"Das war so mega cool! Also so richtig mega krass cool. Das hat riesigen Spaß gemacht. Alle waren gut drauf. Die Klamotten waren cool. Und Nina war cool. Und der Fotograf war sowieso cool." Ich sprang um meinen besten Freund herum, ließ ihn sein Equipment allein in seine Karre stapeln.
"Ich war dabei, Kleiner", lachte Marco, der auch bei diesem Shooting die Fotos geschossen hatte.
"Ja, ich weiß. Und das ist so cool!" Ich packte ihn an den Schultern und rüttelte an ihm, während er den letzten Koffer in seinen Kofferraum lud.
"Wie war es nochmal?"
"Richtig cool!", rief ich. "Und Nina hat mir gesagt, dass sie mich in Zukunft öfter dabei haben möchte. Ihr Feedback war so gut und sie war wirklich begeistert."
"Das ist doch schön." Er lehnte sich schmunzelnd an sein Auto. "Siehst du, war gut auf dein Gefühl zu hören. Selbst, wenn du es nicht für immer machen wirst. Aber für den Moment hast du etwas gefunden, das dir Freude bereitet. Das ist schön."
"Ja, total." Ich bekam das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. "Sie hat mir auch eine Agentur empfohlen. Sie arbeitet viel mit ihnen zusammen." Ich nannte meinem besten Freund den Namen. Immerhin kannte er sich damit auch aus.
"Von denen hab ich nur Gutes gehört. Du musst dich dort bewerben. Aber ich bin da guter Dinge. Nina hat ein Auge für sowas." Marco arbeitete bereits eine Weile mit der jungen Designerin zusammen. Nun verstand ich auch warum. Sie wusste, was sie wollte und ihr Ziel lag klar vor ihren Augen. Wenn etwas nicht so lief, wie sie es gern hätte, konnte sie es dem Team sagen, ohne völlig auszurasten. Die Frau war super sympathisch und etwas zerstreut. Sehr liebenswert. "Da reichen auch ganz schlichte Fotos. Die wollen gar nichts aufwendiges sehen. Wenn du möchtest, können wir die später noch machen."
"Klar!" Noch immer war ich total aufgedreht. So richtig real war das ganze noch nicht. Ich hatte gerade meinen ersten Modeljob hinter mich gebracht. Daran hätte ich in meinen Träumen nie gedacht. Ich und Model. Aber offensichtlich musste man nicht der perfekte Typ sein, um so etwas machen zu können.
"Aber erstmal..." Der bärtige Kerl sah auf seine Uhr. "Was hältst du von 'nem Eis?"
"Oh ja!" Begeistert warf ich meinen Arm um ihn. "Lädst du mich ein?"
Grinsend verdrehte er die Augen. "Was bleibt mir anderes übrig?" Er kniff mir in die Seite, ehe er mit mir losmarschierte zur nächsten Eisdiele. Wir bestellten uns jeder zwei Kugeln und setzten uns auf eine Bank. "Hast du Raffaele davon erzählt?"
"Ah..." Ich schleckte einen herunterlaufenden Tropfen von der Waffel. "Nein, hab ich nicht."
"Wieso das denn?"
"Na ja. Raffa ist total ausgeflippt, weil ich Nina getroffen hab und sie ihm auf Instagram folgt und so. Er hätte mich ganz sicher beeinflusst und mir durch dieses... aufdringliche Verhalten entweder zu hohe Erwartungen gegeben oder mir die Lust verdorben. Außerdem macht es jetzt viel mehr Spaß, ihm davon zu erzählen. Jetzt, wo alles so gut gelaufen ist. Es war aber auch schwer, meine Klappe zu halten."
"Stimmt, bei bestimmten Themen scheint er nicht locker zu lassen."
"Jap. Aber das finde ich nicht schlimm."
"Wieso sollte das auch schlimm sein?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Wie... findest du ihn? Er hat letztens etwas ungeplant meine Familie getroffen. Ma hat ihn quasi adoptiert. Das war wirklich schön."
"Er ist wirklich lieb. Und sympathisch. Und sehr attraktiv!"
Ich grinste verlegen. "Er ist echt hübsch..."
Marco stieß mich schmunzelnd an. "Ich mag ihn. Er scheint echt zu sein. Weißt du, was ich meine? Nicht so fake wie manche Menschen sich geben. Seine ganze Art ist sehr aufrichtig, er scheint sich nicht zu verstellen. Auch, wenn ich mir sicher bin, dass er innen drin nicht immer so happy ist, wie er zu sein scheint." Seine Menschenkenntnis erstaunte mich immer wieder aufs Neue. Marco war der typische Beobachter. Meist hielt er sich etwas im Hintergrund und machte sich sein eigenes Bild von seinen Mitmenschen. "Aber jedes Wesen hat sein Päckchen zu tragen, hm?"
Ich nickte leicht, knabberte an meiner Waffel herum. "Ich liebe ihn wirklich. Mit allem, was zu ihm gehört", hauchte ich.
"Das glaub ich dir gern. Und er scheint dich mindestens genauso sehr zu mögen, wie du ihn. Er strahlt so, wenn er dich ansieht. Du machst ihn anscheinend glücklich."
"Er macht mich auch unglaublich glücklich."
Der Ältere legte seinen Arm um mich, drückte mich sanft an sich. "Das ist wirklich toll. Ich freue mich so sehr für dich, dass du jemanden gefunden hast, der dir dieses Gefühl gibt. Das ist etwas ganz besonderes und wirklich wertvoll. Nicht jeder hat so viel Glück, sowas erleben zu dürfen. Man weiß nie, wie lang das anhält. Aber das ist auch egal. Der Moment zählt, Nics. Alles andere ist egal."
Lächelnd packte ich meinen Kopf auf seine Schulter. Das war etwas merkwürdig, da Marco kleiner war als ich. "Weißt du, das fühlt sich ganz anders an als mit meiner Ex-Freundin. Irgendwie ähnlich, aber doch so völlig unterschiedlich. Besser. Keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll. Es fühlt sich so... unendlich an. Weiß nicht. Ich wünsche mir, dass er noch ganz lange an meiner Seite bleibt."
Mein Seelenverwandter legte seine Hand auf meinen Kopf. "Das ist... wirklich sehr süß."
Ein ganz neuer Lebensabschnitt begann. Neue Liebe. Neue Erfahrungen und Erinnerungen. Alles veränderte sich. Das war gut und dennoch fühlte es sich komisch an. Es fiel einem schwer, die alten Dinge gehen zu lassen. Menschen hinter sich zu lassen, die man seine Freunde genannt hatte. Den alten Alltag gegen einen neuen zu tauschen. Dem gewohnten Trott Lebewohl sagen. Das war schwer und machte einem irgendwie Angst. Aber es war wichtig. Es war richtig und gut. Marco hatte Recht. Immer auf einer Stelle stehen zu bleiben, brachte einen nicht weiter. Ich musste mich bewegen. Vorwärts, solang es ging. So viele Erfahrungen sammeln, wie ich konnte und wollte. Machen, worauf ich Lust hatte. Menschen kennenlernen, die mich interessierten und mich von denen verabschiedeten, die nicht mehr in mein Leben passten. Ich war bereit.
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Niemand [boyxboy]
RomanceEin Niemand. So wird er von anderen behandelt. Und so behandelt er sich vor allem selbst. Denn er ist ein Niemand. Nic Niemand. Sein Nachname bestimmt sein ganzes Leben, bis ein Mensch in sein Leben tritt, der ihm zeigt, dass er ein Jemand ist.