Spür meine Liebe

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Mein Herz pumpte wie irre das Blut durch den Körper. Mir war schrecklich warm und dennoch zittrig. Ich stand schon so oft vor dieser Wohnungstür und hatte geläutet. So oft hatte ich gewartet, dass sie mir geöffnet wurde. Dass ich empfangen und reingelassen wurde. Aber noch nie hatte ich mich so schrecklich gefühlt. Mir ging es seit dem Gespräch mit Marco wesentlich besser. Zwar hatte ich die folgenden Tage damit verbracht, weiter über alles zu grübeln, aber es hatte wirklich etwas geholfen. Dennoch fühlte es sich an, als würde ich jeden Augenblick umkippen. In Ohnmacht fallen. Ich war so schrecklich nervös. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre das Treppenhaus wieder hinunter gerannt. Aber dafür war es zu spät. Die Wohnungstür, vor der ich stand, wurde schwungvoll geöffnet.

„Nilo...!" Noch immer war mir nicht ganz klar, wie er auf diesen Spitznamen gekommen war. Es war auch egal. Denn ich liebte es, wie er ihn aussprach. Wie dieses Wort über seine Lippen glitt und zu mir rüber flatterte. Seine Lippen... „Wo hast du gesteckt? Ich hab mir..."

Ich unterbrach ihn damit, dass ich einen Schritt nach vorn in seine Wohnung trat. Meine Hände umschlossen seinen Kopf. Wir waren etwa gleich groß, weshalb ich es nicht schwer war, den Abstand zwischen unseren Mündern zu überbrücken. Noch ehe ich realisieren konnte, was ich da gerade tat, drückte ich meine Lippen auf die seine. Nicht fest. Eher zaghaft und sanft. Auch mein Griff umklammerte ihn nicht. Er hätte sich jeder Zeit aus meiner Berührung winden können.

„... Sorgen gemacht", beendete der Ältere seinen Satz, als ich mich von ihm löste. Seine braunen Augen starrten in meine blauen. Keiner von uns trat einen Schritt zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen. Mein Herz schlug so schnell und so heftig, dass er es wahrscheinlich hören konnte. Ob seines auch so sehr hämmerte?

Noch immer lagen meine Hände in seinem Nacken. Die Daumen streichelten sanft über seine Wangen. Eigentlich war der Plan gewesen, ihm meine Gefühle zu gestehen. Die Worte blieben mir im Hals stecken. Sie kamen einfach nicht raus. Stattdessen hatte ich ihn geküsst, ohne darüber nachzudenken. Ich hatte noch nie einen Jungen geküsst. Einen Mann. Jemanden, der das gleiche Geschlecht hatte wie ich. Jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern. Was in der einen Nacht passiert war, wussten wir immerhin beide nicht. Bevor Raffaele sich in meinen Kopf geschlichen hatte, hatte ich nie darüber nachgedacht, einen Kerl zu küssen. Intim mit ihm zu werden.

Raffa streckte seinen Arm an mir vorbei und schob die Wohnungstür zu. Wie gern ich in seine Gedanken schauen würde. Was ging hinter dieser hübschen Stirn vor sich? Was dachte er? Der bärtige Mann legte seine Hände an meine Taille, zog mich enger zu sich. Finger krallten sich in mein Shirt.

Mein ganzer Körper kribbelte. Ich zitterte ein wenig, obwohl mir so schrecklich heiß war. Diese braunen Augen, die mich so hungrig anstarrten. Sein beschleunigter Atem schlug mir gegen die Lippen, während sein Gesicht zögernd etwas zu mir vor zuckte. Beide trauten sich nicht so recht, einen erneuten Kuss zu wagen. Ich konnte nicht sagen, wie lang wir dort standen und uns anglotzten. Immer wieder ein kleines Entgegenkommen, wobei sich unsere Lippen jedoch nie ganz berührten. So sehr es mich quälte, so sehr liebte ich dieses kleine Spiel.

Er war es, der es verlor. Unser Spielchen. Er war es, der nachgab und seinen Mund auf meinen presste. Er war es, der meine Zunge zu der seinen einlud. Seine Finger schoben sich unter das weiße Shirt, das ich trug. Sein Schritt rieb als erstes an meinem. Raffaele lud mich ein. Meinen Körper. Er lud mich ein, ihn zu berühren. Überall. Ihn zu küssen. Überall. Ihn zu riechen und zu schmecken. Seinem Stöhnen zu lauschen. Er ließ mich ihn spüren, wie ich noch nie einen Mann gespürt hatte. Raffaele tat Dinge mit mir, die er nicht einmal in meinen Träumen gewagt hätte zu tun. Er war überall. Über mir. Unter mir. Wir verschmolzen wie Wachsfiguren, so heiß war es. Unsere Körper wurden zu einem. Unsere Seelen schienen sich zu vereinen. Wir bewegten uns im Einklang. Miteinander, nicht gegeneinander. Wir verfolgten das selbe Ziel. Wir beide wollten zu diesem Gipfel, der uns den Atem völlig rauben würde und dennoch wollten wir nicht ankommen, weil der Weg dorthin viel zu berauschen war, um ihn hinter uns zu lassen. Gemeinsam schwebten wir. Ich fühle mich schwerelos in seinen Armen. Um uns herum war nichts. Es gab nur uns zwei. Diese Hitze. Diese Lust. Sein Schlafzimmer wurde gefüllt mit unserem Lauten, mit diesem schweren Duft. Luft, die nach Liebe roch. Nach erotischer, heißer Liebe, die für ihn vielleicht rein gar nichts mit der romantischen Liebe zu tun hatte.

Für mich war es eins. Ein großes Ganzes. Ich liebte diesen Mann mit jeder Faser meines Körpers. Mein Herz schlug für ihn. Und nur für ihn, während sich auch mein Körper ihm völlig hingab. Ich gehörte Raffaele, war ihm vollkommen verfallen. Alles an und in mir wollte ihm gehören. Ich wünschte mir so sehr, dass er es sah. Dass er spürte, wie sehr ich ihn wollte. Wie sehr ich ihn nicht nur in seinem Bett wollte, sondern in meinen ganzen Leben. Wie sehr ich in ihn verliebt war. Er sollte mich ansehen und wissen, dass ich ihm gehörte.

Niemand [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt