Kapitel 35

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C A S S A N D R A

Lächelnd zog ich Ty hinter mir die Treppe runter und in die Küche des Rudelhauses, wo meine neuen Freundinnen uns schon erwarteten und ihren Alpha mit einem respektvollen Nicken begrüßten, bevor sie ihm den Picknickkorb reichten, den wir eben zusammen gepackt hatten. Natürlich hatten sie sofort alles über den Biss wissen wollen, wie es gewesen war und warum sie trotzdem zu mir noch kein komplettes Band fühlten. Dieses würde erst entstehen, wenn Tyron mich bei unserem ersten Mal ein weiteres Mal biss, ab diesem Zeitpunkt würde ich nicht nur offiziell komplett zu ihm gehören, sondern auch in den Rudel-Mind-Link aufgenommen werden. Etwas, was nur dadurch möglich wurde, da ich die Luna dieses Rudels werden würde. Ansonsten konnten menschliche Mates nur mit ihrem Werwolf Gefährten diese spezielle und heilige Bindung teilen. Wenn ich ganz ehrlich war, freute ich mich schon darauf alle Stimmen in meinen Gedanken hören zu können. Es würde mir die Möglichkeit geben mich noch mehr als eine von ihnen zu identifizieren, auch wenn ich mich nie würde verwandeln können.

Tyron riss mich mit einem Kuss auf die Stirn aus meinen Gedanken und ich lächelte ihn verliebt an, denn seit dem Biss war jedes meiner Gefühle ihm gegenüber intensiver geworden. Ein Kuss auf die Stirn reichte schon aus, um mir ein feuchtes Höschen zu bereiten. Seit ich heute Morgen neben ihm aufgewacht war, hatte ich mich immer wieder daran erinnern müssen, wieso ich nicht mit ihm schlafen hatte wollen, denn ganz ehrlich, mittlerweile sah ich keinen Grund mehr es nicht zu tun. All meine Ängste und Sorgen wurden von dem Hochgefühl, welches der Biss bei mir ausgelöst hatte, verdrängt. Was blieb war einzig und allein die bedingungslose Liebe.

„Hast du einen bestimmten Ort im Kopf, ich glaube nämlich, dass es eigentlich etwas kalt für ein Picknick ist meine kleine Mate. Ich will nicht, dass du krank wirst." Auch darüber hatte ich mir im Vorfeld schon Gedanken gemacht. Die Idee mit dem Picknick, war kein Zufall, sondern von langer Hand geplant, um Ty etwas von dem ganzen Stress abzulenken. Dass ich nun auch frisch gebissen war und wir somit die Möglichkeit hatten die Nähe des anderen auszukosten war nur ein zusätzlicher Pluspunkt für uns beide.

„Lass dich überraschen", antwortete ich also geheimnisvoll und verschränkte meine Finger mit seiner freien Hand. Er hatte wirklich schöne Hände, groß, mit schlanken Fingern und ein paar Adern, die hervortraten. Bei dem Gedanken daran, wie sie sich auf meiner Haut angefühlt hatten durchströmte mich eine wohlige Hitze, die auch über das Band zu ihm rüber schwappte. Überrascht sah er mich an, doch ich zuckte nur lächelnd mit den Schultern. Mit einem listigen Grinsen auf den Lippen blieb er kurzerhand einfach stehen, wodurch auch ich anhalten musste. Bevor ich auch nur eine Silbe über die Lippen bringen konnte, zog er mich schon an sich heran und presste seine Lippen auf die meinen. Der Kuss war hart und leidenschaftlich und auch genauso schnell wieder vorbei, wie er begonnen hatte, was mir ein enttäuschtes Seufzen entlockte.

„Du kannst jederzeit mehr bekommen, du brauchst mich nur anzusehen und ich will dich küssen. Am besten den ganzen Tag lang ma Luna." Seine Stimme in meinem Kopf bereitet mir noch immer eine Gänsehaut der besten Art und Weise.

„Schluss jetzt, sonst ist es gleich dunkel und wir können nicht mehr picknicken." Bestimmt zog ich ihn zu meinem alten Jepp, der schon mit Decken und allem auf der Ladefläche beladen wurde. Erkenntnis flackerte über Tyrons Gesicht, als er begriff, dass ich das für ihn geplant hatte.

„Ich dachte wir sollten mal auf ein vernünftiges Date gehen", erklärte ich locker, doch im inneren war ich nervös. Würde es ihm überhaupt gefallen? Ich hoffte es sehr und als er mich erneut anlächelte, verflog meine Nervosität etwas. Zusammen stiegen wir in den Wagen und ich steuerte uns auf die kleine Lichtung mitten im Gebiet zu, dort waren wir nicht zu dicht an den Grenzen, würden also nicht von Patrouillen gestört werden. Angekommen stiegen wir aus und ich kletterte auf die Ladefläche breitet die Decken aus, schaltete die Lichterketten an, die in der Abendsonne für eine romantische Stimmung sorgten und nahm Ty den Korb mit den Leckereien ab.

„Eigentlich hätte ich auf so eine Idee kommen können. Ich fasse es nicht, dass ich nie darüber nachgedacht habe dich auf ein Date einzuladen." Er sah wirklich etwas unzufrieden mit sich selbst aus, doch ich lächelte ihn nur an und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, was mir nur möglich war, weil er immer noch vor der Ladefläche stand und mich dabei beobachtete hatte, wie ich alles hergerichtet hatte.

„Ich habe kein Problem damit unsere Dates zu planen, vielleicht mache ich mir das als Luna zur Aufgabe. Du hast so viel zu tun mit den Angriffen, damit ein ganzes Rudel zu leiten und du machst das wirklich wunderbar. Jemand kann auch mal was für dich tun Ty. Ich habe mich lange vor meinen Gefühlen für dich gefürchtet, habe versucht sie zu leugnen und dabei nie daran gedacht, wie es sich für dich anfühlen würde. Du hast mich direkt akzeptiert mir Zeit gelassen, mich einfach so angenommen, wie ich bin und nun bin ich dran mich um dich zu kümmern." Die Liebe, die ich für ihn fühlte, ließ ich über das Mate-Band zu ihm strömen und von ihm bekam ich genau dieselben Gefühle zu spüren.

„Ich liebe dich so sehr wie ein Wolf den Mond. Du bist mein Mond, meine Sterne und meine Liebe für dich ist so unendlich wie der Nachthimmel selbst." Die Gefühle, die mich bei seinen Worten durchströmten, waren unbeschreiblich, ich bewegten etwas tief in mir drinnen und heilten ein Stück meines Herzens, von dem ich nicht einmal wusste, dass es gebrochen war.

„Ich liebe dich so sehr, dass es mir manchmal Angst macht", hauchte ich, meine Stimme zu schwach, von dem Wirbelsturm an Emotionen der in mir wütete. Sanft griff Ty nach meiner Taille und zog mich an den Rand der Fläche, wodurch er den Kopf an meinen Bauch legen konnte und mich einfach nur fest in seine arme ziehen konnte. Eine Weile lang standen wir so da, kosteten den Moment aus und ich konnte spüren wie die Verbindung zwischen uns, uns enger zusammen webte. Als würde die Mondgöttin unsere Seelen miteinander verweben. Vielleicht stimmten all die Mythen, dass man nur die Hälfte einer Seele in sich trug und diese, wenn man den perfekten Partner traf, sich mit seiner Hälfte zu einem Ganzen zusammensetzte.

Zusammen setzten wir uns schließlich auf die Decken, Ty streckte seine Beine aus, so dass ich mich dazwischen niederlassen konnte und an seine Brust gelehnt seiner Stimme lauschen konnte. Eine Decke über uns ausgebreitet und mit dem Korb neben uns redeten wir über alles, was uns in den Sinn kam. Dabei aßen wir all die Kleinigkeiten aus dem Korb, wobei mir die Obstspieße am besten schmeckten und Ty die selbstgemachten Pizzarollen. Wir redeten stundenlang, lachten, aßen und genossen diesen Moment in vollen Zügen. Als es schließlich dunkel wurde, blieben wir trotzdem noch einen Moment sitzen. Die Lichter der Lichterkette schimmerten wie kleine Glühwürmchen und der Nachthimmel war so klar, dass Ty mir einige der Sternenbilder zeigte. Er hatte mir gestanden, dass er nicht nur den Mond bewunderte, sondern auch die Sterne um ihn herum, somit hatte er sich als Kind schon die Sternenbilder von seinen Eltern erklären lassen und hatte sich im Teenager Alter selbst dazu belesen.

„Ich habe mir immer vorgestellt wie ich mit meinen Kindern bei einem Vollmond Lauf in die Sterne blicken würde und ihnen erzählen würde, was jeder einzelne von ihnen für eine Bedeutung hat. Es ist wie ein Rudel, jeder hat eine Aufgabe und ist unentbehrlich für das System." Gerührt sah ich zu ihm auf und drückte ihm einen Kuss auf den Kiefer. Man merkte ihm an, wie gerne er Kinder haben wollte und er würde einen wirklich tollen Vater abgeben, nur war ich jetzt noch nicht bereit dafür. Er drückte mir einen Kuss auf den Kopf und zog mich noch enger an sich heran, bevor er den Kopf an meinem Hals vergrub und tief einatmete.

„Wir sollten langsam nach Hause fahren, es ist schon spät und dir ist sicherlich kalt." Ich nickte ohne großen Protest und ließ mir von ihm auf den Beifahrersitz helfen, da er darauf bestand mich nach Hause zu fahren. Die Fahrt über ließ er meine Hand nicht für einen Moment los und die Welt schien in diesem Moment perfekt zu sein. Zumindest für diesen Abend konnten wir uns dieser Illusion hingeben.

A Love stronger than DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt