Kapitel 17

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C a s s a n d r a

Sonnenstrahlen, die durch mein Fenster fielen, begrüßten mich am nächsten Morgen. Guter Dinge und mit dem Plan mich heute mit Tyron zu unterhalten, schlich ich ins Badezimmer und machte mich für den bevorstehenden Tag fertig. Hoffentlich würde er mir zuhören und es war noch nicht zu spät ihn davon zu überzeugen, dass wir es zusammen versuchen sollten. Natürlich verschwand meine Angst nicht von der einen auf die andere Sekunde, jedoch machte mir der Gedanken an ein Leben ohne Tyron noch viel mehr Angst. Gedanklich legte ich mir bereits Sätze zurecht, die ich ihm sagen wollte. Er musste wissen, dass ich nicht vor ihm zurückgeschreckt war, sondern mich meine Vergangenheit immer noch verfolgte.

Mir war klar, dass ich ihm bei diesem Geständnis auch von meinen Narben erzählen musste. Im Spiegel betrachtete ich sie, nur das Handtuch vom Duschen um den Körper geschlungen konnte man sie gut sehen. Die vier Krallenspuren begannen kurz unterhalb des linken Schlüsselbeines und zogen sich bis kurz unter den rechten Nippel meiner Brust. Das Narbengewebe cremte ich jeden Morgen und nach jeder Dusche mit einer speziellen Creme ein, damit sie weich und geschmeidig blieben. Die Haut an meinen Brüsten war besonders in Mitleidenschaft gezogen worden und durch ein fehlendes Stück Fleisch erschien die rechte Brust zusätzlich etwas unförmig, was der BH jedoch gut kaschierte. Die Narben waren nicht schön, besonders da sie einen Teil meiner Weiblichkeit bedeckten. Vielleicht würde Tyron mich deswegen nicht schön finden, ploppte der Gedanke in meinem Kopf auf und schnell wandte ich den Blick von meinem Spiegelbild ab und zog mir meinen BH und einen Rollkragenpullover über. Bisher hatte mich kein Mann, außer der Arzt, jemals nackt gesehen, also wusste ich nicht, wie seine Reaktion ausfallen würde. Ich hoffte, dass er mich trotzdem schön finden würde.

In der Küche empfing mich nicht wie sonst der Geruch nach Kaffee, sondern ein Mann, der nicht Tyron war. Ein kleiner Schrei entwich mir, als ich Milan an dem Tisch sitzen sah und augenblicklich begann mein Herz zu rasen. Entschuldigend lächelte der Gamma mich an und wünschte mir einen schönen Morgen.

„Ich wollte dich nicht erschrecken Cassandra. Tyron wollte, dass ich auf dich aufpasse, solange er weg ist." Meine Gedanken rasten bei seinen Worten. Wollte Tyron nicht mit mir reden? War es zu spät, um ihm zu sagen, dass ich ihn nicht verlassen wollte? Ich versuchte mir nichts von alldem anmerken zu lassen und begann mir einen Kaffee zu machen. Beiläufig fragte ich Milan dabei nach Tyrons Verbleib aus.

„Wie lange wird er denn weg sein? Ich wollte noch etwas mit ihm besprechen."

„Naja er ist zu so einem Alpha Treffen gefahren, hat er dich nicht informiert?" Fragend musterte Milan mich und meine gefasste Fassade begann zu bröckeln. Als ich das nächste Mal zum Sprechen ansetzte klang meine Stimme gebrochen.

„Nein, ich habe ihn seit vorgestern Abend nicht mehr gesehen." Schweigen breitete sich zwischen mir und dem Wolf aus. Keiner wusste wirklich, was er nun sagen sollte. Meine Gedanken und Gefühle überwältigten mich in dem Moment und ohne, dass ich es wirklich verhindern konnte, bahnten sich die Tränen einen Weg meine Wangen entlang. Ein einziges Schluchzen entkam meiner Kehle und sofort stand der Gamma neben mir und zog mich vorsichtig in seine Arme. Beruhigend redete er auf mich ein, strich mir vorsichtig über den Rücken und auch wenn ich mir eine Umarmung wünschte, so war es nicht die Seine. Wieso war Tyron nicht hier, um mich in den Arm zu nehmen und mir so die Möglichkeit einer Erklärung zu geben? Eine Weile hielt Milan mich noch in den Armen, bevor er mich an den Schultern ein Stück von sich schob und in meinem Blick nach einer Antwort auf seine unausgesprochene Frage suchte.

„Möchtest du darüber reden? Ich kann auch deinen Bruder holen, wenn dir das lieber ist." Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich mich von ihm löste und die Tränen von meinen Wangen wischte. Milan geleitet mich nach einem kurzen Nicken meinerseits ins Wohnzimmer, wo er mich sanft auf das Sofa drückte. Er verließ kurz den Raum, kam mit zwei Tassen Kaffee wieder und setzte sich mit einigem Abstand neben mich. Neugierig und abwarten wandte er sich mir zu, zwang mich jedoch nicht zum Reden, sondern wartete so lange, bis ich mich bereit fühlte. Mit einem Seufzen erzählte ich ihm dann schließlich, was zwischen mir und seinem Alpha vorgefallen war.

A Love stronger than DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt