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Ohne weitere besondere Zwischenfälle verging die Zeit vom Wahlkampf wie im Fluge. Es war, zumindest soweit ich mich erinnern kann, die beste Zeit in meinem Leben. Ich habe so viele neue und nette Leute kennenlernen dürfen, habe Zeit mit meinen neuen Freunden verbracht und habe vieles dazu gelernt: nicht nur, wie man sich mit potentiellen Wähler*innen unterhält oder wie man professionell Auftritt, sondern auch, wie man auf sich selbst vertraut, um jede Situation zur besten zu machen. Dabei waren auch Annalena und Robert eine große Hilfe. Da ich die beiden fast dauerhaft um mich herum hatte, konnte ich von beiden die verschiedensten Dinge lernen. Am lustigsten waren und sind die Abende, wo wir zusammen etwas trinken und Robert am Ende über alles mögliche philosophiert. Annalena fängt dann immer an mit lachen und wir beide beobachten währenddessen die Sterne. Im Endeffekt war das die beste Zeit meines Lebens und jetzt ist sie zu Ende. Heute war die letzte Veranstaltung und die Fraktion hat alle zu einer kleinen Feier eingeladen, wo auch ich mit hin durfte. 
Da niemand gesagt hat, was genau wir machen, habe ich ein einfaches dunkelblaues Kleid mit hellen Highheels angezogen, da dies nicht zu schick, aber auch nicht zu gammelig ist. 

Inzwischen sind auch alle anderen schon angekommen, darunter auch Claudia und Anton. Beide habe ich während dem Wahlkampf 2 oder 3 mal gesehen und auch alle anderen sind mir echt ans Herz gewachsen. 
Da ich Annalena noch nicht entdeckt habe, geselle ich mich mit zu Robert, welcher auf der Dachterrasse ans Geländer gelehnt steht. 
"Hallo Robert"
"Ha- Oh, hi Alica. Du siehst gut aus. Also das Kleid sieht gut aus." Ich bedanke mich mit einem grinsen bei ihm und frage, ob er Annalena schon gesehen hat.
"Nicht noch einmal. Seit Cem mit seiner Pflanze hier ist, ist sie verschwunden."
"Seine Pfla- Oh nein bitte nicht. Wenn das jema-" 
"Jetzt hab dich nicht so. So schlimm ist es nicht. Komm mit." 
Und somit zieht er mich wieder ins Zimmer und einmal quer durch den Raum. 
"Och Robert, wo willst du denn-" Ich wollte gerade protestieren als mir der intensive Geruch in die Nase steigt.
Sofort steht Annalena bei uns und grinst mich an. Sie hält mir was vor die Nase, was ich scheinbar nehmen soll. Mit einem Blick in die Runde erkenne ich auch noch andere bekannte Gesichter. Deswegen ist es vorne so leer. 
"Hier, nimm und zieh dran. Es ist auch gutem Anbau" kommt nun auch Cem hinter Annalena hervor. 
"Ich pass auf sie auf. Genießt ihr die Party, vor allem du Annalena. Du hast es am meisten verdient." sagt Robert und führt mich in eine ruhigere Ecke des Zimmers. 
Wir setzen uns auf ein Sofa und er fängt an, langsam etwas zu drehen "Hast du schonmal?" Ich schüttel' nur mein Kopf während er sich seinen Joint anzündet. Nach einem Zug hält er ihn mir hin. "Keine Sorge. Es ist nicht gefährlich. Am Anfang kratzt es etwas im Hals, aber das wird mit der Zeit." 

Und so ging die Nacht schnell rum. Die anderen kamen auch ans Sofa, manche brachten einige Gläser Alkohol mit und ab und zu ging ein neuer Joint die Runde rum. Irgendwann habe ich nicht mehr viel mitbekommen, zumindest nichts wichtiges. Stehen ging noch, aber laufen war dann schon etwas anspruchsvoller. Aber Annalena und Robert waren immer in der Nähe, was die Sache erträglich macht. 
"Hey, Alica. Alles gut bei dir?" Robert steht über mich gelehnt und schaut mich an.
"Was? Ja, wieso denn nicht? Mir geht's blendendddd"
"So siehst du aber nicht aus" Nun steht auch Annalena neben ihm und schaut besorgt. "Vielleicht solltest du sie nach Hause bringen."
"Neinnnn. Mir geht es total gut. Ihr könnt mir ruhig glauben" sage ich und versuche aufzustehen, hätte jedoch fast den Boden mit meinem Kleid und Gesicht gewischt, wenn Robert mich nicht gefangen hätte. 
"Alica, setz dich wieder hin, bitte. Schlaf dich hier aus. Annalena, kannst du ihr bitte ein Glas Wasser holen?" Ohne ein weiteres Wort läuft sie los. Robert setzt mich langsam auf die Couch.

POV Robert 

Alica ist inzwischen echt durch. Sie hat nicht einmal viel getrunken oder geraucht, aber trotzdem sitzt sie hier direkt vor mir, total müde und berauscht. Ich halte ihre Schultern fest, da sie dauerhaft hin und her schwingt und ich Angst habe, dass sie gleich auf eine der beiden Seiten kippt. "Ach Alica, es tut mir so leid" 
"Was tut dir Leid?" Ich schaue auf sie hinab und ihre braunen Augen schauen direkt in meine. 
"Das es dir jetzt so geht. Dir geht es nicht gut und das ist allein meine Schuld." Mit einer Hand fahre ich durch meine Haare und die andere liegt noch immer auf ihrer Schulter.
"Robert" Ich schaue sie wieder an. Ihr Blick wirkt immer mehr vernebelt. 
"Alica ruh dich aus. Annalena ist bestimmt gleich wieder mit deinem Wasser da." 
"Robert.. schau.. mich bitte an" Sie sieht inzwischen aus, als ob sie gleich ohnmächtig wird. Ich beuge mich ein bisschen zu ihr runter, damit ich sie besser verstehen kann, da nimmt sie ihre Hände an meinen Hemdkragen. 
"Alica, wa-" Doch ich habe keine Möglichkeiten mehr, etwas zu sagen, denn unsere Lippen liegen aufeinander. Auch ohne den Kuss zu erwidern schmeckt man das Gras und den Alkohol an ihren Lippen.

POV Alica 

Ruckartig ziehe ich ihn zu mir runter und verbinde unsere Lippen miteinander. Und danach wurde es langsam dunkel. Alles, was ich noch mitbekomme, ist wie ich rückwärts auf die Couch falle und ein paar Geräusche. Darunter einige Leute, die pfeifen und applaudieren, aber auch das Zerbrechen eines Glases.

𝑎𝑛𝑑 𝑦𝑜𝑢 𝑠𝑎𝑣𝑒𝑑 𝑚𝑒 -annalena baerbockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt