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Die erste Woche war, zumindest für meinen Geschmack, viel zu schnell vorbei. Inzwischen ist es wieder Mittwoch und mal wieder stehe ich mit Annalena und den anderen in der Küche. Morgenkaffee. Oder auch Gruppenstärkung, wie Annalena es immer nennt. Wir stehen alle am Fenster und schauen nach Berlin. Ich bin froh, die Stadt für die nächsten Wochen verlassen zu können und mir schöne Ecken Deutschlands anzusehen. Der Tourbus ist echt groß genug für uns alle und ich weiß, dass Robert uns einen Teil begleiten wird. Dann haben wir wenigstens einen super Koch an Bord.
"Morgen geht es also los.. wir brauchen noch einen schönen Abschluss beziehungsweise einen schönen Start" "Was schwebt dir im Kopf, Robert?" "Ich kenne so eine kleine Bar. Da können wir heute Abend hingehen und dann könnt ihr morgen losfahren. Ich packe euch auch genug Aspirin ein, dann könnt ihr da wenigstens mit voller Energie anfangen." "Er hat Recht, sonst ist es langweilig" Im Endeffekt haben wir alle zugestimmt und jetzt ist es sicher; wir machen einen 'Gruppenausflug' in eine Bar. Kommt mir sehr bekannt vor. 

Der Tag war im Endeffekt ganz langweilig, aber die Freude, heute Abend noch mit den anderen Zeit zu verbringen, macht die Sache wenigstens etwas besser.
Richtig Zeit, mich fertig zu machen, hatte ich nicht. Claudia hatte angeboten, mich gegen 19 Uhr abzuholen, heißt ich habe nicht mal 40 Minuten Zeit für mich. Kleider habe ich nicht wirklich, also muss ein Hosenanzug hinhalten. Bzw. nur die Hose davon, für eine Jacke ist es eindeutig zu warm.

"Und, bist du ready?" Claudia schaut mich an. Ich schau sie an und werde immer unsicherer. 
"Mach dir keine Gedanken, meine Liebe. Du kennst uns doch inzwischen. Und so böse sind wir nicht." Sie zieht mich an meiner Hand mit ins Gebäude und lacht dabei. So wie Claudia eben ist. 

"Mensch, wieso hat ihr so lange gebraucht? Die ersten haben schon ein paar Drinks drinne und ihr kommt erst jetzt an? Das geht so nicht. Claudi - bei dir wie immer?" 
"Genau, Tequila. Danke, Anna." 
"Und für dich Alica? Ach warte, komm einfach mit mir" Und damit wurde ich am anderen Arm Richtung Bar gezogen. 
"Wo sind eigentlich die anderen?" 
"Ach, Katrin und Cem sind auf der Tanzfläche und Robert filmt sie wahrscheinlich noch immer. Der will einfach nicht tanzen, keine Ahnung wieso. Hab ihn schon mindestens 5 mal gefragt un-"
"Ich würde gerne tanz-" Erschrocken schaut mich Annalena an. "Was hast du gesagt?"
"Ich.. also.. ich meinte, ich würde auch gerne tanzen. Also so mit den anderen und-" 
"Wir können auch zusammen tanzen. Ist ja schließlich egal mit wem man auf der Fläche ist." Sie zwinkert mir noch zu und schenkt mir ein warmes Lächeln. Ich spüre wie meine Wangen warm werden und drehe mich von ihr weg. 

Nachdem wir alle Getränke an die Tische gebracht haben, sind auch die anderen von der Tanzfläche zurück. Robert lacht sich nur eins ins Fäustchen und jeder spürt die Energie an unserem Tisch. 
"Lass uns Anstoßen: Auf einen guten Wahlkampf und eine hoffentlich baldige grüne Kanzlerin!"
"Prost!" Alle lachen und wir lassen unsere Gläser klirren. Annalena, welche links von mir sitzt, lehnt sich plötzlich gefährlich nah an mein Ohr. "Und eine gute Zeit zwischen uns beiden" flüstert sie mir zu und innerhalb von einer Stunde glühen meine Wangen ein zweites Mal. 

Wir saßen mindestens eine Stunde so zusammen, doch dann wurde es Claudia zu langweilig und sie schleppt uns alle, also auch Robert, welcher zwar protestiert, aber gegen Claudia keine Chance hat, mit zu den tanzenden Leuten im Raum.
"Aber ich kann doch gar nicht tanzen" beschwert er sich nun und schon steht Claudia vor ihm. Während die beiden ihr Tanzbein, oder in Roberts Falle einfach nur sein Bein schwingt, suchen wie anderen uns alle Partner. Anton kommt gerade auf mich zu, als Annalena ihm zuvor kommt. Ich werfe ihm noch einen "Es-tut-mir-leid-Blick" zu, drehe mich aber dann doch ganz glücklich zu Annalena. Dank meinem Glück läuft auch noch ein langsames Lied und wir, genauso wie alle anderen Paare, tanzen langsamen Walzer. Annalena kann super tanzen. Sie hat den männlichen Part übernommen und hat ihre Hand an meinem Rücken. 

"Sag mal... Wie geht's dir?"
"W-Was?"
"Wie geht es dir?"
"Wieso fra-"
"Du siehst.. nicht wirklich gut aus. A-Also du siehst schon gut aus. Aber ich meine im Gegensatz zu heute Vormittag. Also- du weißt schon, was ich meine. Hoffentlich."
"Oh, ja. Ich bin um.. leicht nervös." 

Ihre Hand rutscht runter an meine Taille, schon fast meine Hüfte, und zieht mich noch etwas näher an sie heran, sodass zwischen uns nur noch ein Blatt Papier passen kann. 
"Es liegt doch wohl nicht etwa an mir, oder?"
Während dieser Frage schaut sie mir direkt in die Augen und  mir bleibt nichts anderes übrig, als mich in ihnen zu verlieren. 

"I- Ich.. äh nein. Also.. ja, ne nein. Also.. Es ist hauptsächlich wegen der Tour. Ich habe Angst etwas falsch zu machen." Ich breche den Blickkontakt ab und schaue an ihrer Schulter vorbei und sehe Claudia, die mit Robert noch immer über die Tanzfläche fegt. 
"Hauptsächlich? Wegen wa-" 
"Erkläre ich dir wann anders." Genau in dem Moment wechselt der Song. "Darf ich um noch einen Tanz bitten?" Sie grinst mich an, macht einen leichten Knicks und nimmt meine Bitte an. 

So ging der Abend auch schon dem Ende zu. Annalena und ich haben noch ca. eine halbe Stunde getanzt und gehen jetzt, mit schmerzenden Füße, zurück zu unseren Freunden. 

"Na ihr Tanzmäuse. Bei euch lief es ja super" scherzt Robert und zwinkert uns mit einem Lächeln zu. 
"Alica ist eine super Tänzerin. Mit ihr kann es nur super laufen."
"Na da hab ich was verpasst" beschwert sich Anton, während er an seinem Getränkt nippt "Aber bei euch muss die Chemie ja stimmen. Ihr habt noch einige Wochen auf engen Raum vor euch" 


"Der Abend war suuuper! Dange, dass ihr misch eingladen haabt. Seltn so'n Spass gehbt"
"Oh Alica. Wir haben dir doch gesagt, du sollst nicht so viel trinken. So können wir dich doch nicht absetzen." 
"Ach dasch macht doch nischts. Mir geht total suba."

"Dir geht es definitiv nicht gut. Du hast lautstark bei Helene Fischer mitgesungen." 
"Oh"
"Wir bringen dich jetzt nach Hause. Robert, kannst du mir helfen sie zu halten? Nicht, dass Madame Schlager noch umfällt."
"Vielleicht solltest du sie mit zu dir nehmen, Annalena. Ich glaube, die kannst du heute Nacht nicht allein lassen."

𝑎𝑛𝑑 𝑦𝑜𝑢 𝑠𝑎𝑣𝑒𝑑 𝑚𝑒 -annalena baerbockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt