Kapitel 31

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C a s s a n d r a

„Ich kann verstehen, dass du mit dem Sex noch eine Weile warten willst, aber 3 Jahre? Ich meine ich werde dich zu nichts zwingen, aber mein Wolf wird mich irgendwann verrückt machen, wenn er dir nicht so nah kommen darf, wie er es braucht. Dann müsste ich mich für diese Zeit von dir fern halten und das würde uns beiden schaden", begann Tyron mit seiner Belehrung des Sexualtriebes, doch ich biss mir nur auf die Unterlippe. Seufzend hielt ich die Serie an und stand auf, um mich vor ihm hinzustellen.

„Ich nehme die Pille. Das ist dir sicher schon aufgefallen, also wird es bei uns nicht so sein, dass der erste Sex auch zwingend zu einer Schwangerschaft führt, wie es bei euch sonst üblich ist." Ich konnte förmlich sehen, wie seine Gedanken bei meinen Worten Saltos schlugen und er mich mit jedem Wort ungläubiger ansah. Seine Augen nahmen einen dunklen Ton an und mit einem Mal sprang Ty auch auf die Füße und stellte sich mit einem Knurren mir gegenüber.

„Du kannst nicht einfach so die Natur übergehen! Verdammt! Cassandra, du kennst die Gebräuche und wir sind das Alphapaar, da ist es umso wichtiger, dass wir einen Nachfolger hervorbringen!" Aus ihm sprach klar und deutlich seine wölfische Seite, was ich teilweise auch nachvollziehen konnte. Natürlich war es üblich, das die Luna in der Nacht der vollendeten Markierung schwanger wurde und somit den Nachfolger zur Welt bringen würde, aber ich wollte wirklich noch keine Kinder. Meine Meinung änderte aber nichts an der Tatsache, dass Tyron in seinem Stolz und auch als Wolf verletzt von meinen Worten war.

„Bei Luna, ich sag doch nicht, dass ich niemals Kinder will, Tyron! Nur eben noch nicht jetzt und das wirst du akzeptieren müssen, denn es geht hier nicht nur darum, was du willst und was nicht! Mich interessiert es nicht was andere von dir denken, wenn ich nicht beim ersten Mal schwanger werde. Darum geht es doch, oder? Vor deinem Rudel und vor anderen als schwach dazustehen, da du es nicht schaffst mir ein Kind zu machen!" Mit einem lauten Knurren wandte er sich von mir ab und lief im Wohnzimmer auf und ab. Mit einem animalischen Grollen schlug er gegen die Wand, wobei die Regale wackelten und eine Vase mit frischen Blumen gefährlich schwankte. Genau in dem Moment, in dem etwas von dem Wasser überschwappte, schlug Tyron noch einmal gegen die Wand und beförderte die Vase mit einem scheppern auf den Boden, wo sie in tausende Einzelteile zerbrach.

Tyron schien so mit sich zu kämpfen, dass er das nicht wahr zu nehmen schien, denn er räumte mit einer schnellen Handbewegung auch noch den Rest der Deko von dem Regalbrett, bevor er dieses aus der Wand riss und mit bloßen Händen in zwei Teile zerbrach.

„Verdammt Tyron, du musst dich beruhigen!" Mit schnellen Schritten durchquerte ich den Raum und schob meine Angst zur Seite, denn ihn so zu sehen, weckte Erinnerungen die ich niemals mit ihm in Verbindung bringen wollte. Bei ihm angekommen legte ich meine Hände an seinen Rücken, doch er zuckte zurück und drehte sich mit schwarzen Augen zu mir um.

„Ich kann mich gerade nicht beruhigen Cassandra! Du hast mir gerade eröffnet, dass du mich nicht als den Vater für deine Kinder willst. Anscheinend bin ich zu schwach, um dich zu schwängern oder nicht?" Er schien völlig in seiner Wut und Verzweiflung verloren zu sein, denn es war mehr als offensichtlich, dass er mir nicht zuhörte oder die Bedeutung meiner Worte verstand. Tief atmete ich durch und schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals bei seinen Worten gebildet hatte herunter.

„Hör mir doch zu! Ich will Kinder mit dir, aber nicht sofort. Meine Güte, wir werden für immer zusammen sein, da ist es nicht wichtig, ob ich in drei Monaten oder drei Jahren schwanger werde." Vorsichtig machte ich einen Schritt auf ihn zu, um meine Hände an seine Brust zu legen, als ich in eine der Scherben der Vase trat und schmerzerfüllt auf keuchte. Sofort war Tyron an meiner Seite und hielt mich an der Hüfte fest, um mich zu stabilisieren, da ich sofort das Gewicht auf den heilen Fuß verlagerte.

„Scheiße, tut mit leid! Ich wollte dir nicht wehtun, fuck!" Fluchend beförderte Tyron mich in seine Arme, seine Augen hatten wieder ihre normale grün braune Farbe angenommen und trug mich ins Schlafzimmer, wo er mich auf unserem Bett absetzte und schnell ins Badezimmer verschwand. Mit einem silbernen Koffer kam er zurück in den Raum und stellte diesen am Fußende ab, bevor er mich weiter aufs Bett schob und sich vor mir hinkniete.

„Vielleicht sollte ich Kuno rufen, der kennt sich besser mit Verletzungen aus, als ich und ich will es nicht noch schlimmer machen." Bedrückt sah er auf meinen weißen Socken, der sich an der Stelle schon rot verfärbt hatte, bevor er den Blick abwandte, und Anstalten machte sich wieder zu erheben, doch ich hielt ihn auf.

„Nicht, wir kriegen das zusammen hin." Jedem von uns war klar, dass ich damit nicht nur die Verletzung unter meinem Fuß, sondern auch unseren Streit meinte. Mit gesenktem Kopf und verkniffener Miene setzte er sich wieder und sah mich mit gequellten Welpen Augen an, bei denen mir das Herz schmerzte. Er wollte schon zu einer neuen Entschuldigung ansetzen, als ich den Kopf schüttelte und ihn anwies den Koffer zu öffnen. Während ich ihn anwies, wie er die Scherbe, die nicht allzu tief in meiner Fußsohle steckte, rauszuziehen und die Wunde dann zu verarzten. Es würde ein paar Tage dauern, bis die Stelle wieder verheilt war und bis dahin würde das Gehen etwas unangenehm werden, doch das rechtfertigte noch lange nicht den schuldigen Ausdruck in Tys Augen. Zum Schluss verschloss er den Koffer wieder und lief zu unserer Kommode, die vor einer Woche in unser Schlafzimmer eingezogen war, und holte mir ein paar meiner Kuschelsocken, die er mir über die Füße zog. Ich wehrte mich nicht dagegen, da ich wusste das er sich für die Verletzung verantwortlich fühlte und es wieder gut machen wollte, obwohl ihn in meinen Augen nicht die geringste Schuld traf.

„Komm zu mir", flüsterte ich, als er sich wieder aus dem Schlafzimmer zurück ziehen wollte und rutschte bis ans Kopfende. Widerwillen zeichnete sich in seiner gesamten Haltung wieder, doch letztendlich folgte er meiner Bitte und setzte sich vorsichtig neben mich auf Bettkante, sein Rücken in meine Richtung. Seinen Kopf hielt er gesenkt, doch ich konnte auch so sehen, dass er immer noch mit sich rang. Vorsichtig rutschte ich an ihn heran und schlang meine Arme um seinen Hals und lehnte mich soweit vor, dass ich ihm einen Kuss auf die Wange geben konnte.

„Es ist alles okay Ty. Ich bin nicht sauer auf dich oder gebe dir die Schuld für dass, was passiert ist, okay?" Er hielt weiterhin seinen Blick auf die Wand gerichtete und sagte kein Wort.

„Sieh mich an", befahl ich und zog mich von ihm zurück. Für das, was ich ihm jetzt sagen würde, wollte ich ihm in die Augen sehen. Langsam drehte er sich zu mir um und hob den Blick, der so reuevoll und schuldig auf meinen traf, dass es mir das Herz zerbrach. Ich hielt seinen Blick fest, als ich mich auf seinen Schoß setzte, die Arme erneut um seinen Hals schlang und die Worte aussprach, die sich in den letzten Worten immer präsenter in den Vordergrund gedrängt hatten.

„Ich liebe dich Tyron. Ich liebe dich und das ist alles was zählt. Nicht die Meinung anderer, eure Bräuche oder wann wir ein Baby kriegen. Das alles ist mir egal, solange wir das hier zusammen angehen." Seine Augen begannen zu funkeln, was die einzige Vorwarnung für die darauf folgenden Tränen waren, die seine Wangen herab liefen. Sanft legte er seine Hände an meine Wangen und verband seine Lippen mit meinen zu dem salzigsten Kuss meines Lebens, was ihn jedoch nicht weniger schön machte.

„Ich liebe dich auch Cassandra, aus tiefstem Herzen. Mein Wolf ist eben mit mir durchgegangen und ich... es tut mir unendlich leid, dass ich dir Angst gemacht haben. Und das brauchst du jetzt nicht versuchen abzustreiten. Für einen kurzen Moment habe ich es gesehen und auch gespürt. Es tut mir unendlich leid." Als er seine Nase in meine Halsbeuge senkte, trafen seine Tränen auf meine Haut und ich vergrub meine Finger in seinen Locken.

Einige Zeit saßen wir noch so ineinander verschlungen auf unserem Bett und ich hielt ihn im Arm, während die Tränen langsam versiegten. In diesem Moment konnte ich das Band zwischen uns ebenfalls spüren und es war stärker als jemals zuvor. Noch nie in meinem Leben hatte ich einen Alpha weinen sehen. Sie wurden immer als stark, autoritär und furchtlos beschrieben, doch mein Alpha war anders. Er hatte ein Herz so groß wie die Weite der Wälder und deswegen liebte ich ihn so sehr.

Irgendwann legten wir uns zusammen unter die Decke, doch nicht eine Sekunde lösten wir uns voneinander. Mit seinem Herzschlag im Ohr und von seiner beruhigende Wärme umgeben glitt ich in den Schlaf und war mir sicher, dass ich ihn morgen nur noch mehr lieben würde. Mit jedem Tag der von nun an verging, würde ich ihn mehr lieben.

A Love stronger than DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt