wollte einfach so schnell wie möglich verschwinden, bevor doch jemand auftauchte, dem ich nicht begegnen wollte. Nicht nach einer Nacht, an die ich mich nicht erinnern konnte.
Gerade als ich nach dem Griff greifen wollte, wurde die Wohnungstür aufgeschoben.
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Niemand [boyxboy]
Storie d'amoreEin Niemand. So wird er von anderen behandelt. Und so behandelt er sich vor allem selbst. Denn er ist ein Niemand. Nic Niemand. Sein Nachname bestimmt sein ganzes Leben, bis ein Mensch in sein Leben tritt, der ihm zeigt, dass er ein Jemand ist.