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"Ich glaube, sie wird langsam wach. Los, geh und hol ein Wasser" Claudia? "Liebes, es ist alles gut. Du kannst die Augen auf machen" Und so mache ich es auch. Also ja, Claudia. 
"Was ist los? Wo bin ich? Wieso dröhnt mein Kopf? Wo sind die anderen?" Das Licht der Lampen blendet mich. 
"Immer mit der Ruhe. Hier, trink das. Es ist nur Wasser. Du hast es wirklich nötig:"
Mit einem Schluck habe ich das Glas geleert. "Wieso nötig?" 
"Weißt du noch irgendwas von gestern?" 
"Uhm jetzt so direkt nicht. Wieso?" 
"Du bist gestern ohnmächtig geworden und bist dann eingeschlafen. Du hast scheinbar etwas zu viel getrunken oder geraucht und dann warst du weg" 
"Ohje. Ist sonst etwas passiert?" 
Bei dieser Frage hält sie kurz inne. "Vielleicht solltest du das jemand anderen fragen." 
Sie wollte gerade aufstehen und gehen, doch ich halte sie am Ärmel fest. "Claudia, bitte." 
"Du hast Robert geküsst. Und dann bist du weg gewesen. Okay? Ich lasse dich mit der Info erstmal kurz allein. Wir sehen uns dann." Sie lächelt mir noch einmal schnell zu und verschwindet ins Nebenzimmer. 
Was hab ich? Das kann nicht stimmen.

Mein Handy liegt direkt neben mir auf einem kleinen Tisch und die 10% Akku müssen reichen. 5 verpasste Anrufe, 7 ungelesene Nachrichten. Meine Mutter hat mich 4 mal versucht anzurufen (wahrscheinlich weil ich die Spülmaschine nicht leer gemacht habe) und ein Anruf von einer alten Freundin. Alle 7 Nachrichten jedoch von Anton. Ihn habe ich auf einer der Wahlkampftage kennengelernt und mit ihm kann man auch über alles reden. Und jetzt schickt Toni mir 7 Nachrichten? Nachdem er gestern nicht einmal da war? 
*Hey Alica, alles gut bei dir?* 
*Ich hab was ganz komisches von den anderen gehört*
*Will nur wissen, ob das stimmt*
*und ob alles gut ist*
*Bildanhang* 
*Bist das wirklich du?? 
   Sei froh, dass es privat war, sonst wäre es überall in der Presse.*
*Wenn du Hilfe bei etwas brauchst, dann ruf mich an. Mindestens beim zweiten mal gehe ich dann auch dran*
Ich schaue mir das Bild an und verstehe nun, was Claudia vorhin gemeint hat. Da sind Robert und ich. Wie wir uns küssen. Was ist da passiert? Oh Gott ist das peinlich.

Nach einigen Minuten und 2 weiteren Gläsern Wasser gehe ich wieder in den Hauptraum und schaue mich um. Inzwischen sieht man nichts mehr von einer Party gestern und auch so sind fast alle munter und gut drauf. Die meisten habe mich gar nicht bemerkt, andere schenken mir ein kleines Lächeln und ein kurzes "Guten Morgen". Aber bis jetzt kam von keinem ein komischer Blick, worüber ich schon einmal ganz froh bin. 
"Hey Katrin. Weißt du zufällig, wo Claudia ist?" Katrin hat mich scheinbar nicht kommen gehört und fällt fast vorne über. 
"Oh Gott hab ich mich erschrocken. Aber Claudia ist dort hinten irgendwo. Und oh meine Liebe, du siehst ja gar nicht gut aus. Du solltest dich echt ausruhen." Sie schenkt mir einen mitleidigen Blick und räumt weiter den Boden auf. Auch Claudia ist beschäftig, läuft jedoch voll Freude auf mich zu. "Ruh dich noch etwas aus. Ich kann dich dann auch nach Hause bringen. Wenn du noch 15 Minuten hast, dann-" "Das ist super lieb, aber ich wohne nicht weit von hier. Außerdem geht es mir schon besser. aber wenn du hier noch eine helfende Hand brauchts, dann schreib mir bitte eine Nachricht oder rufe schnell an." "Oh du bist so eine Süße. Jetzt weiß ich wa- egal. Aber wir haben hier alles in der Hand. Du kannst ruhig zu dir gehen und nochmal etwas schlafen. Das tut dir auch gut. Wir sehen uns doch bestimm morgen, richtig?" 
Ich wollte gerade gehen. "Morgen?" 
"Hat dir das denn keiner gesagt?" 
"Das ich morgen wählen soll?" 
"Nein, also ja natürlich, aber ich meine unsere Wahlparty. Die hast du doch nicht etwa vergessen?!"
Natürlich habe ich es vergessen. Und natürlich steht es auch groß und fett in meinem Kalender. "Natürlich nicht. Wir sehen uns bis dahin" Vielleicht.

Zuhause angekommen lege ich mich in mein Bett und denke nach. Ich antworte auch endlich mal Toni und versuche dauerhaft, Annalena zu erreichen, aber diese nimmt nicht ab. Muss wohl noch schlafen.

*Du solltest mit Annalena und Robert reden.*

*Wieso mit Annalena? Ist da auch was passiert???* 

*Nein, aber.. ach vergiss es* 

*Ist ja eh egal. Sie geht eh nicht an ihr Telefon. 

Und ich will echt nicht mit Robert reden.*

*Irgendwann musst du aber, Alica.*

*Jaha, aber das muss ja nicht unbedingt jetzt sein.Der hält das schon aus*

 
*Du bist manchmal echt kompliziert.
Aber ein anderes Thema: Sehen wir uns morgen Abend?* 

*Wenn es mir besser geht.*

Und nach der Konversation bin ich auch wieder ins Land der Träume, in der Hoffnung, dass ich nicht die ganze Nacht durchschlafe. 
Natürlich funktioniert das nicht. Meine Mum kam gegen 20 Uhr und hat gefragt, ob ich noch etwas zu essen brauche und ob alles gut sei. Und ja, die Anrufe waren einerseits wegen der Spülmaschine, aber auch wegen dem einen Kochlöffel, den sie nicht gefunden hat. Jedenfalls war ich jetzt wach. Die 3 Anrufe von Robert ignorierte ich gekonnt und versuchte noch zwei mal Annalena zu erreiche, was so gar nicht funktioniert hat. Also habe ich mich entschlossen Robert zu ignorieren und Annalena mich. Toll.

Am nächsten Tag lief alles wie geplant. Schon ganz früh am morgen ging ich wählen und dann wieder nach Hause. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, Nachrichten zu schauen, nur um dort Annalena zu sehen. Also hab ich auch das ausgeschalten und bin zu meiner Mum. 
"Wolltest du heute Abend nicht zu dieser Wahlparty gehen?" fragt sie mich, während sie mir einen Kaffee hin schieb, den ich dankend annehme. 
"Ich weiß es um ehrlich zu sein noch nicht." 
"Aber wieso denn nicht? Du solltest wenigstens wegen deiner Chefin gehen. Sie würde sich bestimmt darüber freuen." 
"Mhm möglicherweise schon. Aber ich gehe nochmal an meinen Schreibtisch. Bis später" Und damit bin ich wieder verschwunden.

Eigentlich wollte ich wirklich nicht hier her kommen. Und jetzt stehe ich wieder hier. In einfacher weißer Bluse, dunkelgrünem Anzug und natürlich hohen Schuhen. Und mal wieder regnet es, weshalb ich klitschnass im Gebäude ankomme. Viele Parteimitglieder stehen vorne an einem großen Bildschirm. 17:55Uhr. Ganz vorne stehen auch Annalena und Robert. Das ist die einzige Chance die ich habe und nutzen muss. Also schiebe ich mich an allen so schnell es geht vorbei, was etwas zu lange dauert und komme direkt neben ihr an. Sie schaut mich an, als hätte sie einen Geist gesehen, aber da ist auch ein Hauch von Angst und Enttäuschung in ihrem Blick. 

"Ich kann ja meine Lieblingschefin bei ihrem großen Abend nicht alleine lassen." 

Und mit den Worten springt die Uhr auf 18 Uhr um.

𝑎𝑛𝑑 𝑦𝑜𝑢 𝑠𝑎𝑣𝑒𝑑 𝑚𝑒 -annalena baerbockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt