C a s s a n d r a
Ich hatte noch lange wach gelegen, um mich an die neue Umgebung zu gewöhnen, weshalb ich immer noch müde war, als ich nun um 8 Uhr aufwachte. Die erste Nacht in einem neuen Bett konnte ich nie gut schlafen und hinzu kam nun auch noch das Bedürfnis zu meinem Mate ins Bett zu kriechen, um mich an seinen heißen Körper zu kuscheln. Frustriert fuhr ich mir durch die Haare und versuchte mit aller Kraft diese Gefühle einfach in den Hintergrund zu schieben. Entschlossen mich nicht von dem Band beeinflussen zu lassen, stand ich auf und suchte in meinem Koffer nach ein paar Klamotten für den Tag. Mein Bruder wollte mir das Gebiet zeigen und wir wollten einfach etwas Zeit zusammen verbringen.
Ich kam gerade fertig aus dem Badezimmer, als ich von unten das Rauschen einer Kaffeemaschine hörte. Ich schluckte schwer und machte mich dann auf den Weg die Treppe runter. Egal wie leise ich gewesen wäre, Tyron hätte mich mit seinem super Gehör, schon aus Meilen weiter Entfernung gehört. Unsicher, wie ich nun mit ihm umgehen sollte, stand ich im Flur, doch entschied mich dafür es einfach kurz und schmerzlos zu halten.
„Guten Morgen", begrüßte mich seine Stimme, als ich mit kleinen Schritten die Küche betrat. Der Alpha stand höchstpersönlich am Herd und dem Geruch nach, briet er Speck in der Pfanne an. Neugierig beobachtete ich ihn dabei und lehnte mich gegen die Arbeitsplatte, nachdem ich ihm auch einen schönen Morgen gewünscht hatte. „Möchtest du einen Kaffee oder Tee haben?" Seine Stimme klang bei der Frage so fürsorglich, dass ich gegen die Schmetterlinge, die in meinem Bauch tanzten, nicht ankam.
„Gerne. Soll ich dir auch einen Kaffee einschenken?" Während ich die Frage an ihn stellte, schaute ich ihn fragend an und deutete auf die Schränke, um zu erfahren, wo ich Tassen finden konnte. Ich wollte nicht einfach alles durchwühlen, dass hier war schließlich seine Privatsphäre und mit meiner Übernachtung hier, hatte ich seine Gastfreundlichkeit schon fast überstrapaziert. Er deutete auf einen der Schränke, die sich links von mir befanden und ich holte zwei identische blaue Tassen hervor. Zu Hause hatte ich einen bunten Mix aus allen Farben und Größen, wovon nicht einmal zwei zusammenpassten. Er hingegen legte wohl einen besonderen Wert auf Ordnung und Ästhetik. Nachdem ich uns zwei Kaffee eingeschenkt hatte, schob ich ihm seine Tasse zu, behielt aber immer eine Armlänge abstand.
„Erzähl mir etwas von dir. Ich weiß, dass du Krankenschwester bist, aber was magst du sonst noch gerne? Was unternimmst du in deiner Freizeit?" Überrascht stellte ich fest, dass er mich wohl wirklich kennenlernen wollte. Ich dachte einen Moment darüber nach, doch ich hatte meistens so viel gearbeitet, dass für andere Sachen nicht viel Zeit blieb, was ich ihm auch mitteilte.
„Das hier ist mein erster richtiger Urlaub seit ich meine Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen habe. Für viel anderes bleibt einem da nicht Zeit. Manchmal lese ich ein Buch, doch auch um da wirklich vorranzukommen habe ich meist keine Zeit und nach der Arbeit keine Lust dazu." Früher war ich immer viel im Wald gewesen und hatte meine Schießkünste verbessert, doch ich hatte meine Waffe nach dem Austritt aus dem Rudel nicht mehr gebraucht. Wahrscheinlich war ich ziemlich eingerostet und würde nicht mal mehr mein Ziel treffen. „Und was machst du noch so, außer das Rudel zu leiten?"
„Ich trainiere die Krieger zusammen mit dem Delta und den Gammas. Im Sommer organisieren wir ganz oft Footballspiele, an denen habe ich auch immer viel Spaß. Sonst arbeite ich genauso viel wie du, aber für dich würde ich mir immer Zeit nehmen." Der letzte Satz wirkte nur daher gesagt, doch ich fühlte ihn tief in meinem Herzen. Ein Alpha wollte sich Zeit für mich nehmen?
„Du hast schon bemerkt, dass ich nur eine Genträgerin bin, oder?" Ich musste diese Frage einfach stellen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass er dann noch genauso empfinden würde. Ich meine, hätte er es schon bemerkt, würde er die Sache sicherlich anders sehen, doch er überraschte mich erneut mit seiner Antwort.
„Natürlich habe ich das bemerkt und es macht mir absolut nichts aus. Du bist wunderschön und selbst wenn du nur ein gewöhnlicher Mensch gewesen wärst, hätte ich dich akzeptiert. Denkst du wirklich, es würde mir etwas ausmachen, dass du dich nicht verwandeln kannst? Hältst du dich deswegen so auf Abstand?" Er schob die Pfanne von der Herdplatte runter und kam auf mich zu. Mit großen Augen beobachtete ich ihn dabei, wie er auf mich zukam.
„Tut mir leid, ich wollte dich mit dieser Annahme nicht beleidigen. Natürlich hast du es bemerkt, als Alpha hast du schließlich einen ausgeprägten Geruchssinn und nimmst sowas schneller wahr." Ich versuchte mich aus dieser Situation heraus zu reden, da ich wieder mal das Gefühl hatte ihm gegenüber etwas Falsches gesagt zu haben. Als ich sah, wie er seine Hand hob, zuckte ich automatisch zurück, da ich dachte er würde mich schlagen. Mein Herz wusste, dass er das als mein Mate nicht tun würde, doch mein rationaler Verstand reagierte schneller und wich der Bedrohung lieber vorher aus. Der Blick mit dem er mich dabei bedachte zerriss mir das Herz. Schmerz und Entsetzen spiegelten sich in seiner Iris wieder und er zeigte mir die Gefühle so offen, alle seine Gefühle, dass ich nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte.
„Dachtest du etwa, dass ich dich gerade schlagen wollte?" Seine Stimme klang genauso gebrochen, wie es der Blick in seinen Augen ausdrückte. Ich leckte mir über die Lippen und wollte etwas sagen, doch ich bekam kein Wort heraus. Schuld und Angst tobten in mir. Ich konnte dem Schmerz in seinen Augen nicht mehr standhalten, da ich sonst zusammengebrochen wäre, wodurch ich sicherlich in seinen Armen gelandet wäre. Eine Berührung würde jedoch bedeuten, dass wir das Band weiter knüpfen und verstärken würden. Also tat ich das, was ich am besten konnte. Ich entschuldigte mich und verließ mit schnellen Schritten das Haus. Fast schon rannte ich rüber zu meinem Bruder, der mir total verschlafen die Tür öffnete.
„Ist irgendwas passiert?" Sein Ton war deutlich alarmiert und er sah sich hinter mir nach einer Bedrohung um, doch die einzige Bedrohung waren die Emotionen, die in mir tobten. Eine einzige Träne verließ meinen Augenwinkel und ich warf mich einfach in seine Arme. Seufzend zog er mich an sich, rein ins Haus und schloss die Tür. Behutsam führte er mich zum Sofa und setzte sich mit mir zusammen hin. Seitlich legte ich meine Beine über seinen Schoss und lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
„Was ist passiert Kleines? Hat er dir wehgetan?" Sanft strich er mir eine der roten Strähnen aus dem Gesicht und sah mich eindringlich aus dunkelbraunen Augen an. Ich schüttelte den Kopf und presste mich noch mehr an meinen Bruder.
„Ich denke eher, dass ich ihm wehgetan habe", hauchte ich und schloss erschöpft meine Augen. Der Ausdruck in seinen Augen hatte sich tief in mein Herz gebrannt. Ich wollte niemals jemanden verletzten, nicht der Grund für jemandes Trauer sein, doch ich wusste nicht, ob ich ihn so lieben konnte, wie er es verdient hatte und sich wünschte. Niemals würde ich vergessen können, wie grausam dieses Leben, welches er hier führte, wirklich war. Niemals würden die Wunden die andere Alphas mir zugefügt hatten verschwinden. Wie sollte ich da also fähig sein einen zu lieben? Tief in meinem Inneren wollte ich es, ich wollte ihn zum Lachen bringen, mich in seiner Nähe aufhalten und eine gute Gefährtin sein. Doch ich konnte nicht an seiner Seite stehen und zusehen, wie er sich in Gefahr begab, während ich nur Zuschauer war. Denn die Wahrheit war, dass ich daran zerbrechen würde, noch jemanden zu verlieren den ich liebe und ich würde mich schnell in ihn verlieben, dessen war ich mir so sicher, wie den Narben auf meiner Haut.
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A Love stronger than Death
Hombres LoboCassandra Downfield ist eine Genträgerin. Sie kann sich nicht verwandeln, trägt das Gen jedoch in sich und wächst in einem Rudel auf. Ihr Leben scheint genauso normal, wie das jedes anderen, doch dann verändert ein Angriff auf ihr Rudel ihr Leben gr...