Ich folgte meinem Freund hinauf in mein Zimmer. Es war komisch, dass er mich bei mir daheim besuchte. Er war noch nie bei mir gewesen. Aber meine Familie war in den Sommerurlaub verschwunden, auf den ich keine Lust gehabt hatte. Ich war sowieso mit Nina verabredet gewesen, um weitere Details zu besprechen. Das Treffen hatte mir nur noch mehr Lust auf diese ganze Modelsache gemacht, weshalb ich meinen ersten Job tatsächlich in Angriff nehmen würde. So lang war es nicht mehr hin. Wenn ich daran dachte, war ich bereits total aufgeregt.
Ich hockte mich auf mein Bett, während Raffaele sich in meinen vier Wänden umsah. Mein Zimmer war nichts besonderes. Bett, Schreibtisch, Bücherborte mit Sci-Fi Kram und anderen nerdigen Dingen, Kleiderschrank. Das übliche eben.
"Hah!", rief er und zog ein Büchlein hervor. "Wie cool! Marco hat doch davon geredet." Grinsend hielt er ein Notizbuch hoch. Das war einer der Traumreiseführer, die ich als Kind gemalt hatte.
"Bitte nicht..."
Natürlich hörte er nicht auf mich und blätterte dahin herum. "Das ist so cool!"
"Quatsch. Das ist total albern." Als er sich zu mir aufs Bett sinken ließ, versuchte ich es ihm aus den Händen zu greifen.
"Wie süß", meinte er kichernd und zeigte mir ein Bild. Meine Kinderzeichnungen waren nicht besonders gut. Keine Ahnung, wieso ich diese Bücher überhaupt noch hatte. Es fiel mir schwer, mich von alten Dingen zu trennen.
"Das ist peinlich." Ich bekam das Heft zu fassen und hielt es aus seiner Reichweite.
"Och komm schon, Nilo..."
Ich schüttelte den Kopf, hielt es weiter hoch. Würde er sich anstrengen, dann würde er mit Leichtigkeit heran kommen. Immerhin waren wir gleich groß. "Beschäftige dich lieber mit mir."
Der Italiener biss sich auf die Unterlippe. "Ach willst du das?"
"Jap." Ich pfefferte den Reiseführer durchs Zimmer, streckte meine Arme nach meinem Freund aus. "Komm her..."
Er krabbelte über das Bett zu mir. "Da bin ich."
"Gut so", hauchte ich und legte meine Arme um seinen Nacken, um ihn zu mir runter zu ziehen. "Und jetzt küss mich endlich."
"Hmm..." Er rieb seine Nase an meiner, stützte sich leicht auf seinen Ellenbogen ab, um nicht mit seinem gesamten Gewicht auf mir zu liegen. Das würde mich allerdings nicht stören. Er hätte noch so schwer sein können. Hauptsache ich konnte ihm so nahe sein, wie nur irgendwie möglich.
Ich kam ihm näher, doch zog er seinen Kopf zurück. "Raffaele..."
"Nilo?"
"Bitte..." Ich umgriff seinen Kopf etwas fester, zog ihn zu mir. "Sei nicht so gemein zu mir." Meine Lippen legten sich auf die seine. Sofort erwiderte er meinen zarten Kuss. Meine Finger glitten durch sein dunkles Haar. Es war so weich. Wahrscheinlich hatte er es vor der Arbeit frisch gewaschen. Seufzend gebot ich seiner Zunge Einlass, ließ ihn mit seinen Händen meinen Körper erkunden, obwohl er ihn inzwischen in und auswendig kannte. Sie glitten unter mein Shirt. Warm und sanft. Federleicht strich er über meinen Bauch. Ich bekam eine Gänsehaut, drückte mich seiner Hand leicht entgegen.
"Besser...?" Seine Stimme war noch rauer als sonst.
Ich nickte, küsste ihn erneut. Diesmal gieriger. Leidenschaftlicher. Die aufkommende Hitze bestimmte die Intensität meiner Berührungen. Ich krallte mich leicht in sein Haar, als er meinen Hals hinab wanderte. Er knabberte und saugte. Dort, wo er mich berührte, kritzelte es so herrlich. Wimmernd presste ich meinen Körper an den seinen, ließ meinen Daumen unter den Saum seiner Jeans fahren. Zu viel Stoff...
"Da hatte wohl jemand Sehnsucht", stellte er belustigt fest.
"Sei still..." Ich knöpfte sein Hemd auf, zog es von seinen Schultern. Seufzend ließ ich meine Lippen über die gebräunte Haut gleiten, rieb meine Nase an ihm. Er roch so gut. Männlich und dennoch völlig anders als jeder Mann, dem ich je begegnet war.
"Schnupperst du an mir?" Er gluckste und betrachtete mich grinsend.
"Halt die Klappe", brummte ich. Ich legte mein Bein um seine Taille, rieb meinen Schritt an seinem. Er streichelte meine Wangen, vereinte unsere Münder erneut. Unsere Zungen tanzten miteinander. Ich schmeckte den Tee, den er vorhin getrunken hatte. Und ihn. Raffaele. Er war überall. In meinen Armen. Auf meiner Zunge. Zwischen meinen Beinen. Mein Kopf war ganz benebelt, wusste nicht mehr, wo unten und oben war. Mir wurde schwindelig. Die Lust, die mich überrollte. Die Leidenschaft. Die Hitze, die den Raum erfüllte.
Mir entglitt ein Stöhnen, als er meine Mitte liebkoste. Erst mit seinen Fingern, dann mit seinen perfekten Lippen und der feuchten Zunge. Meine Hose hatte längst den Weg auf den Boden gefunden. Erregt krallte ich mich in seinen weichen Haaren fest. "Fuck..." Dieser Kerl war so geschickt bei allem, was er tat. Das war mir bereits beim ersten Mal aufgefallen. Seine Hände waren viel größer als die meiner Ex. Seine Finger länger. Sie berührten mich ganz anders. Sein Gesicht fühlte sich anders an, wenn wir uns küssten. Sein ganzer Körper war größer und kräftiger. Wie er ihn an meinen presste und sich an mir rieb. Die Art, wie er mich verwöhnte. Ich wollte ihn komplett...
"N-nicht... aufhören", krächzte ich, als er sich von mir löste und zu mir hinauf kam.
Kurz küsste er mich. "Hast du Kondome und...?"
Es fiel mir schwer, mich auf seine Worte zu konzentrieren, während er mich noch immer überall zu berühren schien. "In der Schublade." Ich fuhr mir über den Gesicht.
Raffa streckte sich über mich zu meinem Nachtschränkchen und zog eine der Schubladen auf.
"Die Unterste", erleichterte ich ihm die Suche. Da er sich noch weiter vor bewegen musste, um ran zu kommen, berühre sein Schritt den meinen. Widerwillig drückte ich seine Hüfte etwas von mir. Doch hätte ich es nicht getan, wäre ich wohl jetzt schon gekommen. "Beeil dich, Raffa..." Ich fuhr ihm über seinen hübschen Hintern, den er mir so gemein präsentierte.
Doch statt mir den Gefallen zu tun, einfach die gesuchten Gegenstände aus der Schublade zu angeln, hielt er etwas anderes hoch. Durch die Erregung brauchte ich einen Moment, seinen Blick zu verstehen und zu erkennen, was er mir vor die Nase hielt. Es war sein Autoschlüssel, den ich damals doch noch gefunden hatte, nachdem er ihn vom Parkhausdach hatte fallen lassen. Da ich ihn nie gebraucht hatte, um mit Raffaele in ein Gespräch zu kommen, hatte ich ihn völlig vergessen. Ich hatte ihn in die Schublade gelegt, um ihn nicht zu verlieren. Aus den Augen, aus dem Sinn.
"Seit wann hast du den?", fragte mich der Ältere. Er war nicht wütend. Eher verwirrt und ein Lachen hing ihm in der Brust.
Ich konnte nicht aufhören den nackten Mann zu betatschen. "Ein Tag, nachdem zu ihn verloren hast..."
"Dein Ernst?" Er ließ den Bommel über meinem Gesicht baumeln. "Und du kommst nicht auf die Idee, ihn mir zu geben?"
"Das war mein Backup", verteidigte ich mich.
"Wofür?" Er lachte auf, brachte etwas Abstand zwischen uns, da er sich wegen meiner Berührungen nicht ganz konzentrieren konnte.
Ich zog eine Schnute, streckte meine Arme nach ihm aus. "Falls ich einen Grund gebraucht hätte, dich anzusprechen..."
Der Student patschte sich lachend die Flosse gegen die Stirn. "Dein Ernst?"
"Ja...!" Ich kroch zu ihm rüber, drückte mein Gesicht an seinen Bauch. "Und jetzt schenk mir deine Liebe."
"Gott, Nilo", kicherte mein fester Freund. "Wieso bist du so?"
Ich zuckte mit den Schultern, biss leicht in seine Seite. "Bitte..."
Er warf den Schlüssel auf seine Klamotten und pinnte mich zurück auf die Matratze, um mir endlich zu geben, wonach ich mich so sehr sehnte. Wir wurden eins. Wir verschmolzen wie Kerzenwachs, wenn es heiß wurde. Die stickige Luft und die Bewegungen seiner Hüften ließen mich nur schwer atmen. Es war unendlich heiß und mein Kopf fiel schwer in den Nacken, während wir gemeinsam auf der höchsten Wolke flogen, die es gab. Bis wir fielen, ganz schnell. In einen Rausch, der uns alles vergessen ließ. Es gab nur ihn und mich. Und dieses intensive Gefühl, das man so lang hinauszögerte, bis man es schließlich nicht mehr aushielt.
DU LIEST GERADE
Niemand [boyxboy]
RomanceEin Niemand. So wird er von anderen behandelt. Und so behandelt er sich vor allem selbst. Denn er ist ein Niemand. Nic Niemand. Sein Nachname bestimmt sein ganzes Leben, bis ein Mensch in sein Leben tritt, der ihm zeigt, dass er ein Jemand ist.