Sehnsucht

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Ich hielt es nicht eine ganze Woche aus, ohne Raffaele mindestens einmal zu sehen. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Natürlich verfolgte er mich in meinen Gedanken bereits eine Weile. Jedoch hatte er sich aus meinen Träumen stets fern gehalten. Bisher...

Seufzend rieb ich mich an der Matratze, kam langsam zu mir. Am Tage hatte ich nie wirklich darüber nachgedacht, wie es wäre, mit ihm intim zu werden. Selbst, wenn mein Kopf in die Richtung wollte, konnte ich ihn aufhalten. In der Nacht verlor ich jegliche Kontrolle. Der Mann, der sich in meinen Körper geschlichen hatte, konnte ausnahmslos alles mit mir anstellen. Und das tat er. Seine Hände schienen überall zu sein. Seine Finger. Seine Lippen. Ich spürte ihn auf jede erdenklichen Weise. Seine Lippen auf meinen. Seine Zunge an meiner. Ich schmeckte ihn. Ich konnte ihn riechen. Sein Atem streifte meinen Nacken und bescherte mir eine Gänsehaut. Das alles war so unglaublich real, dass ich zuerst nicht gewusst hatte, ob ich es tatsächlich nur träumte.

Ich kniete mich auf mein Bett, lauschte einen Moment. Es war still. Nur meinen schweren Atem und das Rauschen in meinen Ohren konnte ich hören. Meine Hand glitt in meine Unterhose. Ich stellte mir vor, dass es seine Finger waren, die mich dort berührten. Dass es seine Finger waren, die wussten, wo sich die guten Stellen befanden. Seine Hand brachte mich um den Verstand. Er war es, der mich diese Lust spüren ließ. Dieses Fieber.

Ich zog den Kragen meines Shirts hoch, biss in den Stoff, in der Hoffnung, dass ich tatsächlich so ruhig war, wie ich dachte.

Was er wohl gerade tat? Dachte er auch an mich? Dachte er überhaupt jemals auf diese Art an mich? Vielleicht schwirrte ich ihm gerade in diesem Moment ebenfalls im Kopf herum. Vielleicht stellte er sich ebenfalls vor, dass ich bei ihm wäre. Vielleicht taten wir in seinen Träumen gerade das Selbe, wie in meinen Gedanken. Raffaele... Raffaele...!

Mein Kopf fiel in den Nacken. Ohne ein Laut glitt mir sein wunderschöner Name über die Lippen. Vielleicht murmelte ich ihn tatsächlich, während meine Hand immer schneller an meinem Schwanz rieb. Nein, es war seine Hand. Dieses Bild in meinem Kopf. Wie er vor mir saß. Nackt. Unsere Hände umschlossen einander. Ich hörte seinen schnellen Atem. Ich spürte seinen gierigen Blick auf mir. Er stöhnte meinen Namen. Immer und immer wieder...

Ich wusste nicht, wie lang ich dasaß und einfach nur die Zimmerdecke anstarrte. Meine beschmierte Hand ruhte auf meinen Schoß. Das Keuchen war so unglaublich laut, dass ich Angst hatte, es würde jemand hören. In mir stieg dieses schreckliche Gefühl von Reue auf. Es war mir so peinlich, was ich getan hatte. Ich hatte ihn benutzt. Ihn beschmutzt, ohne, dass er es wusste. Vielleicht wollte er gar nicht, dass irgendwer so an ihn dachte. Und ich hatte es einfach getan. Genossen. Ausgenutzt. Ich würde ihm nie mehr unter die Augen treten können.

Eilig wischte ich meine Hand mit einem Taschentuch sauber, ehe ich mit wackeligen Beinen aus dem Bett stieg. Ich öffnete das Fenster ganz und hockte mich auf die Fensterbank. Die Nacht war frisch. Sie kühlte mich ab. Meinen Körper. Meinen Kopf. Die heißen Gedanken verflogen ganz langsam. Meine Finger zitterten, als ich mir eine Zigarette drehte und sie schließlich zwischen meine Lippen klemmte. Der Rauch stieg in die Dunkelheit, verflüchtigte sich. Anders als dieses Bild von ihm in meinem Kopf.

Ob er auch gerade an mich dachte?

Niemand [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt